Allmende soll weichen

Ein Kreuzberger migrantischer Verein muss seinen Sitz für profitablere Verwertung räumen

Die Räumungsfrist läuft. Doch mangels bezahlbarer neuer Büroräume ist der migrantische Verein Allmende bereit, seine jetzigen Räume zu besetzen – und es auf eine Räumung ankommen zu lassen.

»Herzlich willkommen zur Allmende« stand auf einer Tafel im Versammlungsraum des migrantischen Vereins in Kreuzberg. So freundlich wurden die mehr als 30 Menschen begrüßt, die sich Anfang dieser Woche in den Räumen des Vereins Allmende versammelt hatten. Neben Mitgliedern waren es Nachbarn und Aktivisten der Bündnisse »Zwangsräumungen verhindern« und »Kotti & Co«. Gemeinsam haben sie beratschlagt, wie die Verdrängung von Allmende aus ihrem Domizil in Kreuzberg verhindern werden kann. Bereits zum 1. Januar 2013 hätten die Räume verlassen werden müssen, weil der Hausbesitzer Diego Gross den Mietvertrag nicht verlängert hatte.

»2006 haben wir die Räume bezogen und hatten ein gutes Verhältnis mit dem Besitzer. Daher waren wir überrascht, als wir von ihm erfuhren, dass er die Räume anderweitig vermieten will und eine profitablere Verwertung anstrebt«, erklärt Ahmed Beyazkaya vom Allmende-Vorstand. Bislang hat der Verein noch eine Frist von einigen Monaten. Die Räumungsklage des Hausbesitzers soll am 29. Oktober 2014 verhandelt werden. Große Hoffnungen auf einen juristischen Erfolg machen sich die Allmende-Aktivisten indes nicht, weil es sich um einen leicht kündbaren Gewerbemietvertrag handelt.

»Zunächst haben wir neue Räume gesucht und dann festgestellt, dass wir keine bezahlbare Alternative finden«, berichtet Allmende-Aktivist Garip Bali. Zudem habe man den Hausbesitzer Gespräche angeboten. Auch eine moderate Mieterhöhung hätte man akzeptiert. Doch Gross sei nicht zur Rücknahme der Kündigung, sondern allenfalls zu einer Verlängerung der Räumungsfrist bereit gewesen. Nachdem der Verein ein Transparent aus dem Fenster gehängt hatte, auf dem auf Deutsch und Türkisch »Allmende bleibt« zu lesen ist, habe er auch dieses Zugeständnis zurückgenommen. »Das war für uns der Zeitpunkt, wo wir uns dazu entschlossen haben, uns politisch gegen die Räumung zu wehren«, erklärt Bali. Nun sei man auch bereit, die Räume zu besetzen und sich notfalls räumen zu lassen.

Nachdem Allmende bereits Nachbarschaftstreffen organisiert hatte, beratschlagten am Montag Initiativen und Nachbarn, vor allem aus Neukölln und Kreuzberg, wie Allmende unterstützt werden könne. Ein Bewohner des Neuköllner Hausprojekts Friedelstraße 54 informierte, dass das Haus kürzlich verkauft worden sei und sich die Bewohner ebenfalls gegen eine mögliche Vertreibung mit anderen Betroffenen koordinieren wollen. Andere Besucher des Treffens wiesen auf die langjährige politische Arbeit von Allmende hin. »In euren Räumen wurden Veranstaltungen gegen Rechtspopulisten und Neonazis vorbereitet. Ihr habt für eine solidarische Gesellschaft gestritten und diese Solidarität wollen wir jetzt zurückgeben, wenn wir euch gegen die Räumung unterstützen«, meint eine Frau. Auch Beyazkaya betont, Allmende habe sich nie als türkischer Kulturverein verstanden. »Wir kämpfen gegen Rassismus und Ausgrenzung in Berlin, wo wir wohnen«, erklärt er im nd-Gespräch. In den nächsten Wochen würden sie für diese Ziele auch in eigener Sache streiten. Hausbesitzer Gross erklärte dem »neuen deutschland«, dass Allmende die Sachlage offenbar falsch darstelle. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, wolle er aber keine Stellungnahme abgeben. Sein Rechtsanwalt Helge Schulz erklärte auf Nachfrage, Allmende habe den Mietvertrag nicht rechtzeitig verlängert. Da die Räume bereits erneut vermietet seien, wäre eine Rücknahme der Kündigung nicht möglich.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/936520.allmende-soll-weichen.html

Peter Nowak


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