
»Kein Rheinmetall im Wedding« lautete das Motto einer Demonstration, zu der am 10.Juni zahlreiche linke Gruppen aufgerufen hat. Über 1800 Menschen kamen und protestierten dagegen, dass in dem Berliner Stadtteil ein Pierburg-Werk, das bisher Autoersatzteile produziert hat, demnächst als eine Filiale des Rheinmetall-Konzerns Munitionshülsen herstellen soll. Damit ist die Fabrik im Wedding keine Ausnahme. Im Zuge der militaristischen Zeitenwende sollen an verschiedenen Standorten …
… Rüstungsgüter statt zivilen Gütern produziert werden. Dabei haben sich Rüstungsgegner:innen über viele Jahre für das Gegenteil eingesetzt. Sie wollten, dass statt Panzer, Waffen oder U-Booten beispielsweise Bahnen oder Busse gebaut werden.
Auch im sächsischen Görlitz sollen demnächst in einen Werk, das über Jahrzehnte Bahnen herstellte, Bestandteile für Panzer produziert werden. Antimilitarist:innen aus dem Umfeld der Projektwerkstatt Saasen organisierten dagegen Anfang Mai Aktionstage unter dem Motto »ÖPNV statt Panzer«. Obwohl sie vor allem auf Resignation stießen (siehe den Artikel auf dieser Seite), sind Aktivist:innen wie Jörg Bergstedt überzeugt: »Nur die Arbeiter:innen könnten noch verhindern, dass in dem Werk Panzer produziert werden.«
Diese Erkenntnis hatte die Arbeiterbewegung schon vor dem Ersten Weltkrieg. Anders als vor über 110 Jahren sind organisierte Kriegsgegner in der Belegschaft der Werke allerdings deutlich seltener.
An den Protesten gegen die Konversion hin zur Rüstung im Wedding und in Görlitz nahmen viele junge Menschen teil. In den Redebeiträgen wurden Themen angesprochen, die gerade sie betreffen. Beispielsweise berichteten Studierende, dass an Hochschulen zunehmend für die Rüstung geforscht wird. Zivilklauseln, die das verhindern sollten, werden ignoriert, missachtet oder, wie in Bayern, sogar verboten.
Der Veteranentag
Ein antimilitaristischer Protestschwerpunkt wird der sogenannte Veteranentag werden. Nach dem Willen der Bundeswehr wird er jedes Jahr am 15.Juni in verschiedenen Städten mit Familienfeiern begangen. So will das Militär mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit erlangen.
Mittlerweile gibt es Protestbündnisse in einigen dieser Städte. In Berlin ging die Initiative dazu von dem libertär-gewaltfreien Antikriegsrat aus. Im Vorfeld will ein bundesweites antimilitaristisches Aktionsnetzwerk mit gezielter Plakatveränderung den Veteranentag und auch die Bundeswehr und ihre Tradition in den Fokus der Kritik rücken.*
Bei diesen antimilitaristischen Aktivitäten engagieren sich viele junge Menschen, die an den traditionellen Aktionen der Friedensbewegung oft nicht teilnehmen. Der neue Antimilitarismus richtet sich gegen konkrete Auswirkungen des militaristischen Zeitenwende. Allerdings haben diese Initiativen oft wenig Kontakt untereinander. Es wäre sinnvoll, wenn sie sich untereinander besser koordinieren würden. Eine Gelegenheit dazu besteht beim antimilitaristischen Aktionscamp des Bündnisses Rheinmetall Entwaffnen, das vom 26. bis 31.August in Köln die Zelte aufbauen will. Peter Nowak
https://www.sozonline.de/2025/06/diesseits-der-alten-friedensbewegung/