Das Ende von 3G-Regelungen und Maskenpflicht ist noch in weiter Ferne

Corona und kein Ende: Wenn die epidemische Notlage zur Normalität wird

Spahn lässt keine Zweifel aufkommen, dass er den pandemischen Ausnahmezustand zumindest zu großen Teilen zum Normalzustand eines neuen Gesundheitsregimes machen will. Dagegen haben auch seine Kritiker nichts einzuwenden. Nur sind sie nicht überzeugt davon, dass das ohne offizielle pandemische Notlage geht. Manche verweisen darauf, dass es in manchen Landesparlamenten womöglich Probleme geben könnte, die Maßnahmen so einfach in die Normalität zu übertragen.

Man könnte denken, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereitet sich auf seine neue Rolle in der Opposition vor, wenn er plötzlich den Corona-Notstand nicht mehr verlängern will. Oder meint er es gar nicht so? Schließlich hat er ja nur erklärt, dass er …

… persönlich keinen Vorstoß zur Verlängerung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ mehr plant, die am 25. November zu Ende geht. Nun ist es ja nach dem gegenwärtigen Stand wahrscheinlich, dass die Union in einer zukünftigen Bundesregierung nicht mehr vertreten ist, und dann wird Spahn auch nicht mehr in seinem Amt sein. Einer der möglichen Nachfolger, der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, hat schon klargemacht, dass es mit ihm keinen „Freedom Day“ geben wird. Damit spielte er auf einen Versuch der britischen Regierung an, mit einem Feiertag die Corona-Maßnahmen zu beenden, was aber voreilig war.

Kein „Freedom Day“

Mittlerweile hat auch Spahn im Interview mit dem Deutschlandfunk klargestellt, dass das Ende der pandemischen Notlage kein „Freedom Day“ sein wird. Spahn bekräftigte, dass man weiterhin die „3G-Regelung“ in Innenräumen und eine Maskenpflicht in Bussen und Bahnen brauche. Das könnte aber ohne Ausnahmezustand geregelt werden, etwa mit entsprechenden Befugnissen auf Landesebene.

Nun müssten viele Landespolitiker eine solche Dezentralisierung begrüßen, weil damit die Länderparlamente einen Bedeutungszuwachs bekommen würden. Doch viele Landespolitiker, wie beispielsweise der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), sind über Spahns Vorstoß wenig erfreut. Dabei sind sie sich im Grundsatz mit ihm einig.

Spahn lässt keine Zweifel aufkommen, dass er den pandemischen Ausnahmezustand zumindest zu großen Teilen zum Normalzustand eines neuen Gesundheitsregimes machen will. Dagegen haben auch seine Kritiker nichts einzuwenden. Nur sind sie nicht überzeugt davon, dass das ohne offizielle pandemische Notlage geht. Manche verweisen darauf, dass es in manchen Landesparlamenten womöglich Probleme geben könnte, die Maßnahmen so einfach in die Normalität zu übertragen.

Verwiesen wird etwa auf Thüringen, wo einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung eine erstarkte AfD gegenübersteht. Zudem wird befürchtet, dass sich in manchen Gegenden, wo es starke „Querdenker“-Bewegungen gibt, wie in Sachsen oder Baden-Württemberg, einen stärkeren Druck auf die Landespolitik gibt.

Droht eine „Pandemie der Ungeimpften“?

Doch jenseits des Streits, ob es angebracht oder noch zu früh ist, die Notstandsmaßnahmen in die Normalität zu überführen, ist man sich weitgehend einig, dass der Druck auf Ungeimpfte erhöht werden muss. Das zeigt den Umgang mit dem Fußballspieler Joshua Kimmich, der bekräftigen musste, weder Corona-Leugner noch Impfgegner zu sein, weil er sich persönlich entschieden hat, noch auf eine Impfung zu verzichten. Er begründete diese Entscheidung damit, dass er noch weitere Langzeitstudien über die Impffolgen abwarten will.

Wenn Kimmich dann etwas umständlich erklärt, es könne geschehen, dass er sich bald impfen lassen könnte, dann wird deutlich, unter welchen Druck der Mann steht. Dabei hat er auch angedeutet, dass er sich regelmäßig testen lässt, sich also an die 3G-Regeln hält. Noch schärfer unter Druck stehen die Ungeimpften in Österreich, wo die Regierung schon einen Lockdown für Ungeimpfte androhte, wenn die Corona-Zahlen so steigen würden, dass die Intensivbetten ausgelastet sind.

Österreichs Regierungschef warnte schon vor einer „Pandemie der ungeschützten Ungeimpften“. Er stellt einen Fünf-Stufen-Plan vor, nach dem die Einschränkungen für Ungeimpfte verschärft werden, je mehr die Intensivstationen ausgelastet sind.

„Sollte die Intensivstations-Auslastung sogar 600 Betten übersteigen, kommt es zur fünften Stufe. Damit wäre für all jene, die weder eine Impfung noch einen aufrechten Genesungs-Status vorweisen können, das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs nur noch in Ausnahmefällen gestattet. Erlaubt ist dann etwa noch die Grundversorgung (wie Einkäufe) oder der Weg zur Arbeit“, schreibt die österreichische Zeitung Der Standard. Doch vor einer „Pandemie der Ungeimpften“ wird längst auch in Deutschland gewarnt.

Diskutiert wird auch, ob in Deutschland ein neuer Lockdown droht. So warnt die Berliner Morgenpost: „In Deutschland steigen die Corona-Zahlen stark an. In anderen Ländern werden härtere Maßnahmen für Ungeimpfte erlassen. Droht das gleiche Szenario auch in Deutschland? Wie könnte ein neuer Lockdown aussehen?“ Da stellte sich natürlich die Frage, ob für solche Pläne nicht doch noch eine pandemische Notlage nötig ist. (Peter Nowak)