Arbeitskämpfe in China

Die Berliner IG Metall informiert über das Reich der Mitte

So viele Arbeitskämpfe wie derzeit in China gibt es nirgends. Gewerkschafter diskutierten in Berlin, wie der Kontakt zu den Arbeitern dort verbessert werden kann.
Von der Wirtschaftsmacht China ist medial viel die Rede. Dass dort mittlerweile weltweit die meisten Arbeitskonflikte stattfinden, dürfte weniger bekannt sein. Deshalb war der Saal des IG-Metall-Verwaltung in Berlin schnell überfüllt, als am 7. Dezember über die Frage diskutiert wird, was die Arbeitskämpfe in China mit hiesigen Gewerkschaftern zu tun haben. Die Veranstaltung fand im Rahmen einer Ausstellung statt, die noch bis Ende Dezember im Erdgeschoss des IG-Metallhauses zu sehen ist. Dort wurde das Pekinger Museum der Wanderarbeiter nachgebaut und ihr alltägliches Leben geschildert.

Die mittlerweile mehr als 225 Millionen Menschen, die aus den ländlichen Regierungen zur Arbeit in die Stätte kommen, stehen an der Spitze der Konflikte um Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Ein Höhepunkt war ein mehrtägiger Streik, in einer Getriebefabrik der Hondawerke in der Stadt Foshan, der im Mai 2010 mehrere Montagewerke zum Stillstand brachte. Der langjährige Bochumer Opel-Betriebsrat Wolfgang Schaumberg, der erst vor wenigen Wochen von einer mehrwöchigen Chinareise zurückgekehrt ist, betonte, dass dieser größte Streik in einem internationalen Autokonzern in China für die Beschäftigten zu beträchtlichen Lohnerhöhungen geführt hat. Das trifft sich mit den Interessen der chinesischen Regierung, die zur Ankurbelung der Binnennachfrage eine Politik der Lohnerhöhungen propagiert. Schaumberg sieht auch eine Neuorientierung bei den chinesischen Gewerkschaften. Dort werde zunehmend erkannt, dass die traditionellen Gewerkschaften kaum Einfluss auf die Belegschaften hatten. Darum würden in Fabriken mancher Provinzen Arbeiterkomitees als Gesprächspartner anerkannt.

Ralf Ruckus, Experte für soziale Bewegungen in China und Buchautor, sieht diese Entwicklung sehr kritisch. Mit dieser Anerkennung wollen Wirtschaft und Politik die Bewegung wieder integrieren. Ruckus betonte, dass bei den Auseinandersetzungen in den Fabriken die chinesischen Gewerkschaften keine Rolle spielten. Deshalb hält er Gespräche auf Gewerkschaftsebene für überflüssig. Stattdessen propagierte er direkte Kontakte mit chinesischen Arbeitern. Dieser Vorschlag dürfte allerdings aus finanziellen und kulturellen Gründen kaum Chancen auf Verbreiterung haben. Schaumberg sprach sich ebenso wie der Koordinator des Projekts »Arbeitswelten Deutschland China« Peter Franke für Kontakte zu den chinesischen Partnern auf verschiedenen Ebenen aus. Sowohl bei den Gewerkschaften als auch bei den Nichtregierungsorganisationen seien Strömungen zu finden sind, die sich für die Rechte der Beschäftigten einsetzen. Daher hält er eine Kooperation mit unterschiedlichen Akteuren für sinnvoll. Dazu zählt Franke neben Stadtteilgruppen auch Gewerkschaften und Regierungsvertreter.

Als ein negatives Beispiel führte Schaumberg ein Gespräch zwischen zwei deutschen Gewerkschaftern an, die auf einer Delegationsreise die Befürchtung äußerten, China könne mit seiner hohen Einwohnerzahl die internationale Gewerkschaftsvereinigungen dominieren. Für Schauberg stellte sich dagegen die Frage, wie künftige Kämpfe unterstützt werden können. Die Möglichkeiten, bei deutschen Firmen zu intervenieren, die in China investieren, wurden auf der Veranstaltung jedoch nicht erwähnt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/186122.arbeitskaempfe-in-china.html

Peter Nowak


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