
„Im Januar 2024 erschütterte ein Bericht die Republik. Die Geheimplan-gegen-Deutschland-Recherche des Medienhauses Correctiv.“ So beginnt der knapp 90 minütige Film …
… „Masterplan – das Potsdamer Treffen und seine Folgen“, der noch in der ARD-Mediathek zu sehen ist. Befragt wurden neben den drei Correctiv-Mitarbeitern Jean Peters, Marcus Bensmann und Justus von Daniels auch eine Aussteigerin aus der rechten Szene, ein ehemaliger hessische Landtagsabgeordneter der AfD und der Jurist Ulrich Vosgerau , Mitglied der rechten Werteunion und Teilnehmer des Potsdamer Treffens (Klagen gegen die Correctiv-Darstellung des „Geheimtreffens“ von Rechten).
Der Film erhebt den Anspruch, die Ereignisse rund um die Konferenz im November 2023, aber auch die Hintergründe der Correctiv-Recherche mit dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ zu rekonstruieren. Ein löbliches Vorhaben. Schließlich hatte die Recherche im Winter 2024 eine monatelange landesweite Protestwelle gegen rechts ausgelöst (Massenhafte Proteste gegen rechts und eine völkische Gesellschaft). Doch die Aufregung ist schnell wieder abgeklungen. Auf die Wahlergebnisse der AFD hatten sie keinen dämpfenden Einfluss, wie sich spätestens bei der Bundestagswahl zeigte. Da wäre es mehr als ein Jahr später angebracht, kritisch zu reflektieren, ob das auch an der Art der Präsentation der Recherche lag, die erkennbar auf moralische Empörung ausgelegt war. Doch da findet man bei den Correctiv-Journalisten wenig Neigung zur Selbstkritik.
Wenig kritische Nachfragen bei Correctiv
Die Filmemacher nutzten wiederum nicht die Gelegenheit, auch bei den Correctiv-Journalisten so kritisch nachzufragen, wie sie es erfreulicherweise bei den Rechten taten. Dabei hätte es im Film einige Ansatzpunkte für kritische Nachfragen gegeben. So gab es im Correctiv-Team anfangs keinen Konsens, was in der Berichterstattung über das Treffens besonders hervorgehoben werden sollte. Bensmann habe dann den Plan der Vertreibung von Millionen in Deutschland lebender Menschen als das Skandalöse benannt, erklärte Jean Peters. Ihm sei das gar nicht aufgefallen, sagt der Journalist, der sich in das Tagungshaus eingemietet hat und als der Mann mit der großen Armbanduhr, der zweimal in das Treffen platzt und nach Kaffee fragt, bekannt geworden ist. War die Konzentration auf die Abschiebepläne eine richtige Entscheidung? Diese Frage wäre ja nach über einem Jahr angebracht.
Der falsche Vergleich mit der Wannseekonferenz
Zumal dann auch noch falsche historische Analogien wie der Vergleich des Potsdamer Treffens mit der Wannseekonferenz auch bei Menschen für Kritik sorgten, die die antifaschistische Intention des Correctiv-Teams teilten. Zu diesen Kritikern gehört der Journalist Steffen Niggemeier, der schrieb, dass die Correctiv-Recherche Kritik statt Preise verdient habe. Er moniert, dass in dem Correctiv-Bericht mehr gemutmaßt als bewiesen worden sei. Auch an der Analogie mit der Wannseekonferenz übt Niggemeier Kritik.
Erstaunlich ist, dass das Correctiv-Team diesen Vergleich in dem Film verteidigen. Jean Peters sagt, dass der Vergleich nur an einem Punkt hinke, weil die Teilnehmer des Treffens noch nicht an der Macht sind. Auch hier wird das Spezifische der Wannseekonferenz verkannt. Dabei handelte es sich um ein Treffen von 15 hochrangigen NS-Funktionären am 20. Januar 1942, auf dem der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und den von der Wehrmacht besetzten Ländern koordiniert wurde. Wenn das rechte Geheimtreffen in Potsdam mit der Wannseekonferenz in Verbindung gebracht wird, wird der eliminatorische deutsche Antisemitismus relativiert, monieren die Kritiker dieser Analogiebildung. Das wurde von Justus von Daniels im Gespräch mit dem Deutschlandfunk im Februar 2024 auch anerkennt. Dort erklärte der Journalist auch, dass der Vergleich des Potsdamer Treffens mit der Wannseekonferenz ursprünglich nicht vom Correctiv-Team kam, sondern von den Medien, die über die Recherche berichten. Da ist es doch erstaunlich, dass ein Jahr später von Correctiv-Mitarbeitern die Analogie weiter verteidigt wird.
Welche Rolle spielte Greenpeace?
Woher weiß Correctiv, was in Potsdam besprochen wurde? Diese Frage stellen auch die Reporter im Film, natürlich ohne Erfolg. Alle Correctiv-Journalisten verweigern mit Recht jede Auskunft dazu mit dem Verweis auf den journalistischen Quellenschutz. Der Konferenz-Teilnehmer Ulrich Voßgerau stellt die These in den Raum, die Informationen kämen vom Verfassungsschutz, musste aber einräumen, dass er dafür keine Beweise hatte. Alle im Film interviewten Correctiv-Mitarbeiter weisen jegliche Kooperation mit dem Verfassungsschutz zurück.
Was allerdings interessieren würde, ist die Rolle von Greenpeace bei der Correctiv-Recherche. Greenpeace-Mitarbeiter Nils Jansen berichtet von dem Schiff, das auf dem See vor dem Konferenzhaus schipperte, um das Treffen zu überwachen. Da hätte man doch gerne gewusst, wieso Greenpeace, die ja als Umweltschutzorganisation bekannt ist, überhaupt in das Unternehmen involviert wurde, und ob das bei den Mitgeldern und Spendern der Organisation vielleicht auch für Diskussionen gesorgt hat.
Was hat die Recherche gebracht?
Nach über einem Jahr wäre doch auch die Frage angebracht, warum die kurze Aufregung um das Potsdamer Treffen den Höhenflug der Rechten offensichtlich nicht gestoppt hat. Hat die Art der Präsentation ihn am Ende mit befördert? Diese Frage bleibt offen.
So fällt Bensmann auf die explizite Frage an Schluss des Films, ob es rückblickend richtig war, was sie gemacht haben, nur die Gegenfrage ein: „Was denn sonst?“
Es muss aufhorchen lassen, dass sich Martin Sellner, der Rechtsaußen-Publizist, der der zentrale Redner auf dem Potsdamer Treffen war, bei Correctiv bedankte. Schließlich wäre dadurch der Begriff Remigration erst so richtig bekannt geworden. Er kam sogar ins Wahlprogramm der AfD und mit diesem wurde sie zweitstärkste Partei. Wäre da nicht mehr Selbstkritik von den Rechercheuren angebracht?
Stattdessen sehen wir kurz linksliberale Veranstaltungen, bei denen die Referenten von Correctiv bejubelt und nicht kritisch befragt wurden. Kritik hätte schon beim Titel „Masterplan gegen Deutschland“ beginnen müssen. Denn wer die Rechten als Gegner der Nation labelt, übernimmt schon deren Narrative. Was immer in Potsdam besprochen wurde, es war kein Plan gegen Deutschland, sondern gegen gesellschaftliche Minderheiten. Peter Nowak