Union-Busting in der Bildungsarbeit – von Peter Nowak*

Es ist nicht alles Gold…

Doch das grundlegende Problem ist die gewerkschaftliche Schwäche im Bereich der Bildungsarbeit. Die Gründe bringt Ex-DQG-Betriebsrätin Melanie Schmitz so auf den Punkt. „Die Angst ist groß bei den Beschäftigten. Ein Grund liegt in den Befristungen der Arbeitsverhältnisse. "

„Goldnetz ist ein arbeitsmarktpolitischer Dienstleister in Berlin, der seit 1991 als gemeinnütziger Verein und seit 2004 zudem als gemeinnützige GmbH in Berlin arbeitsmarkt- und frauenpolitische Maßnahmen und Projekte konzipiert und umsetzt“, heißt es auf der Webseite des Bildungsträgers Goldnetz. Als Leitbild wird die „Orientierung an den Werten einer offenen, pluralistischen und demokratischen Gesellschaft“ hervorgehoben. Die gewerkschaftliche Organisierung der Beschäftigten fällt wohl nicht unter diese Werte. Darum geht es der von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di organisierten Kampagne …

… „ Für die gute Sache – aber zu welchem Preis? “. Ziel ist ein Branchen-Tarifvertrag für den Bereich der Bildungs- und Beratungsarbeit, der vom Land Berlin (teil-)finanziert ist. Doch für drei bei Goldnetz in der Bildungsarbeit beschäftigte Frauen endete der Versuch, im Rahmen dieser Kampagne gewerkschaftliche Strukturen aufzubauen, mit dem Verlust ihrer Jobs. Ihre befristeten Verträge wurden nicht mehr verlängert.

Goldnetz ist keine Ausnahme, wie der zuständige ver.di-Sekretär Andre Pollmann im Gespräch bestätigt.

„Wir erleben es nicht selten, dass es bei Unternehmen, die Demokratie und Offenheit in der Welt vermitteln, mit der Demokratie im eigenen Unternehmen nicht weit her ist“, erklärt er. Tatsächlich ist Union-Busting auf dem Sektor der Bildungsarbeit nicht selten. Ein Grund für scharfe Reaktionen kann schon sein, im Rahmen der Kampagne „ Für die gute Sache – aber zu welchem 
Preis?“ die Chef:innen zu bitten, sich mit Gewerkschafter:innen an einen Tisch zu setzen, wie es die ehemaligen Goldnetz-Beschäftigten taten. Hinzu kommen die Widersprüche in der Politik des rot-rot-grünen Berliner Senats. Einerseits wird eine Privatfirma beauftragt, Gespräche zwischen der Leitung der Bildungsträger und ver.di anzubahnen. Andererseits lässt es der gleiche Senat zu, dass der Gesellschaft für Qualitäts- und Dienstleistungsmanagement (DQG mbH), eines der wenigen Berliner Bildungsunternehmen, in der die Beschäftigten Betriebsräte gewählt hatten, Stellen weggenommen werden.Verantwortlich für die Vergabe der Stellen ist das Dienstleistungsunternehmen zgs consult GmbH, das auf seiner Homepage in technokratischer Sprache damit wirbt, „seit über 20 Jahren Programme und Projekte der Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungsförderung, die aus Bundes-, Landes- oder kommunalen Mitteln oder aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert werden, zu koordinieren“. Nach welchen politischen Zielvorgaben das Unternehmen handelt, wenn es Bildungsunternehmen mit gewerkschaftlicher Organisierung sanktioniert, indem wie beim DQG Stellen gestrichen werden, wäre eine interessante Frage. Dadurch verloren auch zwei Betriebsrät:innen Job und Amt. 

Dazu gehört auch Melanie Schmitz. Zunächst habe die Geschäftsführung an die Öffentlichkeit gehen wollen, nachdem bekannt wurde, dass ausgerechnet einer der wenigen Betriebe mit erfolgreicher Gewerkschaftsarbeit Stellen verlieren sollte. „Als die Senatsverwaltung aber mitteilte, dass sich die DQG noch für ein Beratungsprojekt bewerben dürfe, wollte man die Senatsverwaltung nicht verärgern“, begründet Schmitz, warum man dann doch die Füße still hielt.

Keine Unterstützung aus der Politik

Die von der LINKEN Elke Breitenbach geleitete Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Integration habe signalisiert, dass sie die Kampagne „Für die gute Sache – aber zu welchem Preis? “ nicht unterstützt. „Uns ging es um einen Branchentarifvertrag und bessere Arbeitsbedingungen in der Bildungsbranche insgesamt. Unsere Projekte und damit auch unsere Arbeitsverträge waren in der Regel für ein Jahr befristet. Eine Verstetigung der Projekte wurde leider nie angestrebt, sie bestanden seit 13 beziehungsweise 17 Jahren unter diesen Bedingungen. Diese Bedingungen galten teilweise auch für die Beschäftigten senatseigener Einrichtungen. Die Senatsverwaltung stellte sich immer auf den Standpunkt, für dauerhafte Projekte sei kein Geld da“, erklärt Schmitz die ablehnende Haltung aus der Politik.

Doch das grundlegende Problem ist die gewerkschaftliche Schwäche im Bereich der Bildungsarbeit. Die Gründe bringt Ex-DQG-Betriebsrätin Melanie Schmitz so auf den Punkt. „Die Angst ist groß bei den Beschäftigten. Ein Grund liegt in den Befristungen der Arbeitsverhältnisse. Es ist schwer, Beschäftigte zum Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zu motivieren, wenn die Gefahr besteht, dass sie ihren Job verlieren.“ Darin sieht Schmitz auch den Hauptgrund, warum in einigen der Betriebe im Bildungsbereich die Beteiligungsquote von mindestens 30 Prozent ver.di-Mitgliedern nicht erreicht wurde, die von der Gewerkschaft als Bedingung formuliert wurde, um in Verhandlungen über einen Tarifvertrag einzutreten. Die Sanktionierung der aktiven Gewerkschafter:innen bei Goldnetz hat ebenso zur weiteren Verunsicherung beitragen wie die Schwächung der gewerkschaftsfreundlichen DQC. So wird verhindert, dass sich in der Branche eine kritische Masse bilden kann, die auch zu einem Arbeitskampf bereit wäre. Käme es dazu, dann wären die Chef:innen der diversen Bildungsträger wohl schnell dazu bereit, sich mit ver.di an einen Tisch zu setzen.

  • Peter Nowak ist freier Journalist und arbeitet auch zu Arbeitskämpfen und sozialen Bewegungen für verschiedene Print- und Internetzeitungen. Seine Artikel finden sich auf dem Blog https://peter-nowak-journalist.de
Erstveröffentlichungsort:
https://www.labournet.de/express/