Mit Bankenschelte in den Wahlkampf

Mit Bankenbashing versucht sich SPD-Chef Gabriel von Merkel abzusetzen und innerparteilich in Stellung zu bringen

Eigentlich ist die SPD in den letzten Wochen kaum präsent. Einige ihrer Spitzenpolitiker werfen Bundeskanzlerin Merkel zwar regelmäßig vor, sie brauche zu lange, um in der Eurokrise die Positionen einzunehmen, die die SPD schon immer vertritt. Doch wenn es zur Abstimmung kommt, stimmen die Sozialdemokraten in der Regel brav mit der Regierung, wie vor einigen Tagen bei der Entscheidung über die Finanzhilfen für die spanischen Banken. Da meldete sich sogar die Parteibasis zu Wort und wagte zögerliche Kritik an dieser Finanzspritze.

Nun hat es der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel doch noch geschafft, mit einem Thesenpapier im Sommerloch einige Tage für Schlagzeilen zu sorgen. Dabei werden in den Medien einige prägnante Sätze über das Erpressungspotential der Banken zitiert und schon entsteht der Eindruck, die SPD entwickele sich zur Kapitalismuskritikerin. Nun ist Bankenbashing noch keine Kapitalismuskritik, oft sogar das Gegenteil davon. Doch dieThesen lesen sich wie eine Mixtur aus kirchentagstauglichen Floskeln und Stammtischweisheiten.

„Banken diktieren die Politik“, heißt es in den Thesen und ebenso: „Banken zocken die Kunden ab“, „Banken manipulieren“ und „spekulieren riskant mit dem Geld ihrer Sparer“. Alles keine Neuigkeiten und alles andere als radikal. Den Zweck der Übung hat Gabriel gleich mit aufgeschrieben. „Die Bundestagswahl 2013 muss zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden.“

Tatsächlich hat das Papier eine so große mediale Aufmerksamkeit bekommen, weil Gabriel damit den Ton für den kommenden Wahlkampf vorgeben will. Allerdings geht es erst einmal um den Kampf um die Nummer eins innerhalb der SPD. Da sind seine Kontrahenten mit Peer Steinbrück und Walter Steinmeier nicht zufällig zwei Exponenten der Schröder-SPD, die gemeinsam mit den Grünen wesentliche Regulierungen im Banken- und Finanzsektor abbauten. Darauf haben Unionspolitiker in einer ersten Replik sofort hingewiesen.

Noch ist längst nicht ausgemacht, ob Gabriel im innerparteilichen Machtkampf Erfolg hat. Im Gegenteil: Dem ehemaligen Pop-Beauftragen der SPD werden im Machtkampf nur Chancen eingeräumt, wenn sich die Exponenten der Schröder-SPD, Steinbrück und Steinmeier, untereinander zerstreiten. Aber auch hier könnte Gabriel schnell ins Hintertreffen geraten, falls sich Hannelore Kraft, die in Umfragen schon als erfolgreichste Merkelherausforderin gehandelt wird, doch noch entschließt, in die Bundespolitik zu gehen.

Wiederauflage der Heuschreckenkampagne

Doch Gabriels Thesen könnten auch ohne ihn an exponierter Stelle zum Ton des nächsten SPD-Wahlkampfs werden. Schließlich sind sie allgemein genug gehalten und sie greifen einen sich in der Krise steigernden Unmut in der Bevölkerung auf. Das Lamento über die Gier der Bankmanager ist dann schnell zu hören. Hier will Gabriel die SPD gleichermaßen gegen die gegenwärtigen Regierungsparteien als auch gegen die Linkspartei in Position bringen.

Letztere wird von verschiedenen SPD- Politikern in öffentlichen Statements gerne schon als erledigter Fall betrachtet. In Wirklichkeit ist den führenden SPD-Politikern klar, dass es Wunschdenken ist. Mit verbaler Bankenkritik und Gerechtigkeitsfloskeln hofft man dem Wunsch näher zu kommen. Das Ganze wirkt wie eine Neuauflage der Heuschreckenkampagne, mit der der damalige Parteivorsitzende Franz Müntefering den Sozialdemokraten 2005 in der Endphase der Schröder-SPD einen Hauch von sozialer Kompetenz erhalten wollte.

Die Kritik, die er damit erntete, gehörte zum Konzept. So wie Müntefering später loyaler Koalitionspartner der Merkel-CDU wurde, dürften sich auch die aktuellen SPD-Führungsvertreter ähnliche Hoffnungen machen. Schließlich gilt eine große Koalition als wahrscheinlichste Regierungsvariante nach der nächsten Bundestagswahl und so ist an die Spitzenkandidatur auch der Vizekanzlerposten gekoppelt. Mögen nach dem rosagrünen Wahlerfolg in Nordrhein-Westfalen auch manche in der OPD wieder an eine solche Regierungskombination im Bund denken, bleiben die Realisierungsmöglichkeiten gering. Sollten wieder fünf – oder mit den Piraten sechs Parteien – in den Bundestag einziehen, ist eine Mehrheit aus SPD und Grüne eher unwahrscheinlich.

Zudem machen die jüngsten Querelen bei den Grünen deutlich, dass sich dort wieder Kräfte melden, die von der Orientierung an die SPD loskommen will. Darauf zielen die Kritiker des Duos Trittin/Roth, das als Garant einer solchen Anlehnung an die SPD gilt. Dass jetzt von den Kritikern mit Kathrin Göhring Eckardt eine Befürworterin der Öffnung auch zur Union in die Diskussion gebracht wurde, macht deutlich, dass es auch nach der nächsten Wahl Regierungsoptionen ohne SPD gibt.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152436
Peter Nowak


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