In Berlin und anderen Städten zieht das Bündnis „Wer hat, der gibt“ Tausende auf die Straßen. Gefordert wird eine Umverteilung des Reichtums.

Ungleichheit ist kein Naturereignis

Es sei das Ziel der Demonstration gewesen, unterschiedliche Betroffene, die sich gegen kapitalistische Zumutungen wehren, zusammenzubringen, erklärte Bündnissprecher Martin Richter gegenüber der taz. Man habe zum Ausdruck bringen wollen, dass in Zeiten von Corona „Abstand vom Profitdenken“ genommen werden muss.

„Anticapitalista“, schallte es am Samstagabend durch die Straßen von Charlottenburg, wo die Parole bei so manchen PassantInnen für Erstaunen sorgten. Die Demonstration unter dem Motto „Wer hat, der gibt“ zog mit etwa 1.000 TeilnehmerInnen vom Adenauerplatz über den funkelnden Kurfürstendamm und seine Nebenstraßen und endete gegen 21 Uhr am Wittenbergplatz. In der mit großer Verve vorgetragenen Eröffnungsrede prangerte der Theaterregisseur Volker Lösch die ….

…. ungleiche Reichtumsverteilung in Deutschland an: „Ungleichheit ist kein Naturereignis, Ungleichheit ist nicht abstrakt. Sie ist ideologisch und politisch gemacht. Es kommt in der Geschichte ganz entscheidend auf Ideen und Ideologien an, und die sind veränderbar.“ Unter dem Jubel der DemonstrantInnen fügte Lösch hinzu: „Der Kampf für eine gerechte Gesellschaft ist noch lange nicht verloren.“

er bunte Zug machte deutlich, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen davon gab, ohne dass sich die TeilnehmerInnen zerstreiten müssen. Neben Forderungen etwa nach der Wiedereinführung einer Vermögenssteuer wurden immer wieder auch Enteignungsforderungen laut.

Im Block der MieterInnen und im großen anarchistischen Block richtete sich die Wut etwa gegen das Büro der Briefkastenfirma Pears Global, die für die Räumung der Neuköllner Kiezkneipe Syndikat verantwortlich ist, ebenso gegen die Immobilienfirma Padovicz, die demnächst das Hausprojekt Liebig 34 räumen lassen will.

Leere im Millionärsblock

Viele DemonstrantInnen unterstrichen ihre Forderungen nach einer gerechten Verteilung der Corona-Krisenkosten mit humoristischen Einlagen. Es gab Opern-Arien über Umverteilung des Quartiersmanagement Grunewald; Kurt Jotter, der schon in den 1980er Jahren das Büro für Ungewöhnliche Maßnahmen gegründet hatte, präsentierte eine „Hai-Society“, die standesgemäß Sekt ausschenkte. Für Millionäre, die sich freiwillig am Umverteilen ihres Vermögens beteiligen wollten, wurde ein eigener Block mit eigenem Transparent vorbereitet. Er blieb aber leer.

Während des Umzugs hielten zahlreiche Initiativen Redebeiträge. Dazu gehörten MitarbeiterInnen des verdrängungsgefährdeten Geburtshauses Maja am Arminplatz und Beschäftigte des von der Schließung bedrohten Kinos Colosseum im Prenzlauer Berg.

s sei das Ziel der Demonstration gewesen, unterschiedliche Betroffene, die sich gegen kapitalistische Zumutungen wehren, zusammenzubringen, erklärte Bündnissprecher Martin Richter gegenüber der taz. Man habe zum Ausdruck bringen wollen, dass in Zeiten von Corona „Abstand vom Profitdenken“ genommen werden muss.

Im Rahmen des Aktionstages gab es auch in Hamburg, Hannover, Flensburg und Kaiserslautern Aktionen für eine solidarische Umverteilung von Reichtum. Die größte Demo mit mehr als 2.000 TeilnehmerInnen zog dabei durch das Hamburger Villenviertel Rotherbaum.

In einer Mitteilung verweis das neu gegründete Bündnis darauf, dass das „Diktat der schwarzen Null“ schon bald zurückkommen werde und dann „der Sozialstaat wieder einmal geschröpft“ werden wird: Für „Wer hat, der gibt“ soll es also weitergehen: „Die Gesellschaft wird noch lange mit den Folgen der Coronakrise beschäftigt sein – wir stellen uns auf einen langen Kampf ein.“

In Berlin werden die Themen Reichtumskonzentration und Umverteilung schon in der kommenden Woche weiter diskutiert: Angekündigt ist ein Ratschlag zu „Solidarischen Netzwerken in den Städten“ am Donnerstag und Freitag im Jugendhaus Chip. Am Wochenende will das Blackrock-Tribunal die weltweit agierende Kapitalgesellschaft unter die Lupe nehmen. Peter Nowak