Pankow: Senior/innen in der Stillen Straße wehren sich wieder gegen drohende Schließung.

Kein Geld für Begegnungsstätte

Doch Eveline Lämmer vom Vorstand des Fördervereins Stille Straße 10 e. V., der die Begegnungsstätte in Eigenregie mit viel ehrenamtlicher Arbeit weiterführen will, ist mit den kurzfristigen Lösungen nicht zufrieden. „Wir wollen wegkommen von den auf ein Jahr beschränkten Verträgen“, betont Lämmer. Sie verlangt eine langfristige Lösung. Doch dafür gab es von Bürgermeisterin Koch keinerlei Zusagen. Deswegen bleibt die Solidarität mit den Senior/innen in ihrem Kampf weiterhin notwendig.

Fast 10 Minuten redete Cordula Koch (Grüne), die Bürgermeisterin des Bezirks Pankow, am 4. November im Ausschuss für Soziales, Senior/innen und Gesundheit der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow über beantragte Projekte zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte. Als Beispiel nannte sie die Stille Straße 10. Schließlich wisse kaum jemand, dass in dem Haus in den 1950er Jahren Erich Mielke, der spätere Chef der DDR-Staatssicherheit, gewohnt habe. Deshalb sollen in dem Haus künftig zwei Geschichtsprojekte für Jugendliche angeboten werden, als Teil der Demokratieförderung.  Bei den zahlreichen Besucher/innen des Sozialausschusses stießen die Ausführungen von Koch zur Geschichte des Hauses teilweise auf Verwunderung. Denn das Gebäude war 2012 sogar über Deutschland hinaus zu einem Symbol …

… der Berliner Mieterproteste geworden. Senior/innen hatten ihre Begegnungsstätte besetzt, um sie vor der drohenden Schließung zu bewahren. Durch die Besetzung konnte die Begegnungsstätte damals in letzter Minute gerettet werden, weil sie in freier Trägerschaft von der Volkssolidarität übernommen wurde.

Doch damit ist zum Jahresende Schluss. „Nach 13 Jahren gemeinsamer Arbeit endet zum 31. Dezember 2025 die Förderung der Begegnungsstätte Stille Straße 10 durch die Volkssolidarität Berlin. Seit 2012 hat der Verband die Einrichtung mit einem finanziellen Zuschuss sowie Personal unterstützt, und damit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Standorts geleistet“, heißt es in der Pressemitteilung der Volkssolidarität. Darin wird auch betont, dass die Nutzer/innen der Senioren-Begegnungsstätte mit ihren Engagement das Weiterbestehen möglich gemacht haben. 

Jetzt ist die Existenz der Einrichtung wieder bedroht. Der Grund sind die massiven Kürzungen im sozialen Bereich in Berlin. Deshalb kann die Volkssolidarität die 15.000 Euro nicht mehr aufbringen, die die Begegnungsstätte jährlich für Strom, Gas, Wasser und Müllabfuhr zahlen muss. Nur für das Jahr 2026 sei der Weiterbetrieb in den Räumen der Stillen Straße 10 noch gesichert, hieß es nach der Ausschusssitzung. c

Förderverein bleibt kämpferisch 

Doch Eveline Lämmer vom Vorstand des Fördervereins Stille Straße 10 e. V., der die Begegnungsstätte in Eigenregie mit viel ehrenamtlicher Arbeit weiterführen will, ist mit den kurzfristigen Lösungen nicht zufrieden. „Wir wollen wegkommen von den auf ein Jahr beschränkten Verträgen“, betont Lämmer. Sie verlangt eine langfristige Lösung. Doch dafür gab es von Bürgermeisterin Koch keinerlei Zusagen. Deswegen bleibt die Solidarität mit den Senior/innen in ihrem Kampf weiterhin  notwendig.

Zumal bei der Sitzung des Sozialausschusses deutlich wurde, dass es nicht nur um die Finanzierung geht. BVV-Verordnete der FDP und der AfD stellten die Frage, ob es denn bei den ambitionierten Plänen des Vereins überhaupt genug Platz für die geplanten Projekte zur DDR-Aufarbeitung gäbe. Sollte die Finanzierung dieser Projekte stehen, könnte da neuer Streit entstehen. Daher ist der Kommentar eines Besuchers der Ausschuss-Sitzung sehr verständlich: „Warum kann nicht einfach ein Raum für Jung und Alt gefördert werden, ganz unabhängig von DDR-Aufarbeitung?“ Und wenn es um Demokratieförderung geht, da haben die Senior/innen mit ihrer Besetzung doch ein gutes Beispiel gegeben, und sie würden es wieder tun. „Wir gehen aus dem Haus nicht raus“, bekräftigte auch Eveline Lämmer.      

Auch die neu gegründete Bezirksgruppe Pankow der Berliner MieterGemeinschaft trifft sich in der Stillen Straße und erklärt sich solidarisch: „Die Stille Straße darf nicht das Opfer einer kurzfristigen Sparpolitik werden. Wir brauchen Orte der Begegnung in unserer Stadt, deshalb unterstützen wir das Engagement der betroffenen Senior/innen. Die soziale Infrastruktur muss aus- und nicht abgebaut werden.“

Literaturtipp: 
Die unbeugsamen Alten der Stillen Straße 10
Die revolutionäre Geschichte einer Hausbesetzung in Berlin-Pankow,  
Rohnstock-Biographien, 20 Euro 
www.rohnstock-biografien.de/veroffentlichugen/buch-stille-strasse-10