Die Kiezkommune in der Buttmannstraße will Stadtteilarbeit mit einem kommunistischen Aufbauprozess verbinden

In antifaschistischer Tradition

Die Buttmannstraße war in der Weimarer Republik eines der Zentren des „Roten Wedding“ . Der Anteil der Arbeiter/innen war dort sehr hoch, viele gehörten der KPD an. Am Ende der Weimarer Republik wurde sie zum Aufmarschgebiet der SA. Nach der Machtübernahme der NSDAP wurde ein bekanntes antifaschistischen Lokal in der Buttmannstraße 2 in ein SA-Sturmlokal umgewandelt.

Im Jahr 2019 hat die Weddinger Kiezkommune in der Buttmannstraße 1a einen Stadtteilladen eröffnet, der an die revolutionäre Geschichte dieses Quartiers anknüpfen will. Das wird schnell deutlich, wenn man das geräumige Ladenlokal betritt. Neben einen Plakat mit der Parole „Die Kiezkommunen aufbauen“ hängt auch ein Foto von Ella Trebe. Die Weddinger Metallarbeiterin und Kommunistin war …

… im Widerstand gegen das NS-Regime aktiv. Sie wurde am 10. Juni 1943 verhaftet und einen Monat später im Konzentrationslager Sachsenhausen erschossen. Lange Zeit erinnerte im Wedding nichts an die Antifaschistin, deren politische Arbeit so eng mit dem Stadtteil verbunden war.  

Mittlerweile trägt eine Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs ihren Namen und vor dem Haus in der Togostraße, wo sie zuletzt wohnte, wurde ein Stolperstein verlegt. Im Mai 2022 hat sich aus einen feministischen Zusammenhang die „Gruppe Ella Trebe“ gegründet, die Teil der Weddinger Kiezkommune ist. „Wir wollten uns einen Namen geben, der (…) unsere politische Ausrichtung verdeutlicht. So kam uns die Idee, eine Person aus dem Wedding auszuwählen, deren politische Arbeit uns inspiriert“, lautet die Begründung für die nicht nur historische Reminiszenz.  

Denn die Kiezkommune will eine zeitgemäße linke Politik mit historischen Bezügen verbinden. Dass sie kein linker Traditionsverein ist, wird schnell deutlich, wenn man den Kiezladen betritt. In allen Räumen herrscht meist buntes Treiben. An einem Tisch wird eine kleine Feier vorbereitet, in einem anderen Eck arbeiten einige Personen an einem Computer. In den letzten beiden Jahren ist es der Kiezkommune gelungen, gute Kontakte zur Nachbarschaft aufzubauen. 

Raus aus der „linken Blase“ 

Viele der Anwohner/innen haben einen migrantischen Hintergrund. Sie nutzen den Kiezladen mittlerweile gerne für Kindergeburtstage, Hochzeiten, aber auch Trauerveranstaltungen wurden dort schon organisiert. Daneben gibt es im Kiezladen auch niedrigschwellige Angebote wie eine Küche für Alle, auch gerettete Lebensmittel werden verteilt. Eine regelmäßige Beratung zu Mieten und Wohnen wird ebenfalls angeboten. Dort können sich Nachbar/innen mit konkreten Problemen informieren. Sie werden dann bei Bedarf an die Berliner MieterGemeinschaft weitergeleitet, mit der die Kiezkommune kooperiert. „Der Laden soll ein Angebot für die Menschen aus der Nachbarschaft und nicht für die linke Szene sein“, betont Jonas von der Kiezkommune gegenüber dem MieterEcho und weiter: „Es gab seit 2018 in der außerparlamentarischen Linken im Wedding verstärkt Diskussionen, die linke Blase zu verlassen und sich auf die Stadtteilorganisierung zu konzentrieren.“  

Unterschiede zum Konzept des von der Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ (HwvW) gegründeten „Kiezhaus Agnes Reinhold“ (siehe S. 14) sind auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das Verhältnis sei entspannt und man lerne voneinander, betont der Aktivist der Kiezkommune. Beide Gruppen geben in regelmäßigen Abständen die Weddinger Stadtteilzeitung „Plumpe“ heraus. Aber anders als HwvW beschränkt sich die Kiezkommune nicht auf einen Stadtteil. Kiezkommunen gibt es mittlerweile auch in Lichtenberg und Neukölln.  

Sie begreifen sich als Teil eines linken Aufbauprozesses. „Die Kiezkommune soll sich um alle Angelegenheiten in ihrem Kiez kümmern: Soziale Fragen, Mieten-, Arbeitskämpfe, antipatriarchale Kämpfe, Aufbau sozialer Treffpunkte, Jugendarbeit, Antifaschismus“, heißt es im Selbstverständnistext der Berliner Kiezkommunen. Der Kommuneladen im Zentrum des Roten Wedding ist dafür eine gute Adresse, aber es ist auch eine große Aufgabe, die sich die Genoss/innen gestellt haben.   Peter Nowak