Bis zum letzten Platz gefüllt war am Dienstagabend der Veranstaltungsraum im Hausprojekt Schreinerstraße 47 in Berlin-Friedrichshain. Die Stadtteilinitiative »Wir bleiben alle Friedrichshain« hatte zum …
… solidarischen Nachbarschaftstreffen eingeladen. »Wir bekommen alle mit, wie in unserem Stadtteil günstiger Wohnraum und Läden, die den täglichen Bedarf decken, verschwinden. Dagegen wollen wir uns wehren«, sagte Carsten Fuchs von der Initiative. Am Dienstag war mit Hanna Rose eine Mieterin aus Pankow eingeladen, die auf mehrere Jahre Organisierung zurückblickt. Sie ist Mieterin in einem der Häuser, die in den 90er Jahren mit Fördermitteln saniert wurden. In den Sanierungsgebieten laufen aktuell die Mietpreis- und Belegungsbindungen aus, die mit der Sanierung verbunden waren. Die Folgen für die Mieter*innen schilderte Rose sehr konkret: »Unsere Wohnungen werden jetzt auf den Markt geworfen und Mietererhöhungen drohen.« Zudem kündigten sich auf einmal Käufer*innen an, die die Wohnungen erwerben wollen. »Da kommen Makler*innen und Kaufinteressent*innen und laufen durch deine Wohnung, und du kannst es nicht verhindern.« Doch die Mieter*innen haben sich zunächst im Haus vernetzt, dann in der Straße und später im Stadtteil, wie Rose berichtet. »Dann hast du plötzlich mitbekommen, da bist nicht nur du selber betroffen.« Man habe den Kaufinteressent*innen freundlich, aber bestimmt deutlich gemacht: »Wenn du die Wohnung kaufst, kaufst du die Mieterin mit«, berichtet Rose. Manche haben dann lieber vom Wohnungskauf abgesehen.
Doch die solidarische Unterstützung ging auch dann weiter, wenn sich die Käufer*innen nicht abschrecken ließen und mit Eigenbedarfskündigungen die Mieter*innen loswerden wollten. »Wir sind dann gemeinsam zur Prozessbegleitung gegangen und haben damit deutlich gemacht, dass auch dort niemand allein ist«, berichtet Rose. Das hatte manchmal Auswirkungen auf das Urteil. Manche Richter*innen haben sich dann viel gründlicher mit den Eigenbedarfskündigungen befasst, einige der Kündigungen in der Folge zurückgewiesen. Vor einigen Jahren wurden noch fast alle Eigenbedarfskündigungen von den Gerichten bestätigt.
Die Mietrebell*innen hatten auch Forderungen an die Politik. Sie gründeten die Initiativen »Pankow gegen Verdrängung« und formulierten einen Forderungskatalog, damit ihre Wohnungen nach dem Auslaufen geschützt bleiben. Bei dem von der Initiative einberufenen Krisengipfel im März 2024 waren auch Politiker*innen aus Bezirk, Land und Bund anwesend. Doch auch nach anhaltenden Versammlungen und Kundgebungen in den letzten Monaten bleibt der Erfolg bisher aus. »Das stellt uns vor die Frage, wie wir weiter vorgehen«, sagte Rose.
Manche wollen sich künftig mehr auf die Organisierung in der Nachbarschaft konzentrieren. Die Auseinandersetzung in Pankow wollen sich die Mieter*innen in Friedrichshain zum Beispiel nehmen. Auch dort gibt es zahlreiche Häuser, die in den 90er Jahren saniert wurden und deren Mietpreis- und Belegungsbindung jetzt ausläuft. Julian vom Kiezteam Friedrichshain der Initiative Deutsche Wohnen & Co. enteignen stellte eine ambitionierte Agenda vor. Am 13. November wollen sie sich ab 17.30 Uhr vor dem Stadtteilladen Zielona Gora treffen und mit Bewohnerinnen der betroffenen Häuser in Kontakt kommen. Solche Haustürgespräche hatten 2023 in Pankow dazu geführt, dass sich selbst Mieterinnen organisierten, die unsicher waren und Angst hatten, wie Hanna Rose berichtete. Am 30. November soll es in der Pablo-Neruda-Bibliothek eine Versammlung der Mieter*innen geben. Peter Nowak
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