Kunden gegen Billiglohn

Berliner Blockupy-Bündnis solidarisiert sich mit Streikenden im Einzelhandel

Rund 70 Personen versuchten heute Nachmittag eine H&M-Filiale in der Friedrichstraße zu blockieren. Die Polizei versucht immer wieder den Eingang freizuhalten und drängt die Aktivisten zur Seite.

Seit über einem Jahr wehren sich die Beschäftigten im Einzelhandel, überwiegend Frauen, gegen die massive Verschlechterung ihre Arbeitsbedingungen. Die Einzelhandelsunternehmen haben sämtliche Entgelt- und Manteltarifverträge gekündigt. Ihr Ziel ist die generelle Absenkung von Löhnen und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Handelsbranche, wo es für die Beschäftigten besonders schwer ist, sich zu organisieren. Darauf setzt die Unternehmerseite in Berlin.

Während die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in mehreren Bundesländern Tarifverträge geschlossen hat, wollte das Berliner Unternehmerlager den Konflikt aussitzen. Doch sie hatten nicht mit der Kampfbereitschaft der Beschäftigten gerechnet. Auch die Unterstützer außerhalb der Gewerkschaften hatten sie nicht auf dem Schirm. Seit Wochen haben sich studentische und soziale Initiativen mit eigenen Aktionen mit den Beschäftigten solidarisiert. »Wir sind Kundinnen und Kunden. Uns ist es nicht egal, unter welchen Bedingungen die Kassiererinnen arbeiten«, erklärte Elke Sommer ihre Beteiligung an der Aktion am Freitag. Sie arbeitet im Berliner Blockupy-Bündnis, dessen Streik-AG die Aktion am Freitag vorbereitete. »Blockupy goes Arbeitskampf« lautet das Motto, das auch auf den Transparenten stand.

Das Bündnis, in dem Gruppen der außerparlamentarischen Linken, gewerkschaftliche Organisationen, aber auch die Studierendengruppe »Die Linke.SDS« zusammenarbeiten, bereitete die bundesweiten Krisenproteste Anfang Juni in Frankfurt am Main vor. Schon damals stand der Kampf im Einzelhandel auf der Agenda des Bündnisses: »Mit unserer Aktion knüpfen wir an die Aktion in der Frankfurter Zeil im Mai dieses Jahres an, wo wir mit kreativem Widerstand den Geschäftsbetrieb gestört haben«, erklärt Anton Kohanov vom Blockupy-Bündnis gegenüber »nd«.

Die H&M-Filiale sei ausgewählt worden, weil es dort eine besonders kämpferische Belegschaft gibt, die sich gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen seit Monaten wehrt.

Besonders sauer sind die Beschäftigten der Filiale in der Friedrichstraße, dass sie für niedrigere Löhne arbeiten sollen als ihre Kollegen in Westberlin. Während die einen Stundenlohn von 8,50 Euro erhalten, bekommen die Ostberliner Angestellten 8,25 Euro. »Ob Ost, ob West – gleicher Lohn jetzt«, lautete denn auch eine der Parolen, die von den Demonstranten skandiert wurden und auch bei den zahlreichen Passanten auf Zustimmung stießen.

Nicht wenige kehrten vor dem Eingang von H&M um. Manche wegen des großen Polizeiaufgebots, andere folgten den Aufrufen der Demonstranten, aus Solidarität mit dem Streik auf einen Einkauf in der Filiale zu verzichten.

Für Blockupy-Sprecher Anton Kohanov war die Aktion ein Erfolg, die auch im nächsten Jahr wiederholt werden könne, findet er.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/918826.kunden-gegen-billiglohn.html

Peter Nowak


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