Zur Kritik an Protesten vor grünen Parteizentralen

Die Olivgrünen

Eine praktische Kritik an den »Olivgrünen«, wie viele außerparlamentarische Linken die Partei in den 90er Jahren bezeichneten, leistete die Anarchistin, die auf dem Bielefelder Sonderparteitag 1999 zum Jugoslawienkrieg ein Farbei auf den ersten grünen Außenminister Josef Fischer warf. Der ehemalige Sponti hatte sich besonders vehement für eine deutsche Kriegsbeteiligung im ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Damals wurden auch viele Parteibüros der Grünen besetzt. An diese historisch vorhandene linke Kritik an den Grünen können heutige Proteste nahtlos anknüpfen...

Heizung, Brot und Frieden« lautete die Parole der Kundgebung, zu der ein Sozialbündnis am 3. September 2022 vor der Bundeszentrale der Partei Die Grünen in Berlin aufgerufen hatte. Die Organisator*innen sprechen von einem großen Erfolg, doch es gab auch viel Kritik an der Veranstaltung, unter anderem von der Sozialpolitikerin der Linkspartei Gabriele Gottwald. Die Abgrenzung nach rechts sei auf der Kundgebung nicht gelungen. »Da kann man propagieren, man sei im antifaschistischen Widerstand, gegen Kapitalismus und überhaupt links. Man bleibt ein Idiot oder hat das Geschwurbel bewusst organisiert«, so Gottwald. Es gab auch Kritik am Ort des Protests. Eine Kundgebung vor der Zentrale der Grünen würde Rechte und Irrationalist*innen einladen, die Grüne als »Ökodiktatoren« und »Genderkiller« schmähen. Und tatsächlich trugen auf mehrere Teilnehmer*innen Konterfeis von Baerbock und Habeck mit der Überschrift »Volksverräter«, andere forderten eine Verurteilung der beiden Politiker*innen zur Höchststrafe. Solche ressentimentgeladenen Bekundungen haben mit einer dringend notwendigen emanzipatorischen Kritik an der Partei allerdings nichts zu tun. Schließlich sind Die Grünen eine Regierungspartei, die nicht erst …

… seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine eine kriegstreiberische und neoliberale Linie vertritt. Die Bezeichnung »grüne FDP« wählte übrigens schon vor mehr als drei Jahrzehnten die ehemalige Spitzenpolitikerin der Grünen, Jutta Ditfurth, als Klassifizierung der Partei, die sie damals gerade verlassen hatte. Hier wird deutlich, dass es seit jeher eine Menge linker Kritik an der selbsternannten Ökopartei gibt, auch und gerade von ehemaligen Mitgliedern. (Zu diesen gehört übrigens auch Gabriele Gottwald, die in den 1980er Jahren für einige Jahre im damals explizit linken Bundesvorstand der Grünen vertreten war.)  Aber es gibt auch viel linke Kritik an den Grünen von Menschen, die immer auf Distanz zu ihnen geblieben sind. Etwa von dem sozialrevolutionären Theoretiker Detlef Hartmann, der in dem Sammelband »Deutschland.Kritik« (Unrast Verlag 2015) unter der Überschrift »Deutschlands Offensive im weltweiten Aufbruch« vor dem »Eintritt des deutsch geführten Europas in einen neuen Krieg« warnte. Mit einer materialistischen Begründung machte Hartmann darin Die Grünen als Interessenvertretung des besonders aggressiven Teils des deutschen Kapitals aus. Eine praktische Kritik an den »Olivgrünen«, wie viele außerparlamentarische Linken die Partei in den 90er Jahren bezeichneten, leistete die Anarchistin, die auf dem Bielefelder Sonderparteitag 1999 zum Jugoslawienkrieg ein Farbei auf den ersten grünen Außenminister Josef Fischer warf. Der ehemalige Sponti hatte sich besonders vehement für eine deutsche Kriegsbeteiligung im ehemaligen Jugoslawien eingesetzt. Damals wurden auch viele Parteibüros der Grünen besetzt. An diese historisch vorhandene linke Kritik an den Grünen können heutige Proteste nahtlos anknüpfen…  Peter Nowak 

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