Eine Initiative verleiht als Kritik an tödlichen Grenzregimes Preise an zwei Fluchthelfer. Einer der beiden sitzt in Griechenland im Gefängnis.

Fluchthilfe braucht Netzwerke

Benannt wurde der Preis nach der kommunistischen Widerstandskämpferin Lisa Fittko, die gemeinsam mit ihrem Ehemann und weiteren Genossen Hunderte Verfolgte des Naziregimes über die Pyrenäen von Frankreich nach Spanien schleuste. Eine szenische Lesung von Texten, die Lisa Fittko später über ihre Arbeit als Fluchthelferin verfasst hatte, zeigt auch, dass sie sich auf ein solidarisches ­Umfeld stützen konnte. Dazu gehörten neben einem sozialistischen Bürgermeister einer kleinen südfranzösischen Stadt auch Gendarmen.

 Am Schluss wurde es noch einmal richtig laut im überfüllten Saal des Ballhaus Prinzenstraße im Wedding. „Fight borders – not Migration“ skandierten die Be­su­che­r*in­nen einer Gala für Flucht­hel­fe­r*in­nen, zu der die Organisation borderline europe eingeladen hatte. Ausgezeichnet wurden Mahtab Sabetara und Hamza Haddi, weil sie oder ihre Verwandten geholfen haben, Geflüchtete nach Europa zu bringen. Beide waren dafür kriminalisiert worden. In bewegenden Worten schilderte der marokkanische Menschenrechtsaktivist Hamza Haddi, wie er …

… misshandelt und mehrere Monate in griechischen Gefängnissen verbringen musste. Ihm war von den griechischen Behörden Fluchthilfe vorgeworfen worden, weil er geholfen hatte, das gestrandete Boot, auf dem er mit vielen anderen Geflüchteten saß, an Land zu bringen. Haddi wurde noch einer europaweiten Solidaritätskampagne freigesprochen.

Der zweite Preisträger, Homayoun Sabetara, sitzt noch immer in griechischen Gefängnissen. Er wurde zu einer Haftstrafe von 18 Jahren ebenfalls wegen Fluchthilfe verurteilt. Seine Tochter Mahtab Sabetara nahm für ihn die goldene Lisa entgegen.

Solidarisches Umfeld

Benannt wurde der Preis nach der kommunistischen Widerstandskämpferin Lisa Fittko, die gemeinsam mit ihrem Ehemann und weiteren Genossen Hunderte Verfolgte des Naziregimes über die Pyrenäen von Frankreich nach Spanien schleuste. Eine szenische Lesung von Texten, die Lisa Fittko später über ihre Arbeit als Fluchthelferin verfasst hatte, zeigt auch, dass sie sich auf ein solidarisches ­Umfeld stützen konnte. Dazu gehörten neben einem sozialistischen Bürgermeister einer kleinen südfranzösischen Stadt auch Gendarmen.

Ein solches solidarisches Umfeld für Fluchthelfer*innen, die heute Menschen helfen, in der EU anzukommen, war auch auf der Gala vertreten. Das überwiegend jüngere Publikum verfolgte interessiert die aktuell-politischen, aber auch die historischen Ausführungen über den Begriff Schmuggel und Fluchthilfe.

Nicht alle gleich willkommen

Die polnische Antirassistin Kalina Czwarnog berichtete, wie sie und ihre Mit­strei­te­r*in­nen in den letzten Jahren von der polnischen Polizei verfolgt und kriminalisiert wurden, weil sie Geflüchteten, die über die belarussische Grenze nach Polengelangt waren, Essen und Medikamente brachten. „Nur 100 Kilometer weiter wurden Hel­fe­r*in­nen willkommen geheißen, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Menschen bei der Flucht nach Polen unterstützten“, beschrieb sie, wie Solidarität mit Geflüchteten aussehen kann.

In ihrer Abschlussrede riefen Valerie Hänsel und Kerem Schamberger von Medico International zu einer verstärkten Solidarität mit den Tausenden Menschen auf, die allein in Griechenland unter dem Vorwurf der Fluchthilfe im Gefängnis sitzen. Das ist an einem Abend, in dem in Griechenland bei der Parlamentswahl das rechte Lager gestärkt wurde und die AfD in Sonneberg den ersten Landrat stellte, ein besonders dringlicher Appell. Peter Nowak