Kommentar zur Entscheidung des Leipziger Bundesverwaltungsgericht zur Abschaltung der Plattform Indymedia-Linksunten

Kafka in Leipzig

Juristisch fällt das Verbot von Indymedia-Linksunten hinter die Zensurgesetze der Bismarck-Ära zurück. Die sahen vor, dass die schon gesetzten Seiten oppositioneller Publikationen einem Zensurbeamten zur Kontrolle vorgelegt werden mussten. Der konnte die Veröffentlichung der Artikel untersagen, so dass die gedruckten Zeitungen oft leere Seiten enthielten. Mit dem nun gerichtlich bestätigten Vereinsrecht können nun gleich die Medien in Gänze verboten werden.

Medienverbote leichtgemacht“. So kommentierte der Jurist David Werdermann die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom 29. Januar. Danach hat das 2017 durch das Bundesinnenministerium erlassene Verbot der……

…… linken Internetplattform Indymedia.Linksunten nach dem Vereinsrecht Bestand. „Die verbotene Vereinigung erfüllt nach dem Inhalt der Selbstdarstellungen die gesetzlichen Voraussetzungen des Vereinsbegriffs“, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts. Linksunten.indymedia“hatte sich auf dem Gründungstreffen 2007 als eine Gruppe von Menschen klassifiziert, die eine linke Gegenöffentlichkeit herstellen und soziale Bewegungen auch auf lokaler Ebene stärker vernetzen wollten. Über die Verbotsgründe hat das Gericht nicht entschieden, weil nicht der Verein geklagt hatte. 5 Personen aus Freiburg, denen im August Im2017 die Verbotsverfügung wenige Wochen nach den nicht immer in denGrenzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung verlaufenen Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg zugestellt wurde, hatten das Gericht als Einzelpersonen angerufen. Klageberechtigt wären sie aber nur gewesen, wenn sie als Verein geklagt und sich damit selbstbelastet hätten. „Ich kann mich nicht des Eindruckes erwehren, dass Franz Kafka das Drehbuch für dieses Verfahren verfasst hat“, kommentierte die Bundestagsabgeordnete der Linken Ulla Jelpke das Prozedere. Der Jurist Werdermann hält es über den Einzelfall hinaus aus verfassungsrechtlicher Sicht für fatal, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der Entscheidung juristisch die Möglichkeit eröffnet hat, Medien wegen ihrer Veröffentlichungen mit einem Vereinsverbot zu belegen. Juristisch fällt das Verbot von Indymedia-Linksunten hinter die Zensurgesetze der Bismarck-Ära zurück. Die sahen vor, dass die schon gesetzten Seiten oppositioneller Publikationen einem Zensurbeamten zur Kontrolle vorgelegt werden mussten. Der konnte die Veröffentlichung der Artikel untersagen, so dass die gedruckten Zeitungen oft leere Seiten enthielten. Mit dem nun gerichtlich bestätigten Vereinsrecht können nun gleich die Medien in Gänze verboten werden. Die Unterstützung aus dem Bereich der kritischen Medien für Indymedia.Linksunten blieb seit der Abschaltung der Plattform gering. Dabei wäre es nicht darum gegangen, sich mit den dort geposteten Inhalten zu solidarisieren, sondern einzufordern, dass man sie unzensiert lesen und auch kritisieren können muss. Doch wer will sich schon der Gefahr aussetzen, nach dem Vereinsrecht sanktioniert zu werden? Peter Nowak