Neues soziales Zentrum im alten Schulpavillon

Umsonst-Laden und viel Platz zum Diskutieren

»Was ist denn heute in meiner alten Schule los«, meint die junge Frau, als sie die vielen Menschen sah, die am Samstagabend vor dem Eingang des Geländes der Ohlauer Straße 12 in stehen. Wo bis vor einigen Jahren die Gerhard-Hauptmann-Schule ihr Domizil hatte, wird die Eröffnung eines neuen sozialen Zentrums gefeiert. Neben Veranstaltungen gibt es auch Filmvorführungen und Konzerte.

Benannt ist das Zentrum nach Irving Zola, einem Aktivisten der Behindertenbewegung in den USA. Die Namensgebung ist Programm. »Hier soll ein barrierefreier Raum entstehen, den auch Rollstuhlfahrer ohne fremde Hilfe nutzen können«, meint Michael, einer der Aktivisten des sozialen Zentrums. Schließlich ist der ehemalige Schulpavillon ebenerdig und hat keinerlei Treppen.

Ende vergangenen Jahres ist das Areal in der Ohlauer Straße besetzt worden. In dem mehrstöckigen Hauptgebäude der ehemaligen Schule haben Flüchtlinge, die seit mehreren Monaten in Berlin gegen ihre Lebensbedingungen in Deutschland protestieren, in den Wintermonaten ein Domizil gefunden. In dem Pavillon wurde ein Umsonst-Laden eingerichtet, in dem Kleidung und Haushaltsgegenstände kostenfrei angeboten werden. In den drei weiteren Räumen befinden sich Sofas, Tische und Stühle. Es soll als Treffpunkt für Initiativen aus der Nachbarschaft dienen.

»Wir haben schon seit Jahren für ein soziales Zentrum hier im Kiez gekämpft«, meine Vera. Sie erinnert daran, dass vor fast zehn Jahren ganz in der Nähe von Aktivsten des Berliner Sozialforums eine leerstehende Kita besetzt wurde. Auch sie wollten dort ein Stadtteilzentrum einrichten. Nach wochenlangen Verhandlungen scheiterte das Projekt am Veto des damaligen Innensenators Erhardt Körting.

»Mittlerweile gibt es in Kreuzberg mehrere selbstorganisierte Räume«, freut sich Vera. Sie verweist auf das von Flüchtlingen aus ganz Deutschland errichtete Zeltdorf am Oranienplatz und die Protesthütte gegen hohe Mieten am Kottbuser Tor. »Auch das Irving-Zola-Zentrum soll ein Ort werden, wo sich die Anwohner treffen und für ihre Interessen einsetzen«, betont Michael.

Am Eröffnungswochenende gab es mehrere Veranstaltungen zu der für Donnerstag angekündigten Zwangsräumung einer Familie in der Lausitzer Straße 8, die nach einem jahrelangen Rechtsstreit ihre Wohnung verlieren soll. Ein Bündnis will die Räumung mit einer Blockade zu verhindern. Das war beim ersten Räumungsversuch im Dezember gelungen. Seitdem haben auch andere Familien Probleme mit dem Vermieter öffentlich gemacht und um Unterstützung gebeten. »Ein solcher Widerstand braucht Räume zum Austausch, zur Beratung und zur Vernetzung«, begründet Vera die Einrichtung des Zentrums. Wie lange es existieren kann, wird sich bei den Gesprächen mit dem Bezirksamt zeigen. Bis März besteht eine Duldung für das gesamte Gelände.
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Peter Nowak