Auf der Veranstaltung am Wochenende kam auch die staatliche Repression gegen die Klimabewegung zur Sprache. Dass es sich dabei eben nicht nur um Präventivhaft für Mitglieder der Klimagruppe "Letzte Generation" handelt, zeigt der Bericht einer jungen Friday-for-Future-Aktivistin aus Bayern. Sie hatte mehrere der Proteste der Gruppe in ihrer Stadt mit organisiert. Eines Morgens erschien die Polizei zur Durchsuchung im Haus ihrer Eltern, in dem auch die 17-Jährige selbst noch wohnt. Der Grund war ein Schriftzug mit klimapolitischen Forderungen, der in der Stadt angebracht worden war. Die junge Frau bekundete, damit gar nichts zu tun zu haben. Sie sei lediglich ins Visier der Polizei geraten, weil sie eben als Klimaaktivistin polizeibekannt war.
Bei der Klimabewegung herrscht Katerstimmung. Erst scheiterte in der Hauptstadt der Volksentscheid Berlin 2030 Klimaneutral mangels ausreichender Beteiligung – dass mit knapper Mehrheit Ja-Stimmen abgegeben wurden, zählte somit nicht. Das ist für die Aktivisten besonders schmerzlich, weil sie in der Werbung vorher die Abstimmung fast zur Frage, ob die Menschheit noch gerettet werden kann, hochgejazzt hatten. Dann setzten sich im Koalitionsausschuss der Ampel-Regierung auf Bundesebene die Wirtschaftsinteressen gegen „zu viel“ Klimaschutz durch. Eigentlich nicht überraschend in einer kapitalistischen Gesellschaft. Doch große Teile der jungen Klimabewegung, die bisher der Meinung waren, …
… dass sie vom Wind der Geschichte angetrieben wurden, machen nun die Erfahrung, dass wir immer noch im real existierenden Kapitalismus leben und dort Klima und Klimaschutz auch nur Phrasen sind, deren Gehalt von ökonomischen Formeln abhängt, wie allen wohlklingenden Reden des woken Kapitalismus zum Trotz.
„Zurück in der Gegenwart“ betitelte die taz den unangenehmen Crash mancher Klimaaktivisten mit den politischen Bedingungen jenseits der eigenen Blase.
Erinnerung an Anti-AKW-Bewegung
Die Klimabewegung Fridays for Future hat am Wochenende gemeinsam mit der taz Panter Stiftung über die sich verengenden Räume der Klimabewegung gesprochen. Dort wurde allerdings erfreulicherweise nicht in erster Linie über die sich verschlechternden Kampfbedingungen gejammert. Christoph Bautz von Campact, der schon einige Umweltbewegungen kommen und gehen sah, erinnerte mit Verweis auf die Anti-AKW-Bewegung an deren Konjunkturschwankungen.
Da gab es auch immer wieder Flauten, wo manche Medien unkten, nun sei die Bewegung tot. Doch immer dann, wenn wieder irgendwo ein AKW-Unfall stattfand, waren wieder die Massen auf der Straße. Und als dann unter „Schwarz-Gelb“ der unter „Rot-Grün“ Regierung vereinbarte geregelte Ausstieg aus der Atomkraft wieder aufgeweicht werden sollte, war die Bewegung so groß, dass die Regierung ihre schon beschlossenen Pläne sofort wieder einkassierte.
Sie hatte schlicht Angst vor einer wachsenden Anti-AKW-Bewegung, die im Kampf gegen die Castor-Transporte gezeigt hatte, dass sie in der Lage war, die Republik lahmzulegen. Bautz verglich mit Recht die Proteste gegen die Castor-Transporte mit jüngeren Protesten wie dem im Hambacher oder im Dannenröder Wald – oder dem für die Interessen des Energiekonzerns RWE geräumten Dorfes Lützerath. In all diesen Fällen ging es eher um die Erprobung von konkretem Widerstand, den Umgang mit Polizei und anderen Staatsapparaten – und weniger um die konkreten politischen Ziele.
Hausdurchsuchung wegen Sprühkreide
Auf der Veranstaltung am Wochenende kam auch die staatliche Repression gegen die Klimabewegung zur Sprache. Dass es sich dabei eben nicht nur um Präventivhaft für Mitglieder der Klimagruppe „Letzte Generation“ handelt, zeigt der Bericht einer jungen Friday-for-Future-Aktivistin aus Bayern. Sie hatte mehrere der Proteste der Gruppe in ihrer Stadt mit organisiert. Eines Morgens erschien die Polizei zur Durchsuchung im Haus ihrer Eltern, in dem auch die 17-Jährige selbst noch wohnt.
Der Grund war ein Schriftzug mit klimapolitischen Forderungen, der in der Stadt angebracht worden war. Die junge Frau bekundete, damit gar nichts zu tun zu haben. Sie sei lediglich ins Visier der Polizei geraten, weil sie eben als Klimaaktivistin polizeibekannt war.
Ein junger Klimaaktivist aus Hessen berichtete sehr sachkundig, dass ihn die Neufassung des von der „schwarz-grünen“ Landesregierung durchgesetzten neuen Polizeigesetz sehr besorgt mache. Denn auch damit würde der Raum für Demonstrationen, Klimaproteste, aber auch Streiks eingeengt. Die massive Staatsgewalt der französischen Polizei gegen Aktivisten, die gegen ein Wasserprojekt protestierten, machen deutlich, dass Staatsapparate ihre Projekte rabiat durchsetzen.
Kontakt zu den Gewerkschaften
Es war kein Zufall, dass der junge Klimaaktivist ausdrücklich auch die Aktionsformen der organisierten Lohnabhängigen erwähnte. Auch andere Klimaaktivisten sahen in der Kooperation mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine positive Entwicklung. Den größten Applaus bekam eine Klimaaktivistin aus Köln, die berichtete, wie es ihnen beim Klimastreik am 3. März gelungen sei, eine größere Gruppe streikender Busfahrer dazu zu bewegen, sich mit in einem eigenen Block an der Klimademonstration in der Kölner Innenstadt zu beteiligen.
Insofern stellt sich die Frage, ob sich hier nicht auch große Räume für die Klimabewegung öffnen könnten. Sie hat lernen müssen, dass Bewegungen generell eine bestimmte Verlaufsform haben, sie haben erfahren müssen, dass im Kapitalismus auch das Klima nur ein Kostenfaktor ist. Aber sie haben auch erfahren, dass viele Lohnabhängige durchaus für eine andere Klimapolitik anzusprechen sind, wenn nicht die Gefahr besteht, dass sie am Ende allein die Zeche dafür zahlen müssen. Das war auch das Manko des Klimavolksentscheids, wie auch manche der Befürworter mittlerweile selbstkritisch anerkennen. (Peter Nowak)