Die Zärtlichkeit der Völker hat kein Ende

Zeitreise durch 20 Jahre Aktivitäten der Kuba-Solidarität

Seit 20 Jahren macht sich das Netzwerks Cuba – Informationsbüro e. V. um die Koordination von Solidaritätsgruppen verdient, die sich Kuba widmen. Eine Festschrift verschafft einen Überblick.

»Eines dieser Länder, zu dem wir sehr gute Beziehungen hatten, ist sprichwörtlich schon verschwunden: die DDR. Am 3. Oktober, d.h. in fünf oder sechs Tagen, wird sie Teil des vereinigten Deutschland. In anderen Ländern ist man dabei, beschleunigt und verhüllt den Kapitalismus aufzubauen, so dass unser Land von einem Tag zum anderen die Stützpfeiler verlor, die die Wirtschaftsabkommen mit vielen dieser Länder des sozialistischen Lagers für uns bedeuten.« Mit dieser schonungslosen Beschreibung der weltpolitischen Situation, die Fidel Castro am 28. September 1990 in einer Rede in Havanna leistete, beginnt das im Verlag Papy Rossa erschienene Buch »Solidarität. Die Zärtlichkeit der Völker. 20 Jahre Netzwerk Cuba – Informationsbüro«. Herausgegeben wurde es von Heinz Hammer und Frank Schwitalla.

An 20 Aufsätzen wird die Geschichte der jüngeren Kuba-Solidarität dargelegt. Das erste Kapitel reicht von 1992 bis 1999, als die kubanische Revolution ums Überleben kämpfte. Wie in aller Welt fanden sich auch in Deutschland Menschen unterschiedlicher politischer Herkunft zusammen, um Solidarität zu üben. Es wird an den Internationalen Cuba-Kongress im Mai 1992 in Bonn erinnert, an die Gründung der »Granma International«, die große Solidaritätskarawane 1994, die quer durch Deutschland führte. Dabei werden auch die logistischen Probleme nicht verschwiegen, die sich beim Transport der gesammelten Güter nach Kuba ergeben haben.

Im zweiten Kapitel ab 1999 geht es um die Solidaritätsarbeit in der Zeit, als sich Kuba vor allem durch die Linksentwicklungen in Mittel- und Südamerika in eine neue Weltordnung integrierte. Die Kuba-Solidaritätsbewegung hat sich von Anfang an in die globalisierungskritische Bewegung eingebracht, die vor zwei Jahrzehnten erstarkte. Das letzte Kapitel behandelt den Internationalen Kongress der Kuba-Solidarität im November 2012 in Berlin.

Die große Nähe der beiden Herausgeber zur Kuba-Solidarität hat eine positive und eine negative Seite. In das Buch sind zahlreiche Dokumente aus über 20 Jahren Kuba-Solidarität eingeflossen, die bisher noch nicht einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden sind. So ist das Buch nicht nur ein akribischer Rechenschaftsbericht der jüngeren bundesweiten Kuba-Solidarität. Interessieren dürfte es alle, die daran beteiligt waren. Eine Fundgrube ist das Buch auch für alle, die sich zu Forschungszwecken mit der Kuba-Solidarität auseinandersetzen. So viele Fakten sind wohl selten komprimiert zu finden. Der Nachteil ist, dass viele dieser Informationen einer Aufarbeitung bedurft hätten. Es sind sehr viele Protokolle von Treffen der Solidaritätsbewegung dokumentiert. In einem Fall gab es sogar eine Doppelung, man erfährt viele Details und gelegentlich auch die Namen der an den konkreten Solidaritätsprojekten Beteiligten. In manchen dieser Protokolle werden auch Differenzen in der Solidaritätsbewegung angesprochen. Gerade für Menschen, die noch nicht so stark mit der Kuba-Solidarität verbunden sind, wären erklärende Hintergrundinformationen wünschenswert. Hammer und Schwitalla haben jedoch mit ihrem Buch die wenig bekannte neuere Geschichte der Kuba-Solidarität einer größeren Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das ist verdienstvoll.

Hammer, Heinz / Schwitalla, Frank, Solidarität. Die Zärtlichkeit der Völker 20 Jahre NETZWERK CUBA – Informationsbüro, Papy Rossa Verlag, Köln 2013, 246 S., 12 Euro.

Peter Nowak

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