Der Blockupy-Aktionstag in Frankfurt/Main ging ohne weitere Zwischenfälle zu Ende. Ob es einmaliges Event oder der Beginn einer größeren europäischen Protestvernetzung war, ist noch offen
Gegen 22 Uhr war der Blockupy-Aktionstag [1] in Frankfurt vorbei. Der Sonderzug machte sich im Frankfurt Hauptbahnhof abfahrbereit und auch die Busse mit den Demonstranten, die aus unterschiedlichen europäischen Ländern kamen, machten sich startbereit. Viele der Aktivisten hatten noch eine lange Heimfahrt vor sich. Zuvor hatten sich mehr als 17.000 Menschen an einer Großdemonstration gegen die Austeritätspolitik der Europäischen Organisationen und vor allem der Bundesregierung beteiligt.
Die symbolische Eröffnung der Europäischen Zentralbank [2] in Frankfurt/Main war der willkommene Anlass, einmal in Deutschland, dem Land, das die Austeritätspolitik in Europa weitgehend verantwortet, den Protest auszudrücken. So war der 18. März 2015 in dieser Hinsicht zumindest eine Premiere. Es war der Tag, an dem der Protest in das Land getragen wurde, das den meisten Einfluss im EU-Raum zumindest auf wirtschaftlichem Gebiet hat.
Schon bei den vorigen Blockupy-Aktionstagen war die Beteiligung von Kritikern der Austeritätspolitik aus verschiedenen europäischen Ländern zu bemerken. Doch am Mittwoch wurde der transnationale europäische Widerstand tatsächlich für einen Tag Realität. Auch viele Menschen, die in der Hoffnung auf ein besseres Leben aus der europäischen Peripherie wegen der Krisenfolgen nach Deutschland gekommen sind und hier erfahren mussten, dass sie mit besonders schlechten Löhne und Arbeitszeiten konfrontiert sind, haben sich an den Protesten beteiligt. Es wird sich zeigen, ob es wieder einmal nur ein lange und mit Energie vorbereitetes Politevent war, auf den dann die lange Ruhepause der Aktivisten folgt. Dann würde die Energie des gestrigen Aktionstages schnell wieder verpuffen.
Oder es bilden sich tatsächlich dauerhafte Netzwerke zwischen den Menschen aus den unterschiedlichen Ländern, die auch für den Alltagswiderstand taugen. Denn die ständigen Kämpfe in der Arbeitswelt, im Stadtteil gegen Verschlechterung der Lebens- und Arbeitssituation sind die berühmten Mühen der Ebene, ohne die ein solches großes Protestereignis nur für die Betroffenen eine Erinnerung ist. Die meisten Beteiligten waren unmittelbar nach Abschluss des Aktionstages sehr zufrieden. In der Frankfurter Innenstadt feierten am Abend noch Aktivisten, die länger in der Stadt bleiben und in den nächsten Tagen noch an Veranstaltungen und Treffen teilnehmen, auf denen die weiteren Proteste besprochen werden sollen.
Keine Militanz auf der Großdemonstration
Die meisten Demonstranten waren auch über das friedliche Ende des Aktionstages zufrieden. Auch das zeugte von einer politischen Reife der Aktivisten. Wäre die Großdemonstration, die von zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen lange vorbereitet wurde, und auf der sowohl ältere Gewerkschafter als auch Menschen mit Kindern teilnahmen, vom militanten Protestspektrum instrumentalisiert wurden, wäre der Unmut innerhalb des heterogenen Bündnisses sicher groß gewesen.
So aber behinderten sich die unterschiedlichen Aktionsformen und Protestkulturen auf europäischer Ebene nicht gegenseitig. Die militanteren Aktionen fanden am frühen Morgen statt und schon am Nachmittag beruhigte sich die Situation. Dass es auf der Großdemonstration ruhig blieb, widerspricht dem in vielen Medien und auch von der Polizei gezeichnetem Bild von den Politchaoten und Randalierern. Vielmehr scheinen hier Akteure am Werk gewesen zu sein, die gezielt bestimmte eskalierende Aktionsformen als Mittel einsetzen.
Das Konzept ist weitgehend aufgegangen. Auch im Deutschlandfunk wurde von mehreren Kommentatoren und Interviewpartnern daran erinnert, dass die Proteste auch eine Folge der Krise in Europa und der Positionierung der Bundesregierung darin ist. Wenn sich nun im Nachklang der Bundestag mit den Protesten befassen will, wird es vor allem der Bundesregierung darum gehen, die Linke, die die Blockpy-Proteste mit vorbereitet hat, als Unterstützer Militanter hinzustellen.
Es wird sich zeigen, wie deren Parlamentarier darauf reagieren und ob sie in die Falle tappt, sich von Aktionen zu distanzieren, mit denen sie als Personen, aber auch das Blockupy-Netzwerk nichts zu tun hatten. Schließlich hatten neben Blockupy auch anarchistische und antiautoritäre Gruppen [3] aus ganz Europa eigenständig zu Protesten in Frankfurt/Main aufgerufen und sich dabei weder auf Blockupy bezogen noch sich davon distanziert.
Ob der Protesttag die Alltagskämpfe stärkt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Ob sich vielleicht wieder eine größere transnationale Widerstandskultur etabliert, wie es vor 15 Jahren mit den globalisierungskritischen Protesten geschehen war, könnte sich Anfang Juni zeigen. Dann will der G7-Gipfel im bayerischen Elmau tagen [4] und ein bisher noch bescheidenes Bündnis [5] bemüht sich um die Protestorganisierung. Es hofft, dass der Protesttag in Frankfurt/Main ihnen Rückenwind gibt.
Peter Nowak
Links:
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