Hoffnung nächste Instanz

Die Klage eines rumänischen Bauarbeiters beim Bau der „Mall of Berlin“ wurde abgewiesen

Die Verhandlung am Berliner Landesarbeitsgericht war am Donnerstagvormittag nach knapp 15 Minuten beendet. Es ging um…

…ein Berufungsverfahren eines rumänischen Bau­arbeiters, der nach eigenen Angaben für seine Arbeit auf der Baustelle der „Mall of Berlin“ nicht bezahlt wurde. Exakt 2.775,20 Euro seien nicht ausgezahlt worden. Doch die Klage wurde abgewiesen.

Der Kläger gehört zu den acht Bauarbeitern, die seit Herbst 2014 gemeinsam mit der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter*innen Union (FAU) um den ihnen zustehenden Lohn kämpfen. Sie organisierten Kundgebungen und Demos rund um die Mall of Berlin und erreichten dadurch zeitweise viel Resonanz in der Öffentlichkeit.

Gleichzeitig versuchten sie auf juristischem Wege ihren Lohn einzuklagen. Vor dem Arbeitsgericht hatten auch mehrere der Kläger Erfolg. Sie gewannen die Prozesse, doch den ausstehenden Lohn bekamen sie trotzdem nicht, weil die beklagten Subunternehmen zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet hatten.

Daraufhin verklagten die Bauarbeiter den Bauherrn, die Firma HGHI Leipziger Platz GmbH & Co KG. Dabei betraten sie juristisches Neuland und könnten noch „Rechtsgeschichte schreiben“, sagte der Berliner Rechtsanwalt Klaus Stähle, der den rumänischen Bauarbeiter vertritt, nach Prozessende. Die Zurückweisung der Klage am Donnerstag sei für ihn keine Überraschung gewesen.

Er hofft allerdings auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt. Dort liegt bereits die Klage eines weiteren rumänischen Bauarbeiters der Mall of Berlin vor, der durch mehrere Instanzen geklagt und noch immer keinen Lohn bekommen hat. Rechtsanwalt Stähle geht davon aus, dass die beiden Klagen zusammengefasst und im Herbst 2019 entschieden werden. Ein Termin steht noch nicht fest.

Niedriglöhne an der Tagesordnung

Sollte das Bundesarbeitsgericht im Sinne der Bauarbeiter entscheiden, könnte das Konsequenzen für die gesamte Bauwirtschaft in Deutschland haben. Schließlich sind dort Niedriglöhne an der Tagesordnung. Oft werden die Beschäftigten, wie bei der Mall of Berlin, über Subunternehmen angestellt. Schriftliche Arbeitsverträge sind selten, was Klagen wegen entgangenen Lohns vor Gericht sehr erschwert. Stähle hofft, dass das BAG mit seiner Entscheidung die Schutzfunktion des Arbeitnehmerentsendegesetzes stärkt und Bauherrn wie die HGHI in die Haftung für die Löhne nimmt, wenn die Subunternehmen insolvent sind.

Auch Hendrick Lackus von der FAU war vom Ausgang des Verfahrens am Donnerstag nicht überrascht. Er verweist darauf, dass die Unternehmerseite auf die Verhandlung bestanden hat, wohl auch um die Prozesskosten in die Höhe zu treiben. Weil die Klage abgewiesen wurde, muss der Beschäftigte dafür aufkommen. Doch auch Lackus hat die nächste Instanz im Blick. „Die FAU geht davon aus, dass die Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht abschließend Klärung bringen wird, ob für die noch klagenden Bauarbeiter eine Chance auf die Auszahlung ihrer Löhne besteht“, sagte ­Lackus der taz.

Peter Nowak

Erstveröffentlichungsort:
http://www.taz.de/!5566414/