Prekär populär

Die Freie Arbeiter Union (FAU) feiert zehnten Geburtstag – und einige Erfolge. Die Mitgliederzahl steigt

Ausgerechnet am Freitag, den13., war es im Lokal der Freien Arbeiter Union (FAU) im Wedding so voll, dass nicht alle Gäste Platz fanden. Es gab Grund zum Feiern. Schließlich hat die FAU vor zehn Jahren einen erfolgreichen Neustart begangen, verbunden mit einer inhaltlichen Neuausrichtung. Zwar gab es zuvor bereits eine Organisation, die sich FAU nannte, aber vor allem das historische Erbe der FAUD in der Weimarer Republik pflegte. „Das ging nicht ohne Streit ab, was am Ende dazu führte, dass sich die FAU-Berlin regelrecht zerlegte“, erklärte ein langjähriger Gewerkschaftsaktivist der taz. Der kleinen Gruppe, die vor zehn Jahren die Neuausrichtung in die Wege leitete, war klar, dass die FAU eine Basisgewerkschaft werden sollte. Dass sie damit Erfolg hatte, zeigte sich bei der Jubiläums- feier. Einige der TeilnehmerInnen hatten Transparente mit der Parole „Deliveroo – Shame on You“ mitgebracht. Sie hatten sich wenige Stunden zuvor an ei- ner Protestaktion vor der Berliner Filiale des Kurierdienstes beteiligt, der von der Deliverunion vorbereitet worden war. Damit ist es der FAU nicht zum ersten Mal gelungen, Beschäftigte zu organisieren, die wegen ihrer besonders prekären Arbeitsbedingungen als schwer organisierbar gelten. Das war bereits bei dem Arbeitskampf im Kino Babylon Mitte der Fall, der 2009 begonnen hatte und mehrere Jahre für Schlagzeilen sorgte. „Damals wunderten sich die Medien noch, wieso eine anarchis- tische Gruppe auf einmal den Arbeitskampf entdeckt hat“, erinnert sich der FAU-Veteran.
Das ist heute nicht mehr der Fall. Die Basisgewerkschaft FAU kommt regelmäßig in den Ber- liner Medien vor. Sie scheut sich auch nicht, Arbeitskonflikte in linken Szeneeinrichtungen wie dem S036 zu führen, wenn sich
dort MitarbeiterInnen für bes- sere Arbeitsbedingungen ein setzen wollen. Solche Basisaktivitäten sind die Grundbedingung für alle FAU-Aktionen. Schließlich orientiert sie sich an den Grundsätzen des Syndikalismus, der eine zentralistische Gewerkschaftsorganisation ablehnt. Das mache die FAU bei vielen prekären Beschäftigten populär, beant- wortet die Berliner FAU-Pressesekretärin Georgia Palmer die Frage, warum sich KurierfahrerInnen nicht in einer DGB-Gewerkschaft organisieren. Mittlerweile hat die FAU Berlin über 500 Mitglieder – mit steigender Tendenz.

aus Taz vom 17.4.2018

Peter Nowak