ZAHLEN DER OPFERBERATUNG

Zunahme rechter Gewalt im letzten Jahr in Brandenburg

Der Verein Opferperspektive hat die Statistik für das vergangene Jahr veröffentlicht: Die Zahl der Gewalttaten ist dabei erstmals seit 2018 wieder angestiegen. Sorgen mache auch die zunehmende Gewaltbereitschaft der Pandemieleugner-Bewegung. So basiert das Tötungsdelikt im brandenburgischen Senzig auf einer antisemitischen Verschwörungserzählung.

Im Jahr 2021 ist die Zahl rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten im Bundesland Brandenburg erstmals seit 2018 wieder gestiegen, wie der Verein Opferperspektive bekannt machte. Gestiegen ist die Zahl rechter Angriffe von 137 im Jahr 2020 auf 150 im letzten Jahr. Während die Zahl rassistisch motivierter Angriffe von 76,6 Prozent auf 65,3 Prozent gesunken ist, stieg der Anteil der Attacken auf politische Gegner*innen von 6,6 auf 15,3 Prozent. Das liege u.a. an Reorganisationsversuchen der …

… Brandenburger Neonaziszene. So versuchten sich Mitglieder des Dritten Weg in Kyritz mit einer Bürgerwehr als Ordnungsmacht gegen angeblich „von Ausländern begangene Gewaltstraftaten“ zu profilieren. Im September letzten Jahres mobilisierte der Dritte Weg nach Guben, um dort nach dem Vorbild extrem rechter Milizen in verschiedenen osteuropäischen Ländern „Jagd auf Geflüchtete zu machen“. Die Polizei verhinderte das Vorhaben. Die NPD versuchte im letzten Jahr, ihren Ortsverein in Frankfurt/Oder mit einer Kampagne gegen einen wegen Pädophilie verurteilten Mann wieder zu beleben.

Proteste gegen die Pandemiemaßnahmen mit rechter Infrastruktur

Die Zunahme rechter Gewalt stellt die Opferperspektive aber vor allem in den Kontext der Proteste gegen die Pandemiemaßnahmen, die im letzten Jahr auch in Brandenburg größere Resonanz gefunden hatten. Auch wenn die Bewegung auf den ersten Blick nicht neonazistisch geprägt erscheint, verweist der Verein auf deren Abhängigkeit von rechter Infrastruktur in vielen Orten.

In Wittstock und Wittenberge habe der Dritte Weg zeitweilig die Proteste dominiert. Auch in Cottbus sei die Beteiligung extrem Rechter deutlich bei den Protesten deutlich erkennbar. Angriffe, die im Kontext dieser Proteste erfolgten, richteten sich gegen Impf- und Testzentren, impfende Ärzt*innen, Politiker*innen und Lehrer*Innen, die die Maßnahmen umsetzen, sowie Verkäufer:innen, die zum Maskentragen auffordern, aber auch gegen die Polizei und Gegendemonstrant*Innen.

Antisemitisches Tötungsdelikt in Senzing

In einen eigenen Kapitel geht die Opferperspektive auf die Tötung von vier Menschen aus antisemitischen Motiven ein. Am 4. Dezember 2021 hatte ein Mann in Senzig bei Königs-Wusterhausen seine Frau und seine drei Töchter erschossen, bevor er sich selbst tötete. Zuvor war ein gefälschter Impfausweis enttarnt worden, den der Mann, der sich in Kreisen der Coronaleugner*innen bewegte, seiner Frau besorgt hatte.

Nach Auswertung eines am Tatort aufgefundenen Abschiedsbriefes sowie mehrerer Datenträger stufte die Polizei die Tat als politisch rechts motiviert ein, weil der Täter darin die antisemitische Verschwörungserzählung verbreitete, „dass der Staat mit der Impfkampagne einen bösen Plan verfolge, die Weltbevölkerung um die Hälfte reduzieren und eine neue Weltordnung unter jüdischer Führung gründen“ wolle. Die Opferperspektive kritisiert, dass die Landesregierung von Brandenburg das Tötungsdelikt mit den bisher meisten Opfern in dem Bundesland „nicht ausreichend und deutlich genug verurteilt“ habe. Peter Nowak