Lothar Fritze: Kulturkampf. Moralischer Universalismus statt Selbstbehauptung? Jungeuropa-Verlag, 224 S., geb., 22€.

Rechte Stichwortgeber

Warum man das neue Buch von Lothar Fritze nicht lesen muss: Schwafelei vom »Kulturkampf«

»Wer wissen will, wie der Sieg von Antifa, Big Tech und Establishment gestoppt werden kann, muss Fritze lesen. Kurz: Wer die linke Diktatur noch verhindern will, muss sich bilden. Mit Fritzes ›Kulturkämpfe‹ hat man endlich das passende Werk zur Hand.« So überschwänglich wurde auf der ultrarechten Onlineplattform »PI-News« ein Buch beworben, das in neurechter Diktion raunt, eine …

… linke Elite führe einen Kulturkampf und schwinge hierfür kräftig die Antifa-Keule.

»Die politisch-mediale Elite des Landes glaubt, Deutschland befände sich auf der schiefen Bahn, hin zu einer neuerlichen faschistischen Machtergreifung durch rechte Populisten. Aber sie irrt. Sie selbst ist es, die durch die Art und Weise, wie sie als kultureller Hegemon den politischen Kampf führt, dem Land massiven Schaden zufügt und nahezu unbemerkt totalitäre Zustände etabliert«, lautet die zentrale These von Lothar Fritze. Er ist der Autor eines unerquicklichen, unsäglichen Buches, das im Untertitel die rhetorische Frage »Moralischer Universalismus statt Selbstbehauptung?« aufstellt. Dahinter steckt die Ideologie des Ethnopluralismus, der in Kreisen der Neuen Rechten den traditionellen Rassismus abgelöst hat. Demnach werden Ethnien mit einer bestimmten Kultur und deren Gesetzen in Verbindung gebracht, universalistische Vorstellungen von Menschenrechten hingegen abgelehnt. 

Fritzes Buch ist im ultrarechten Jungeuropa-Verlag erschienen, der von Philip Stein geleitet wird. Vertrieben wird es auch über den Bücherversand Antaois von Götz Kubitschek, der seit vielen Jahren ein Stichwortgeber auch für den rechten Flügel der AfD ist. Fritze hatte als langjähriger Mitarbeiter des Hannah-Arendt-Institut der Technischen Universität Dresden im Jahr 2000 mit einen Gastbeitrag in der linksliberalen »Frankfurter Rundschau« bundesweit für Aufsehen gesorgt. Darin hatte sich Fritze dagegen ausgesprochen, dass der Hitler-Attentäter Georg Elser als antifaschistischer Widerstandskämpfer gewürdigt wird. Elser hatte am 8. November 1938 im Bürgerbräukeller in München ein Attentat auf die NS-Führung geplant, um den damals bevorstehenden Krieg noch abzuwenden und den Terror der Nazis zu beenden. Da Hitler die Veranstaltung früher als geplant verließ, blieb der Diktator unverletzt. Acht Personen, teils aus der Naziführung, wurden getötet. In der Bundesrepublik war Elser jahrzehntelang verfemt. Erst in den 1990er Jahren erwachte das Interesse an seiner Biografie und an den Motiven für seinen Anschlagsversuch. Dagegen intervenierte Fritze mit seinem Aufsatz, in dem er Elser vorwarf, den Tod von Unbeteiligten in Kauf genommen zu haben. Dessen Attentatsversuch sei nicht das »Resultat einer kenntnisreichen, sachorientierten und nüchternen politisch-moralischen Kalkulation« gewesen, moniert Fritze. Elser habe »seine politische Beurteilungskompetenz überschritten«, als er zur Überzeugung kam, Hitlers Regime führe unvermeidlich zum Krieg.

Fritzes Thesen wurden seinerzeit vehement von linken und liberalen Historiker*innen zurückgewiesen. Applaus hingegen bekam er schon damals aus rechen Kreisen, wie der Wochenzeitung »Junge Freiheit«. Seitdem bewegt er sich immer mehr und immer strammer, stetig dreister und aggressiver auf rechten Pfaden. Und ist daher natürlich auch gern gesehener Gastredner am extrem rechten Institut für Staatspolitik in Schnellroda, das von Kubitschek mitbegründet wurde. 

Sein neues Buch sei niemandem zur Lektüre empfohlen, abgesehen Extremismusforschern und den Leuten vom Verfassungsschutz, die dies von Berufs wegen tun müssen. Für jeden anderen wäre es reine Zeitverschwendung und macht zudem blöd.  Peter Nowask