Antifa goes Crowdfounding

Zivilgesellschaftliche Initiative sammelt Geld für Internetportal über rechte und rassistische Gewalt

Kann man im Netz Geld verdienen? Diese Frage stellen sich viele Medienarbeiter. Crowdfounding heißt seit einigen Jahren das Zauberwort. Kann das Netz auch zur Finanzierung zivilgesellschaftlicher Projekte beitragen, fragt sich das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum . In den 80er Jahren als Rechercheinitiative von Antifaschisten für Antifaschisten gegründet, ist es mittlerweile eine wichtige Informationsquelle für alle, die sich mit der rechten Entwicklung in Deutschland befassen. Auch viele Journalisten nutzen die Rechercheergebnisse.

Längst sind die Zeiten vorbei, wo die Gründergeneration des Apabiz ihre Archivarbeit in Ordnern zusammenfasste. Die Möglichkeiten, die das Internet für Recherchearbeit bietet, zeigen sich an dem vom Apabiz erstellten NSU-Watchblog, der auf eine übersichtliche, schnelle Einarbeitung in die Thematik auch für Menschen ermöglicht, die nicht ständig die aktuellen Entwicklungen verfolgt haben. In dem Portal Berlin Rechtsaußen kann man sich schnell und präzise über rechte Begebenheiten rund um Berlin informieren.

Nach dem Vorbild von NSU-Watch und Berlin Rechtsaußen plant das Apabiz jetzt ein noch ambitionierteres Projekt, ein interaktives Informationsportal über die extreme Rechte in Deutschland. Die Startversion, die es im Netz zu sehen gibt, macht schon deutlich, welche Vorteile ein solches Mapping des Rechten Deutschland haben kann. Wo bisher in diversen Zeitungen wie wöchentlich in der Jungle World über aktuelle Vorkommnisse rassistischer und antisemitischer Gewalt berichtet wird, können in Zukunft Orte angeklickt werden. Treffpunkte der extremen Rechten sollen dort ebenfalls dokumentiert werden, wie die aktuell recherchierten rechten Vorhaben und Projekte. Auch die rechte Vergangenheit soll interaktiv abgerufen werden können.

Rechter Hotspot Nordrhein-Westfalen

Dass eine solche kartographische Darstellung einen genaueren Einblick in das rechte Treiben gibt, macht Apabiz-Mitarbeiter Felix Hansen an einen Beispiel deutlich. „Mit einer Karte, wie wir sie planen, kann man sich relativ einfach durch bestimmte Kategorien durchklicken und Schwerpunkte in bestimmten Regionen erkennen, in denen rechte Entwicklungen stattfinden.“

So kann man bei der Dokumentation rechter Morde feststellen, dass einer der Schwerpunkte das Bundesland Nordrhein-Westfalen ist. Ein solcher Schwerpunkt sei im öffentlichen Bewusstsein oft nicht vorhanden, denn dort werde meist nur Ostdeutschland als Zentrum rechter Gewalt wahrgenommen, so Hansen. Das liegt sicher auch an der medialen Berichterstattung, wo rechte Vorkommnisse in Ostdeutschland besonders in Mecklenburg-Vorpommern eher mit ausführlichen Reportagen und Fernsehbeiträgen bedacht werden, als wenn sie in einen alten Bundesland geschehen. Es ist natürlich auch bequemer, weil man dann die Verantwortung noch auf die Politik der ehemaligen DDR verlagern kann.

So war es auch bei den letztjährigen Gedenkveranstaltungen zum 20. Jahrestag der rassistischen Kundgebungen in Rostock-Lichtenhagen und [Hoyerswerda http://rassismus-toetet.de/?p=1497] schwieriger, auch Mannheim-Schönau mit in die Gedenkkultur aufzunehmen. Auch dort fanden vor 20 Jahren massive rassistische Ausschreitungen statt.

Im Internetportal kann die Geschichte und Gegenwart von Rassismus und extrem rechter Gewalt hingegen viel realistischer dargestellt werden, weil es eben um die Dokumentierung der Fakten und nicht um die mediale Aufarbeitung geht. Eine solche Dokumentation setzt aber eine besonders gründliche und arbeitsintensive Vorarbeit voraus. Schließlich müssen alle Meldungen aufwendig gegenrecherchiert werden.

Dafür aber wird Geld gebraucht. Deshalb hat das Apabiz unter dem Motto „Antifa goes Crowdfounding“ im Internet Geld für das neue Portal gesammelt. Die Zielmarke war klar: „Wenn bis zum 31. Januar nicht 5000 Euro zusammenkommen, wird es das Projekt nicht geben und die Spender bekommen ihr Geld zurück erstattet.“ Mittlerweile wurden allerdings schon mehr als 5500 Euro gesammelt. Doch das Apabiz will bis zum 31. Januar weiter um Gelder werben. „Wenn mehr Geld zusammenkommt, könnte man auch mehr Arbeit in das Projekt stecken“, so Hansen. Sollten sogar mehr als 8000 Euro zusammenkommen, würde ein Teil des Geldes in einem Fond zur Beobachtung des NSU-Prozesses fließen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/153628
Peter Nowak