Lichtenberg: Bezirksverordnetenversammlung spricht sich nach Protesten für Weiterbetrieb des Jugendclubs aus

Kampf um das Jugendzentrum „Linse“

. Das wäre doch mal eine gelungene Kooperation zwischen bedrohten Einrichtungen in Ost- und Westberlin. Jugendliche wehren sich gegen die Schließung eines Jugendclubs in Lichtenberg, und ein aus Schöneberg vertriebenes Jugendzentrumskollektiv wird darauf aufmerksam und bekommt möglicherweise neue Räume.

Dass in der Jugendarbeit Mittel gestrichen und daher Jugendclubs geschlossen werden, ist eine traurige Realität in vielen Stadtteilen Berlins, die kaum noch
Schlagzeilen macht. Das ist bei der „Linse“ anders. Seit mehreren Wochen treffen sich…

… an jedem Mittwochnachmittag junge Menschen vor dem Rathaus Lichtenberg. Sie fordern den Erhalt des Jugendzentrums, das seit über 30 Jahren in der Parkaue existiert hat. Es war zum Jahresende 2023 geschlossen worden. Den Grund hat der Vorstandsvorsitzende der SozDia-Stiftung Berlin, der Trägerorganisation des Jugendclubs, schon vor einigen Monaten im Tagesspiegel klar benannt. Es sei einfach nicht mehr genug Geld vorhanden. Doch das wollen viele Nutzer/innen und Unterstützer/innen nicht hinnehmen. Sie haben sich im linken Solidaritätsnetzwerk Berlin organisiert und mit ihren regelmäßigen Kundgebungen seit Oktober letzten Jahres schon einiges erreicht. Sie haben sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass der Jugendclub seit dem 31. Januar leer steht. An diesem Tag musste der Gemeinnützige Verein Libero e.V., der sich der Förderung der Rockmusikkultur in Lichtenberg widmet, seine Musikinstrumente aus der Linse räumen. Dem Verein, der dort seine Proberäume hatte, war gedroht worden, dass das Equipment sonst auf seine Kosten beräumt und eingelagert wird. Der Verein hat auch an den bisher drei Runden Tischen teilgenommen, den die Jugendlichen gemeinsam mit Unterstützern aus Lichtenberg, darunter der Bezirksgruppe der Berliner MieterGemeinschaft, initiiert haben. Am Runden Tisch wurden die Forderungen formuliert, die in dem Antrag „Erhalt der Jugendfreizeiteinrichtung Linse“ mündeten. Einen wichtigen Teilerfolg erzielten die Verteidiger/innen der Linse am 24. Januar. Denn an diesem Tag hat die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg den Antrag in großen Teilen übernommen, berichtet Lewin vom Solidaritätsnetzwerk Berlin. „Die Annahme des Beschlusses ist auf unseren gemeinsam organisierten Druck hin geschehen, nicht weil den Politiker/innen das Thema am Herzen liegt“, betont Lewin.

Neue Chance für die Potse
Doch für ihn ist auch klar, dass mit dieser Entscheidung der BVV der Jugendclub
noch nicht gerettet ist. So seien die Formulierungen an einigen Stellen sehr vage geblieben. Zudem sei nicht klar, ob bei den Runden Tischen, die der Bezirk nach dem BVV-Beschluss einberufen soll, auch die Initiativen und Einzelpersonen, die in den letzten Monaten für den Erhalt der Linse auf die Straße gegangen sind, ihren Platz finden werden. Ihre Forderungen werden von Lewin klar benannt „Dazu gehört, dass die Politik schnellstmöglich die Sanierung der Räume de Jugendclubs in die Wege leitet, damit die
Aktivitäten dann gemeinsam mit dem Potse-Kollektiv wieder aufgenommen
werden können.“ An den Namen Potse können sich viele vielleicht noch erinnern. Es handelt sich um ein Kollektiv, das über viele Jahre gemeinsam mit dem Drugstore einen Jugendclub in Schöneberg in der Potsdamer Straße betrieben hat. Über mehrere Jahre wehrten sich beide Trägergruppen
gegen ihre Verdrängung, letztendlich vergeblich. 2022 musste auch die Potse ihr Domizil verlassen. In der Zollgarage in der Nähe des Tempelhofer Felds, wo sie seitdem untergekommen ist, kann sie viele ihrer bisherigen Aktivitäten aber nicht durchführen. Aber nach dem „gütlichen“ Umzug war die Potse weitgehend aus den Medien verschwunden. Daher sah auch der Bezirk SchönebergTempelhof keine Veranlassung mehr, die vor dem Zwangsumzug zugesagten Sanierungsarbeiten in der Zollgarage tatsächlich durchführen zu lassen. Jetzt sieht das Potse-Kollektiv die Chance, in der Linse seine Arbeit doch noch fortsetzen zu können. Das wäre doch mal eine gelungene Kooperation zwischen bedrohten Einrichtungen in Ost- und Westberlin. Jugendliche wehren sich gegen die Schließung eines Jugendclubs in Lichtenberg, und ein aus Schöneberg vertriebenes Jugendzentrumskollektiv wird darauf aufmerksam und bekommt möglicherweise neue Räume. Aber noch ist es nicht soweit, und „dafür müssen wir weiter kräftig Druck machen“, gibt Lewin die Marschrichtung vor.

Peter Nowak