Eine Fotoausstellung in der Regenbogenfabrik zeichnet die Geschichte der Hausbesetzer-Bewegung in Berlin nach

Häuserkampf ums Recht auf Wohnen

Binnen weniger Monate wurden im Westberlin der 1980er Jahre 160 Häuser besetzt. Viele wurden geräumt, manche Besetzung wurde legalisiert. Eine Ausstellung schlägt eine Brücke vom Gestern ins Heute.

»Des Spekulanten Brot ist Wohnungsnot«, steht auf dem Fronttransparent einer Demonstration durch den Berliner Stadtteil Grunewald im Jahr 1981. Dieser Protest am Wohnort der Reichen sorgte damals in Westberlin für viel Furore. Konservative Kritiker*innen sprachen von einer Stigmatisierung von Leistungsträger*innen. Fast drei Jahrzehnte später gibt es…

…ähnliche Reaktionen aus der Politik, nachdem am 1. Mai 2018 und 2019 Linke die Tradition des Protestspaziergangs durch Grunewald wieder aufgenommen haben.

In der Fotoausstellung »Die Häuser denen, die drin wohnen«, die zurzeit im Café der Regenbogenfabrik in Berlin-Kreuzberg zu sehen ist, finden sich Aufnahmen von der Demonstration 1981, ebenso wie von bunten Umzügen der neueren Zeit. Schließlich ist es der Anspruch des Umbruch-Bildarchivs, das die Ausstellung kuratiert, die Geschichte der Kämpfe um Wohnraum aufzuzeigen.

»Das Bildarchiv wurde 1988 von Fotograf*innen gegründet, die sich gegen die Unterbelichtung der linken Bewegung wehrten«, erzählt Hermann Bach, der heute das Archiv betreut. Es ist ein wahrer Fundus linker Geschichte, wie auch die Ausstellung deutlich macht. Ein Teil der gezeigten Fotos stammt von dem in den 1980er Jahren sehr bekannten Fotografen Michael Kipp. Auch sein bekanntes Foto, auf dem ein junger Mann mit Sturmhaube einem Politiker in Anzug gegenübersteht, ist dort zu sehen. Kipp starb 2009 verarmt. Unter seinem Bett fanden sich viele seiner Fotos und Abzüge. Es war ein Glücksfall, dass Umbruch sie aufbewahren und jetzt der Nachwelt zugänglich machen konnte.

Auch andere der zwölf weiteren Fotograf*innen, die in der Ausstellung zu sehen sind, waren lange unbekannt. Von Wolfgang Sünderhauf, der in Wedding in der Nähe der Berliner Mauer lebte, sind zahlreiche Fotos von Hausbesetzungen in den ersten Wochen nach dem Mauerfall in Ostberlin zu sehen. Martialische Polizeieinsätze gegen Besetzer*innen hatte in den 1980er Jahren in Westberlin vor allem der rechte CDU-Innensenator Heinrich Lummer zu verantworten. Bei einer der von ihm angeordneten Räumungen starb Klaus-Jürgen Rattay durch ein Polizeiauto in Schöneberg. Auch daran wird in der Ausstellung erinnert.

Dazu gibt es viele Beispiele des kreativen Widerstands der im Westberlin der 80er Jahren zahlreich vertretenen Besetzer*innen und ihrer Unterstützer*innen. »Instandbesetzen statt Kaputtbesitzen«, lautete etwa das Motto eines Plakats der Alternativen Liste (AL) in Westberlin. Dafür wurden sie von CDU und FDP seinerzeit genauso heftig angegriffen, wie heute Politiker*innen von LINKE und Grünen, wenn sie Hausbesetzungen als legitimes Mittel gegen Wohnungsnot verteidigen.

Die Ausstellung macht deutlich: Die Geschichte der Besetzungen ist in Berlin noch längst nicht zu Ende. Einige Fotos zeigen die besetzte Wohnung in der Kreuzberger Großbeerenstraße 17a und eine Räumung der Polizei in der Wrangelstraße vor wenigen Wochen. »#besetzen – wie werden wir mehr und warum macht ihr nicht mit?« lautet dann auch das Motto einer Diskussionsveranstaltung am Montag, den 27. Mai, um 19 Uhr am Ausstellungsort.

Die Ausstellung »Die Häuser denen, die drin wohnen!« ist noch bis zum 6. Juni täglich von 13 bis 18 Uhr im Café der Regenbogenfabrik in Berlin-Kreuzberg, Lausitzer Straße 22 zu sehen.

Peter Nowak