»Ich habe viel für dich bezahlt«

Einblick in den Alltag von Hausangestellten in Europa

Eigentlich ist Tia H. aus Indonesien zum Studieren nach Hamburg gekommen. Stattdessen arbeitete sie für ein Taschengeld von 400 Euro rund um die Uhr in einem wohlhabenden Hamburger Haushalt. »Ich habe von Montag bis Sonntag gearbeitet, durchschnittlich 12 bis 14 Stunden. Nur sonntags weniger, bis 18 Uhr«, erzählt Tia H. in dem Film »Dringend gesucht – Anerkennung nicht vorgesehen – Hausangestellte erstreiten ihre Rechte«.

Der 65-minütige Film der Regisseurin Anne Frisius soll die Zuschauer motivieren, den Kampf der Menschen zu unterstützen, die in den Ländern Europas ohne Papiere arbeiten und besonders unter Ausbeutung leiden. Es sind Frauen wie Rosita P., der in Peru von einer Arbeitsagentur versprochen wurde, legal in Holland als Hausangestellte arbeiten zu können. Kaum war sie angekommen, gebärdete sich ihr Chef wie ein Sklavenhalter. »Ich habe viel für dich bezahlt«, habe er zu ihr gesagt. »Seine« Angestellte musste von 7 bis 20 Uhr im Haushalt arbeiten und durfte das Haus nicht verlassen. Im fremden Land, ohne Sprachkenntnisse und auf sich gestellt, suchte Rosita P. im Internet Unterstützung und fand sie bei Frauen wie Ellen Willemsen, die sich in der Nichtregierungsorganisation Fairwork gegen die Ausbreitung der modernen Sklaverei engagiert. Betroffen sind Tausende Hausangestellte, die aus Lateinamerika oder Asien mit dem Versprechen auf einen legalen Status nach Europa gelockt werden.

Der Film zeigt, wie sich die Frauen wehren. In Holland riefen Hausangestellte ohne Papiere die Organisation United Migrant Domestic Workers (UDMW) ins Leben. Zu den Gründerinnen gehörte die in Kolumbien geborene Francia Geleano, die 23 Jahre ohne Papiere arbeitete. Bei ihrem Kampf werden die Frauen vom niederländischen Gewerkschaftsbund FNV unterstützt. Für den Sekretär Mari Martens eine Selbstverständlichkeit: »Für mich gibt es nur zwei Sorten von Arbeitern – Gewerkschaftsmitglieder und Nichtmitglieder«, sagt Martens und erteilt damit allen Aufteilungen nach Nation oder Geschlecht eine Absage. Im Film ruft er die deutschen Kollegen auf, sich für Migranten mit und ohne Papiere zu öffnen. »Wir helfen euch dabei«, versprach er und bekam bei der Premiere des Films in der Berliner Bundeszentrale von ver.di Extraapplaus.

Der Film gibt den Initiativen Rückenwind, die sich im DGB für diese Öffnung einsetzen. Sechs gewerkschaftliche Beratungsstellen für Menschen ohne Papiere gibt es derzeit. Der Film ist ein Plädoyer für die Ausweitung dieser Arbeit. »Die Mitgliedschaft bei ver.di soll unabhängig von Aufenthaltsstatut und Arbeitsgenehmigung sein«, heißt es in Anträgen, die für Gewerkschaftskonferenzen vorbereitet werden. Die Begründung ist einfach: »Die Gewerkschaften sollen alle Arbeitnehmer, einschließlich der Schwächsten, vertreten.« Vielleicht trägt Anne Frisius’ aufrüttelnder Film dazu bei, dass sich diese Position durchsetzt.

»Dringend gesucht – Anerkennung nicht vorgesehen«, Regie Anne Frisius in Zusammenarbeit mit Mónica Orjeda, 65 min, Hamburg/Amsterdam/Bremen 2014, 25 Euro. 

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Peter Nowak