Kämpferische Basis

Neue Broschüre zu »Direct Unionism« erschienen

Die Gewerkschaftslandschaft ist auch in Deutschland im Umbruch. Immer häufiger mischen neben den DGB- und Berufsgewerkschaften auch Basisgewerkschaften mit. Die anarchosyndikalistische Freie ArbeiterInnen Union (FAU) hat in den letzten Jahren mehrere Arbeitskämpfe geführt. In einigen deutschen Städten haben sich Ortsgruppen der Industrial Workers oft the World (IWW) gegründet. Jetzt hat die IWW unter dem Titel »Direct Unionism« eine 58-seitige Broschüre vorgelegt, in der sie ihre Grundsätze vorstellt.

Die IWW war unter den Namen »Wobblies« vor knapp 100 Jahren eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung in den USA, die bekämpft und in die Defensive gedrängt aber nie ganz zerschlagen wurde. In den letzten Jahren haben sich in den USA, Großbritannien und Spanien wieder Gewerkschafter auf die Organisationsgrundsätze der IWW berufen. In der Broschüre wird an diese Erfahrungen angeknüpft und versucht eine »Strategie für Basisgewerkschaften auf der Höhe der Zeit« zur Diskussion zu stellen, wie es im Untertitel heißt.

Die Grundsätze des Direct Unionism werden auf den ersten Seiten formuliert: Sie schlagen vor, »dass Mitglieder der IWW daran arbeiten sollen, Netzwerke von Aktivisten in den Industrien aufzubauen, in denen sie arbeiten, statt auf Tarifverträge, Gewerkschaftswahlen und rechtliche Auseinandersetzungen zu zielen«. Die Ablehnung von Gewerkschaftsbürokratien und einer Verrechtlichung von Arbeitskonflikten sind zentral im IWW-Konzept.

In der Broschüre werden exemplarische Arbeitskämpfe, die nach diesen Grundsätzen geführt wurden, vorgestellt. Dabei werden aber auch die Probleme und Niederlagen nicht verschwiegen, die mit einer Gewerkschaftsarbeit, die sich ganz auf die eigenen Kräfte verlassen will, verbunden ist. So widmet sich ein Kapitel der Frage, wie eine der Basisdemokratie verpflichtete Gewerkschaft reagieren soll, wenn die Mehrheit der streikenden Kollegen einen Tarifvertrag einfordert. Hier, wie auch an vielen anderen Punkten, beispielsweise der Wahl von Betriebsräten, empfehlen die Autoren einen pragmatischen Umgang.

Ein großer Pluspunkt der Broschüre ist ein nachdenklicher Ton, der auch eigene Irrtümer mit einkalkuliert und nicht mit den Anspruch antritt, das Rezept für eine unbedingt erfolgreiche Gewerkschaftsarbeit in der Tasche zu haben. Es handelt sich eher um das Angebot, über ein in Deutschland noch wenig bekanntes Gewerkschaftskonzept zu diskutieren. Es sollte auch von den Kollegen angenommen werden, die ihm kritisch gegenüberstehen.

Die Broschüre kann unter dasND.de/Basis bei sricbd.com nach Anmeldung kostenlos heruntergeladen werden. Die gedruckte Ausgabe kann unter versand@wobblies.de gegen Spende bestellt werden.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/990996.kaempferische-basis.html

Peter Nowak