Jobcenter sollen wieder einfach zu erreichen sein

Besseren Zugang gefordert

In der Coronakrise haben auch die Jobcenter die Kontaktmöglichkeiten drastisch eingeschränkt. Für viele Betroffene ist dies vor allem in dringenden Fällen ein Problem.

Zu den Menschen, die von der Corona-Pandemie und dem Lockdown besonders betroffen sind, gehören auch Erwerbslose und Aufstocker*innen. Darauf macht erneut das sozialpolitische Bündnis AufRecht bestehen aufmerksam. In dem Bündnis haben sich Erwerbslosengruppen und gewerkschaftliche Initiativen zusammengeschlossen, die sich seit Jahren für die Rechte von Hartz-IV-Bezieher*innen einsetzen und dafür sorgen wollen, dass die Jobcenter kein rechtsfreier Raum sind. In der jüngsten Pressemitteilung fordert das Bündnis, dass Betroffene endlich wieder …

… einen besseren Zugang zu den Jobcentern bekommen müssen.
Seit Beginn der Coronakrise im März 2021 sind Jobcenter und Arbeitsagenturen entweder ganz geschlossen oder nur eingeschränkt erreichbar. Für manche Betroffene kann das ein Vorteil gewesen sein, weil sie nicht ständig zu Terminen in das Jobcenter geladen worden sind. Tatsächlich gingen im letzten Jahr auch die Sanktionen von Hartz-IV-Empfänger*innen zurück, waren aber auch in der Hochphase des Lockdowns nie ganz verschwunden. In den letzten Monaten hat die Sanktionspraxis der Jobcenter nun wieder zugenommen.
Wenn es allerdings um sogenannte passive Leistungen der Jobcenter wie etwa die Regelleistung oder Leistungen der Unterkunft geht, ist eine eingeschränkte Erreichbarkeit für viele sehr problematisch. Hier sei es noch immer so, dass Jobcenter und Arbeitsagenturen nur nach einer digitalen Terminvergabe erreichbar sind, kritisiert die politische Referentin der Koordinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeitslosengruppen (KOS), Heike Wagner, im Gespräch mit dem »nd«. Es bestehe die Gefahr, dass sich diese Praxis durch die fortschreitende Digitalisierung auch nach dem Abklingen der Corona-Pandemie weiter verfestige. »Jobcenter und Arbeitsagenturen müssen niedrigschwellig für alle Menschen spontan zugänglich sein, damit Betroffene dort ihre Probleme vortragen können«, betont Wagner. Sie verweist auf Berichte von Erwerbslosen, dass es auch in Notfällen oft schwierig gewesen sei, jemanden im Jobcenter zu erreichen. Teilweise seien die Betroffenen auf die unabhängigen Beratungsstellen verwiesen worden. Das ist für Wagner ein kritikwürdiges Vorgehen. »Wir unterstützen immer die unabhängigen Beratungen. Aber das kann die Beratung in den Jobcentern und Arbeitsagenturen nicht ersetzen und aus der Verantwortung nehmen«, betont die Referentin des KOS.
Das ist auch die Position des Bündnisses AufRecht bestehen, erklärt deren Sprecher Frank Jäger. Er fordert, sofort ein niedrigschwelliges Angebot von persönlichen Notfallsprechstunden bei allen Jobcentern und Agenturen für Arbeit einzurichten. Sie sollen bundesweit unter Wahrung der erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen zu den gewohnten Öffnungszeiten zugänglich sein, damit Betroffene persönliche Anliegen, die sich anderweitig nicht klären lassen, schnell zur Sprache bringen können. Ignoranz gegenüber dem Problem bescheinigt Jäger der Bundesregierung und verweist auf die Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Dort heißt es, es liege in der Verantwortung der örtlichen Jobcenter, ihre Erreichbarkeit zu gewährleisten. Eine Kontaktaufnahme Betroffener zum Jobcenter sei auch in der Pandemie überall möglich gewesen. Diese Antwort belegt nach Einschätzung Jägers, dass es der Bundesregierung absolut an Problembewusstsein für die Lage von Erwerbslosen fehlt. Peter Nowak

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