Völlig neu ist es nicht, dass rassistische Parolen grölende Männer im Hauptberuf auch Polizisten sein können. Auch der Hauptakteur eines rassistischen Vorfalls am 12. Juni in Freiburg war wohl Polizist und hatte einen Kollegen dabei, dessen genaue Rolle noch unklar ist. Dass der Vorfall bekannt wurde, ist unter anderem dem Freien Radio Dreyeckland zu verdanken. Im Gespräch mit dem Sender berichtete der Betroffene, ein Mann aus Lettland, ausführlich …
… über Hergang der rassischen Hetzjagd. Er war demnach von einer Gruppe von Männern im Alter zwischen 40 und 50 Jahren mehrmals mit dem Tod bedroht worden. Er habe sich nicht vorstellen können, dass dergleichen mitten am Tag in der Freiburger Innenstadt möglich sei und viele Menschen, die er um Hilfe und Unterstützung gebeten habe, die Bedrohung einfach ignorieren würden. „Sie haben geschrien ‚Ausländer raus‘ und niemand hat geholfen“, erklärte der Mann merklich betroffen im Radiointerview. Er hat demnach Zivilcourage gezeigt, indem er vor den rechten Mob nicht weggelaufen ist. Er sagte: Ja, ich bin Ausländer, wo ist das Problem? Zudem rief er antifaschistische Parolen.
Der Sender will wissen, wofür die Beamten zuständig waren
Mittlerweile hat auch die Freiburger Polizei bestätigt, dass mindestens ein Beschuldigter im Zusammenhang mit der rassistischen Hetzjagd Polizeibeamter ist, was auch einer der Beteiligten im Zuge des Vorfalls zu erkennen gegeben hatte. Radio Dreyeckland (RDL) sieht weiteren Aufklärungsbedarf und will vor allen wissen, wo die beiden Männer bei der Polizei eingesetzt waren. Da die Polizeipressestelle die Auskünfte mit Verweis auf das laufende Verfahren verweigert, hat RDL eine Klage eingereicht.
Dem Sender gehe es „nicht darum, einzelne Polizisten an den Pranger zu stellen, sondern es geht um Strukturen“, erklärt Rechtsanwalt David Werdermann, der von Radio Dreyeckland mit der Klage beauftragt wurde, gegenüber Telepolis. „Entsprechend wird auch nicht nach den Namen der beteiligten Polizeibeamten gefragt, sondern nach Dienststelle, Aufgabenbereich, Funktion und Stellung innerhalb des Polizeipräsidiums. Es ist beispielsweise von öffentlichem Interesse, ob die Polizeibeamtinnen und -beamten für Hasskriminalität zuständig waren oder für sogenannte Ausländerkriminalität.“ Für den Juristen stellt sich auch die Frage, wer innerhalb der Polizei von einer rassistischen Einstellung der Beamten wissen konnte und ob etwas unternommen wurde.
„Wir brauchen die Auskünfte von der Polizei jetzt“
Werdermann betont, das Thema sei jetzt aktuell – daher müssten auch jetzt diese Fragen geklärt werden. Die Polizei könne nicht mit dem Verweis auf das noch offene Verfahren eine Antwort verweigern. „Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass gegen einen Polizeibeamten aber auch gegen das mutmaßliche Opfer der Hetzjagd ermittelt wird. Es stellt sich die Frage, ob die Ermittlungen durch das Polizeipräsidium unabhängig und unbefangen durchgeführt werden können, insbesondere wenn sich herausstellen sollte, dass die involvierten Polizeibeamten Leitungsfunktionen innehaben oder gar aus dem näheren Umfeld des Polizeipräsidenten kommen“, betont Werdermann.
Der Eilantrag ist beim Verwaltungsgericht eingegangen. Dem Polizeipräsidium wurde eine Frist von einer Woche für eine Stellungnahme gesetzt. Es fällt auf, dass sich auf dem Presseportal der Freiburger Polizei viele Berichte über kleine Auffahrunfälle oder überladene Autos finden. Die Hetzjagd in der Freiburger Innenstadt vom 12. Juni war dort hingegen erst am 18. Juni eine Meldung wert; eine Folgemeldung erschien am 22. Juni. In der ersten Meldung war noch von „Streitereien zwischen mehreren Personen“ die Rede, später von „Ermittlungen gegen aktuell vier Beschuldigte, unter denen sich auch ein Polizeibeamter des Polizeipräsidiums Freiburg befindet“.
Mittlerweile beschäftigt sich die Freiburger Kommunalpolitik mit der Angelegenheit. In einen Offenen Brief forderten mehrere linke Kommunalpolitiker eine schnelle Aufklärung. Darauf antwortete der Freiburger Polizeipräsident in gleicher Form und verweis darauf, dass bei der Polizei Genauigkeit vor Schnelligkeit gehe. Zudem vergaß er auch nicht zu erwähnen, dass er immer noch links die größere Gefahr sieht.(Peter Nowak)