Der Lichtenberger Jugendclub »Linse« muss wohl wegen mangelnder finan­ zieller Förderung schließen. Jugendli- che des Soli-Netzwerkes protestieren dagegen.

Protest für die »Linse«

In den nächsten Wochen wollen die Jugendlichen vom Soli- Netzwerk immer ab 17 Uhr vor dem Rathaus Lichtenberg gegen die drohende Schließung protestieren. Am 17. November ist eine Demonstration durch Lichtenberg geplant. Die Aktivist*innen hoffen, dass sich auch die Nutzer*innen der beiden anderen Clubs von ihrem Widerstandsgeist anstecken lassen.

Etwa zehn Jugendliche haben sich am Mittwochnachmittag vor dem Lichtenberger Rathaus versammelt. Auf einem Infotisch liegen Flugblätter mit der Parole »Die Linse muss bleiben«. In kurzen Abständen wendet sich Lewin mit einem Mikrofon an die Passant*innen: »Wir sind hier, weil sie uns den Jugend- club wegnehmen wollen.« Dem beliebten Treffpunkt, etwa 500 Meter vom Rathaus entfernt, in der Parkaue an den S-Bahngleisen, droht nach Angaben der Sozdia-Stiftung wegen mangelnder bezirklicher Förderung die Schließung. In der ruhigen, etwas abgelegenen Wohngegend sind …

… die Veränderungen unübersehbar. Das Theater an der Parkaue, mit dem Jugendclub kooperiert, ist eine Baustelle. Noble Wohnungen sind in der Nachbarschaft entstanden. Zwei Frauen, die gerade ihre Hunde ausführen, winken gleich ab, wenn sie nach der »Linse« gefragt werden. »Wir wissen nicht genau, wo der Eingang zum Jugendclub ist. Aber, wenn es dort Konzerte gibt, sehen wir immer junge Leute auf der Suche«, sagen sie, bevor sie weitergehen. Von der drohenden Schließung haben sie noch nichts gehört.

Auch auf der Webseite der »Linse« findet sich darüber kein Wort. »Im offenen Bereich sind alle willkommen, die einen Ort zum Ab- hängen, Quatschen, Spielen und Ausruhen suchen«, heißt es da. »Jeden Montag und Freitag ist dieser für euch geöffnet.« Dann werden die verschiedenen Angebote benannt, wie Siebdruckwerkstatt, Computerraum und Bandproberäume. »Sie werden von Musiker*innen noch immer viel genutzt. Aber insgesamt ist das Angebot im Jugendzentrum in den letzten Jahren zurückgefahren worden«, sagt Salim. Er gehört zur Gruppe der Jugendlichen, die sich vor dem Rathaus für die »Linse« einsetzen. Wie Lewin ist er im Solidaritätsnetzwerk Berlin aktiv. »Wir sind eine sozialistische Jugendorganisation mit bundesweiter Vernetzung und setzen uns für die Organisierung von Arbeiter*innen, Mieter*innen und Jugendlichen ein«, sagt Lewin.

Jeden ersten Dienstag im Monat laden sie zum Stammtisch in die »Linse« ein. Bei dem Treffen unterhalten sie sich über Unterstützung von Arbeitskämpfen und verteilen Plakate im Stadtteil, auf denen Gewalt gegen Frauen angeprangert wird. Aktuell ist der Kampf für den Erhalt des Jugendclubs, in dem sie sich regelmäßig treffen, eine wichtige Arbeit des Soli-Netzwerkes. »Doch es geht uns nicht nur darum, dass wir den Ort verlieren, wo wir uns treffen. Da würden wir schon einen Ersatz finden«, betont Lewin. »Es ist für uns eine politische Angelegenheit, dass Treffpunkte für die Jugend geschlossen werden sollen, weil angeblich kein Geld vorhanden ist. Dafür werden Millionen in viele unnütze Projekte gesteckt«, so die Kritik von Salim.

Er weist darauf hin, dass zwei weitere Jugendclubs aus finanziellen Gründen von Schließung bedroht sind: das »Phönix« in Lichtenberg und das »Horn« in Treptow-Köpenick. »Es ist eine traurige Nachricht für uns alle, dass wir diese Arbeit an den genannten Orten nicht weiterführen können«, sagt Michael Heinisch-Kirch, Vorstandsvorsitzender der Sozdia-Stiftung Berlin, der Trägerorganisation der Jugendclubs gegenüber dem »Tagesspiegel«. Doch die Gelder würden nicht reichen: »Wir haben keine andere Chance, als unsere Mittel auf unsere sechs verbleibenden Jugendklubs zu konzentrieren.«

Die im SoliNetzwerk organisierten Jugendlichen wollen für die »Linse« kämpfen. Ein junger Mann aus der Nachbarschaft hat auf der Kundgebung seine Unterstützung angeboten. Er sei vor einigen Jahren häufiger zu Konzerten in der »Linse« gegangen, nun wolle er sich gegen die drohende Schließung des Jugendclubs engagieren. In den nächsten Wochen wollen die Jugendlichen vom Soli- Netzwerk immer ab 17 Uhr vor dem Rathaus Lichtenberg gegen die drohende Schließung protestieren. Am 07. November ist eine Demonstration durch Lichtenberg geplant. Die Aktivist*innen hoffen, dass sich auch die Nutzer*innen der beiden anderen Clubs von ihrem Widerstandsgeist anstecken lassen. Peter Nowak

Erstveröffentlichungsort: