Vorwurf: Verstöße gegen Ordnungsauflagen bei Camp

Kriegsgegnerin vor Gericht

Während des »Rheinmetall Entwaffnen«-Camps im September in Kassel hatte das Ordnungsamt nichts zu beanstanden. Dennoch soll sich die Anmelderin nun vor Gericht verantworten.

 Für Sabine Löser* beginnt das neue Jahr mit einem Prozess. Am 2. Januar findet am Amtsgericht Kassel ein Verfahren gegen sie statt. Vorgeworfen wird ihr unter anderem die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Löser war Anmelderin eines Protestcamps des bundesweiten Bündnisses »Rheinmetall Entwaffnen«, das vom 30. August bis 4. September in Kassel stattgefunden hat. Fast eine Woche war das Camp Ausgangspunkt antimilitaristischer Aktionen gegen die in Kassel besonders zahlreich vertretene Rüstungsindustrie. Die Polizei hatte sich während der Aktionstage größtenteils zurückgehalten. Allerdings war sie bei der Abschlusskundgebung in der Kasseler Innenstadt massiv vertreten; es kam zu mehreren kurzzeitigen Festnahmen, unter anderem wegen des Klebens von Stickern. Nun wird der Anmelderin des Camps unter anderem vorgeworfen, ….

… Verstöße gegen Auflagen des Ordnungsamtes zugelassen zu haben. So soll sie nicht verhindert haben, dass der Hund einer Teilnehmerin sich frei auf dem Platz bewegen konnte.  »Dabei wurde die Einhaltung der Auflagen bei einer zweiten Begehung des Ordnungsamtes Anfang September ausdrücklich bestätigt«, heißt es in einer Erklärung des Bündnisses »Rheinmetall Entwaffnen«. Das Camp war von konservativen Politiker*innen und Medien in Kassel massiv angegriffen worden. Zugleich versuchten die Behörden mittels kleinlicher Auflagen seine Errichtung in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Kassel-Wilhelmshöhe zu verhindern. Doch die Kriegsgegner*innen klagten und gewannen: Das Camp musste genehmigt werden. Schließlich hatte es zuvor bereits mehrere höchstrichterliche Urteile gegeben, die auch Camps als politische Versammlungen einordnen, für die die Demonstrationsfreiheit gilt. »Rheinmetall Entwaffnen« bezeichnet die gegen die Anmelderin erhobenen Vorwürfe als »absurd«. »Die Staatsanwaltschaft Kassel versucht mit ihrer Anklage das Versammlungsrecht als Grundrecht auszuhebeln und will so künftige Camp-Anmelder*innen abschrecken«, kritisiert die Gruppe in ihrer Stellungnahme zum Prozess.  Dass solche Klagen abschrecken sollen, ist kein abwegiger Gedanke. Schließlich bekamen antimilitaristische Camps angesichts der mit dem Ukraine-Krieg rasant steigenden Profite der Rüstungskonzerne, aber auch schon zuvor, mehr Zulauf. So hatten Aktive von »Rheinmetall Entwaffnen« in den vergangenen Jahren bereits zwei Camps organisiert, unter anderem am Hauptsitz von Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß, wo der Konzern sein Werk erweitert. Doch das Bündnis will sich nicht abschrecken lassen: »Die Repression seitens der Strafverfolgungsbehörden hält uns nicht davon ab, antimilitaristischen Protest auf die Straße und in die Gesellschaft zu tragen«, erklärt eine Sprecherin selbstbewusst. * Name geändert. 
»Rheinmetall Entwaffnen« ruft zur solidarischen Prozessbegleitung auf: Die Verhandlung beginnt am 2. Januar um 10.30 Uhr am Amtsgericht Kassel, Frankfurter Straße 9, im Raum D214. 

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