Gentrizierungsprotest kann ungewöhnliche Formen annehmen: so bei einem Aus ug Berliner Initiativen am Samstag nach Zossen

Einfach mal einen Briefkasten anschreien

"Wir haben Euch was mitgebracht, Post, Post, Post", skandierten die DemonstrantInnen.

„Was kann man sich Schöneres vorstellen, als das Berliner Um­land an einem Samstagmittag aufzusuchen und in einer bran­ denburgischen Kleinstadt einen Briefkasten anzubrüllen?“, hieß es in einem Aufruf, mit dem Berliner MieterInneninitiati­ven und das Kneipenkollektiv Meuterei zu einer ungewöhnli­chen Protestaktion am Wochen­ende aufgerufen hatten. In Zos­sen wollte man den zahlreichen….

….Briefkastenfirmen einen Besuch abstatten, die sich in den letztenJahren dort wegen der niedrigen Gewerbesteuer angesiedelt ha­ben. Gerade mal die gesetzlich vorgeschriebenen 200 Prozent beträgt der Hebesatz, mit dem der Steuermessbetrag multipli­ ziert wird. In Berlin sind es 410 Prozent.

Auf dem kurzen Weg vom Bahnhof zum Marktplatz be­gegneten den 100 Berliner Mie­terInnen zunächst wenige Men­schen aus Zossen. Doch Briefkästen und Tafeln, auf denen Immobilienfirmen mit fanta­sievollen Namen zu lesen wa­ ren, fanden sich in der ganzen Stadt. An mehreren Häusern in der Baruther Straße sah man so­ gar Tafeln, die gleich bis zu 50 Firmen auswiesen. Manche be­stehen nur aus Buchstabenkom­binationen, andere aus den Stra­ßennamen von Häusern, die von den Firmen verwaltet wer­den. Auf manchen Briefkästen sind mit Kreppband Namen von SteuerberaterInnen und Rechts­anwältInnen angebracht.

„Wir haben euch was mit­ gebracht, Post, Post, Post!“, schrien die DemonstrantIn­nen die Briefkästen und Tafeln an. Mittlerweile hatten sich doch einige AnwohnerInnen der Kundgebung am Markt­ platz genähert. „Schließen Sie endlich die Steueroase Zossen, Frau Schreiber!“, rief ein älterer Mann. Damit sprach er die Zos­sener Bürgermeisterin Micha­ ela Schreiber direkt an, die mit ihrer parteiunabhängigen Liste Plan B seit Jahren im Amt ist.

Es gab mehrere Redebeiträge von Berliner MieterInnen, deren Hauseigentümer ihren Brief­ kasten in Zossen haben. Dazu gehört auch die Firma Nagel Properties, die in der Braun­schweiger Straße 21 in Neu­kölln Luxusapartments errich­ten will. AnwohnerInnen hatten nach dem Abriss eines Super­markts auf dem Grundstück einen Nachbarschaftsgarten errichtet, der in der vergange­ nen Woche geräumt wurde (die taz berichtete). Ein Mieter der Häuserzeile Habersaathstraße 40–48 in Berlin­-Mitte klagte in einer engagierten Rede die Ei­gentümer mit Briefkasten in Zossen an, die 1984 gebauten und in den 1990er Jahren ener­ getisch sanierten Häuser abrei­ßen zu lassen, um weitere Lu­xusbauten zu errichten.

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