Softwareentwickler in Stuttgart klagt seinen Arbeitsvertrag ein

Jahrelang gemobbt und dann gekündigt

Viele der Menschen, die dem Aufruf zum Prozessbesuch folgten, waren über 50 Jahre und konnten die Ausführungen von Gerald D. gut nachvollziehen. «Ältere Menschen gelten schnell als Minderleister und werden von Jüngeren ersetzt, die sich mehr gefallen lassen», sagte ein älterer Prozessbesucher.

Ein Arbeitsgerichtsprozess in Stuttgart zeigt einmal mehr, dass Arbeitsunrecht nicht auf dem Rechtsweg bekämpft werden kann. Etwa 20 Menschen versammelten sich am 14.Januar vormittags vor dem Landesarbeitsgericht in Stuttgart zu einer Protestkundgebung.  «Menschen sind keine Roboter» und «Solidarität mit Gerald» lauteten einige der Parolen auf den Schildern, die dort gezeigt wurden. Die Anwesenden solidarisierten sich mit ….

…. Gerald D., der als Softwareentwickler bei Eltako GmbH gearbeitet hat. Das ist ein mittelständisches Unternehmen aus Fellbach, das als Markführer mit Beleuchtungskonzepten für die Smart-City beträchtliche Profite macht. Gerald D. wurde gekündigt, weil er ohne Erlaubnis des Unternehmens an seinem Arbeitsplatz einen Router angeschlossen hatte, um Zugang zum firmeneigenen Internet zu haben. Für Ulrich Ziegler, Geschäftsführer bei Eltako, war das ein Grund, D. fristlos, und im Anschluss noch einmal fristgerecht zu kündigen. Vor Gericht erklärte Ziegler, durch den Anschluss des Routers sei eine Gefahr für die Kommunikation entstanden, er unterstellte D. sogar, er wolle die Firma schädigen. Beweise dafür nannte er allerdings nicht. Gerald D., der gegen die Kündigung klagte, schildert eine ganz andere Version der Ereignisse. Danach sei die Streit um den Router nur der Höhepunkt eines mehrjährigen Arbeitskonflikts. Bereits 2013 war Gerald D. bei Eltako gekündigt worden, weil die Firmenleitung mit seiner Arbeitsleistung nicht zufrieden war. Dabei seien der Firma seine damaligen gesundheitlichen Probleme bekannt gewesen. Ein Kündigungsschreiben habe ihn sogar kurz vor Weihnachten 2012 in der Rehaklinik erreicht. Doch Gerald D. gewann die Prozesse vor dem Arbeitsgericht. Die Kündigungen waren unwirksam und D. konnte theoretisch an seinen Arbeitsplatz zurückkehren.
In der Praxis aber wurde ihm ein Raum zugewiesen worden, in dem eine Tischtennisplatte stand, aber kein Internetzugang vorhanden war. Das war kein Zufall, wie Geschäftsführer Ziegler vor dem Arbeitsgericht noch einmal klarstellte. D. sollte dort Geräte mit Softwarefehler reparieren, doch er sollte auf keinen Fall Zugang zum firmeneigenen Internet haben. «Ohne vertragsgerechte Aufgaben, isoliert von KollegInnen und ohne Internetzugang habe ich eineinhalb Jahre immer wieder gefordert, dass ich Bedingungen erhalte, damit ich entsprechend meinem Arbeitsvertrag als Softwareentwickler arbeiten kann», erklärte Gerald D. dazu. Als sich nichts an seiner Arbeitssituation änderte, habe er schließlich den Router angeschlossen, um sich an der Homepage der Firma über die technischen Details der Produkte zu informieren.
D. betont, damit habe er seine Weiterbildung als Softwareentwickler vorantreiben wollen. Er habe im Traum nicht daran gedacht, dass der Anschluss des Routers als feindlicher Akt verstanden werden könnte, der zur Kündigung führen würde. In seinem Schlusswort appellierte er an die Richterin, in ihrem Urteil auch den Arbeitgeber an seine Verantwortung zu erinnern, für die vertragsgemäße Ausstattung des Arbeitsplatzes zu sorgen.
Doch die Richterin bestätigte die Kündigung und stürzte damit Gerald D. in existentielle Probleme. Er hat nicht nur seinen Arbeitsplatz verloren, sondern sitzt jetzt zudem noch auf hohen Gerichtskosten.

Außerbetriebliche Solidarität
Viele der Menschen, die dem Aufruf zum Prozessbesuch folgten, waren über 50 Jahre und konnten die Ausführungen von Gerald D. gut nachvollziehen. «Ältere Menschen gelten schnell als Minderleister und werden von Jüngeren ersetzt, die sich mehr gefallen lassen», sagte ein älterer Prozessbesucher. «Die Verhandlung verlief wie nicht anders erwartet. Mein Arbeitgeber fiel mit seinem Anwalt wieder einmal mit Beleidigungen, Diffamierungen, Unterstellungen, Widersprüchen und Lügen auf», kommentierte Gerald D. den Prozess.
Er hat mittlerweile gegen Eltako eine Schmerzensgeldklage wegen vertragswidriger Beschäftigung eingereicht. Dabei stützt er sich auf ein Schreiben des Arbeitgeberanwalts, in dem bestätigt wird, dass er nicht gemäß seines Arbeitsvertrags beschäftigt wurde. Der Gütetermin e vor dem Arbeitsgericht Stuttgart wurde mehrmals verschoben. Zuletzt vom 10.03.2020 um 10:40 Uhr auf den 17.03.2020 um 13:40 Uhr. Weil Gerald D. gegen die ständigen Terminverschiebungen Beschwerde eingelegt hat, ist der endgültige Termin noch offen. Er wird hier bekannt gegeben. Für den Kampf gegen die Mobbingkündigung braucht Gerald D. auch finanzielle Unterstützung. Gespendet werden kann auf das Konto:

Empfänger:aktion ./. arbeitsunrecht e.V.
Stichwort:Gerald
Bank:VR Bank Altenburger Land eG
IBAN:DE13830654080004816153

Hier kann Online gespendet werden: 

www.arbeitsunrecht.de/Gerald


Die Initiative Arbeitsunrecht, die Gerald D. unterstützt, machte den Vorschlag, die Präsenz von Eltako auf der «Light and Building», der Weltmesse für Licht- und Gebäudetechnik, vom 8. bis 13.März 2020 in Frankfurt am Main für Proteste zu nutzen.

Weitere Infos über www.labournet.de/interventionen/solidaritaet.

Peter Nowak