Schwarz gegen Braun und Dunkelrot

Nicht der totalitarismustheoretische Ansatz der CSU ist bemerkenswert, sondern die Schnelligkeit, mit dem nach dem angeblichen Schock über die NSU-Morde die Rhetorikmaschine wieder auf Normalbetrieb gestellt wird

Nachdem die Morde des nationalsozialistischen Untergrunds die Republik erschütterten, wurde wieder verstärkt über ein NPD-Verbot diskutiert. Über die politische Sinnhaftigkeit und die juristischen Möglichkeiten war in den letzten Wochen ausgiebig gestritten wurden. Da wenige neue Argumente dazu kamen, begann sich die Debatte im Kreise zu drehen.

Nun hat die CSU wieder etwas Leben in die Debatte gebracht. Dabei hat ihr Generalsekretär Alexander Dobrindt nur eine Forderung recycelt, die die Partei fast jährlich zum Jahresbeginn vor ihrem Klausurtreffen in Bad Kreuth wiederholt. Wie auch im letzten Jahr forderte Dobrinth erneut, ein Verbot der Linkspartei zu prüfen. Nun ist allen Beobachtern klar, dass diese Forderung keine praktische Relevanz haben wird. Nicht nur aus der FDP, sondern auch aus der Union wurde die Forderung sofort zurückgewiesen.

Natürlich soll damit nur der betont konservative Kurs der CSU unterstrichen werden. Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag Gerda Hasselfeldt hat schon vor einigen Tagen die Vorlage geliefert, als sie in der FAZ für mehr Deutschland in Europa eintrat und Kriterien forderte, mit denen renitente Staaten aus der Eurozone gewiesen werden können. Hasselfeldt hat auch ihren Generalsekretär bei dem Kampf gegen die Linke sekundiert. Die Beobachtung der Partei durch den Verfassungsschutz ist für sie selbstverständlich, ein Verbot wollte sie nicht ausschließen. Zudem solle wie die NPD auch die Linkspartei von der finanziellen Förderung durch den Staat ausgeschlossen werden.

Wie im letzten Jahr

Eigentlich müsste man sich fragen, ob die CSU-Politiker tatsächlich die Forderungen vom Vorjahr, nur mit einigen aktuellen Vorbemerkungen versehen, immer wiederholen. Im letzten Jahr war es die Kommunismusdebatte, die auch die CSU gegen die Linkspartei aufgebracht hat. In diesem Jahr ist es die Debatte um das NPD-Verbot. Nach dem Prinzip einer Gleichbehandlung wird dann eben auch wieder ein Verbot der Linkspartei in Erwägung gezogen.

Doch selbst diese scheinbare totalitarismustheoretische Gleichbehandlung ist nur oberflächlich. Denn bei der CSU gilt schon seit den Tagen von Franz Josef Strauss das Prinzip, dass sie dafür sorgen will, dass rechts von ihr keine Partei sich etablieren kann. Das heißt, sie stellt selber Forderungen, die ein rechtes Klientel befriedigen und einbinden soll. Mehr Deutschland in Europa gehört dazu. Wenn die SPD aber dafür sorgen wollte, dass links von ihr keine Partei sich etablieren kann, also Wähler der Linkspartei einbinden wollte, käme aus der CSU sofort das Lamento, die SPD drifte nach links ab und verlasse den Konsens der Demokraten, der nach dieser Lesart wohl weit rechts der Mitte liegen muss.

Nichts gelernt aus dem NSU-Schock?

Was bei den aktuellen CSU-Forderungen besonders auffällt, ist der Zeitpunkt. Es ist erst einige Wochen her, dass das Bekanntwerden des nationalsozialistischen Untergrunds scheinbar zu einem Schock bei Politik und in der Öffentlichkeit geführt hat. Die Tatsache, dass eine Nazi-Terrorgruppe unbemerkt von der Öffentlichkeit morden konnte und dass niemand auch nur in Erwägung gezogen hat, dass die Täter aus der rechten Ecke kommen könnten, hat scheinbar nachdenklich gemacht. Dass dagegen bei den Opfern die Schuld gesucht wurde und ihre Verwandtschaft und ihre Freunde fast schon als potentielle Verdächtigte behandelt worden sind, schien zumindest etwas Beschämung auszulösen.

Die neuen Forderungen nach einen NPD-Verbot kamen auf, weil es Hinweise gab, dass es Überschneidungen zum NS-Untergrund gegeben haben könnte. Allerdings meinten andere, die Debatte um das NPD-Verbot solle vor allem von der Rolle des Verfassungsschutzes ablenken. Wenn jetzt Dobrinth und Co. ein Verbot der Linkspartei mit der Debatte um ein NPD-Verbot ins Spiel bringen, machen sie deutlich, dass sie zu den Opfern des NS-Untergrundes höchstens ein instrumentelles Verhältnis haben. Die Zeit der Betroffenheit ist um. Die Rhetorikmaschine ist zumindest in der CSU wieder auf Normalbetrieb gestellt.
Peter Nowak