Auch der Gang ins Netz bewahrt nicht vor Zeitungskrise

Mit dem Freitag ist ein Medienprojekt betroffen, das gerade mit der besonderen Nutzung des Internets neue Wege aufzeigen wollte

„Medienkrise“, dieser Begriff könnte durchaus auch das inoffizielle Wort des Jahres werden. Die Financial Times ist schon eingestellt, bei der Frankfurter Rundschau besteht noch Hoffnung auf die Rettungsroutine. Jetzt bleibt auch bei der Wochenzeitung Freitag „nichts wie es war“, wie ein Onlineautor die aktuelle Lage treffend beschreibt.

Klar ist, dass sich einiges ändern wird, doch niemand weiß so recht, wie die Zeitung danach aussieht. Sicher scheint nur, dass es bei der Wochenzeitung Stellenstreichungen geben wird.

„Wir müssen jetzt alles tun, dass der Freitag als Wochenzeitung am Leben bleibt. Das ist das oberste Ziel. Der Freitag soll nicht das Schicksal von FR und FTD erleiden“, erklärte Herausgeber Jakob Augstein gegenüber MEEDIA und bestätigte damit nur, was vielen bekannt war. Das Projekt war auch nach Augsteins Übernahme 2008 aus der Verlustzone nicht herausgekommen. Dabei hat die Wochenzeitung nach Angaben der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) gegenüber dem Vorjahr sogar leichte Zugänge bei den Abonnenten erzielt, was bei einer Printausgabe heute schon ein Erfolg darstellen dürfte.

Daher wurde auch sehr kritisch kommentiert, dass ausgerechnet jetzt der Herausgeber seine Kürzungspläne ankündigte. Die Taz, in der viele ehemalige Freitag-Redakteure arbeiten und die daher als gute Informationsquelle gilt, nannte auch Zahlen, die gravierende Einschnitte bedeuten würden, sollten sie tatsächlich umgesetzt werden. Demnach sollen 9 Stellen eingespart werden, was die Reduzierung der schon jetzt sehr kleinen Redaktion um ein Viertel bedeuten würde.

Kritiker bemängeln, dass das Ressort Innenpolitik beim Freitag weitgehend brachliegt, nachdem der dafür jahrelang verantwortliche Redakteur Tom Strohschneider die Zeitung verlassen hat. Er versucht mittlerweile als Chefredakteur das Neue Deutschland in eine moderne linke Tagezeitung zu transformieren, die auch für Leser außerhalb des SED-Zusammenhangs interessant sein soll.

Projekt oder normale Zeitung?

Die Kritik an Augstein hat schon zugenommen, als er vor einem Jahr die vier Mitherausgeber vor die Tür gesetzt hat. Eine der Betroffenen, die Publizistin Daniela Dahm. berichtet, was nach einer kontroversen Diskussion über die Funktion des Herausgeberkreises geschah: „Zehn Tage später bekamen alle Herausgeber von Jakob Augstein einen Brief, in dem er uns für unsere hilfreiche Begleitung in der Zeit des Überganges dankt. Diese Phase sei nun abgeschlossen, der Freitag habe den Charakter eines ‚Projekts‘ gegen den einer ’normalen Zeitung‘ eingetauscht, woraus folge, ‚dass das Institut der Herausgeber sich für den Freitag überlebt hat‘.“

Auch wenn Dahn inhaltliche Gründe für die Trennung von den Herausgebern erwähnt, haben doch viele Freitag-Leser diesen Schritt nicht allzu sehr bedauert. Hatten doch die Herausgeber ihre Funktion vor allem dafür genutzt, oft sehr lange moralisch aufgeladene Abhandlungen in die Zeitung zu bringen, mit denen sie ihre Rolle als Querdenker festigen wollten. Vor allem aber standen die Herausgeber für das Konzept einer Printzeitung alten Stils.

Modell Guardian auf deutsche Medienlandschaft nicht anwendbar?

Dabei lag das Projekthafte beim Freitag gerade daran, dass sie nach dem Modell des britischen Guardian auch in Deutschland das Modell einer Zeitung etablieren wollte, für die die Onlineausgabe ein eigenständiger Bereich und nicht ein Abfallprodukt der Printausgabe ist.

So sind auf Freitag-Online völlig eigenständige Artikel und Interviews und nicht nur längere Fassungen aus der Printausgabe zu finden. Zudem wurde auch der Community-Bereich beim Freitag in den letzten zwei Jahren ausgebaut. Zudem sollten die einzelnen Bereiche durchlässig sein. So kam es immer wieder vor, dass interessante Beiträge aus dem Community-Bereich entweder in die Online-Ausgabe oder seltener in die Printausgabe übernommen wurden. Vor zwei Jahren wurde dieses Konzept auf einer Veranstaltung im Rahmen der Linken Medien Akademie als beispielgebend für die Zeitungsbranche gelobt.

Nun wäre zu fragen, was von diesen Ansprüchen übrig geblieben ist. Wurden sie nicht eingelöst und warum lasst Augstein, der sein Geld nicht beim Freitag verdient, einem solchen Projekt nicht mehr Zeit? Ist er zu dem Schluss gekommen, dass das Modell Guardian für die deutsche Medienlandschaft nicht geeignet ist? Jedenfalls zeigt die erneute Krise des Freitag, dass auch ein Gang ins Netz keine Überlebensgarantie für Printmedien ist.

http://www.heise.de/tp/blogs/6/153384
Peter Nowak