Wenn die SPD auch in der Bundesregierung eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei für möglich hält, erweitert sie ihre Machtoptionen und könnte für Flügelstreit bei der Linkspartei sorgen
„Perspektiven eröffnen“, lautet das Motto des Parteitags der SPD, der am Freitag in Leipzig beginnt. Man hätte erwarten können, dass der Parteitag in der Öffentlichkeit nur begrenztes Interesse erfährt.
Doch in den letzten Tagen ist ein Punkt in den Vordergrund der Debatte gerückt: In dem Leitantrag soll auch eine Kooperation der SPD mit der Linkspartei auf Bundesebene nicht mehr ausgeschlossen sein. Diese Entscheidung ist nicht besonders überraschend und war schon länger angekündigt worden.
Weil die SPD auch bei den letzten Bundestagswahlen mit dem Versuch gescheitert ist, die Linkspartei zu marginalisieren, wollen sich die Sozialdemokraten eine weitere Machtoption offenhalten. Zumal die Grünen nun nicht mehr automatisch als Bündnispartner der SPD gelten dürfen.
Das Verhältnis zwischen den beiden sozialdemokratischen Parteien war nach 1990 längst nicht immer von Abgrenzung geprägt. Es gab in mehreren Bundesländern bereits Tolerierungen zwischen beiden Parteien. In Berlin und Mecklenburg Vorpommern stellten beide Parteien bereits die Landesregierung, wie zurzeit auch in Brandenburg. Davon hat die Linke bzw. die PDS nie profitiert .
Die Kompromisse, die sie bei der Regierungsbeteiligung eingehen musste, haben zu Mitglieder- und Stimmenverlusten geführt. Trotzdem haben die ostdeutschen PDS-Kader den Kurs der Annäherung an die SPD als alternativlos bezeichnet.
Der Berliner Soziologe Sebastian Gerhardt sieht die Wurzeln dieser Politik bei den Modernen Sozialisten, einer Gruppe von Wissenschaftlern, die in der Spätphase der DDR bereits jene sozialdemokratische Realpolitik konzipierten, die nach dem Ende der DDR zum Programm der Reformfraktion in der PDS wurde.
Mit ihnen wäre die Kooperation der beiden sozialdemokratischen Formationen wahrscheinlich schnell und reibungslos von statten gegangen. Selbst eine Fusion in der SPD wäre denkbar gewesen. Solche Planspiele gab es beim Reformerflügel der PDS durchaus.
Doch ausgerechnet die Kooperation der PDS mit den dissidenten Sozialdemokraten der WASG legten solchen Plänen vorübergehend Hindernisse in den Weg. Manche Sozialdemokraten, die nach Jahrzehnten die SPD verlassen hatte, wollten nicht sofort wieder mit dieser Partei kooperieren.
Deswegen werden seit mehreren Jahren die Ostkader der PDS in großen Teilen der Presse als Pragmatiker gerühmt und vor den „Sektierern“ der WASG verteidigt. Mit dem Rückzug von Lafontaine aus der ersten Reihe der Linkspartei haben sich die Chancen für eine Kooperation mit der SPD verbessert.
Druck auf die Linke?
Dass nun eine Koalition zwischen der SPD und der Linkspartei möglich ist, bedeutet vor allem für Letztere das Ende der Schonzeit. Denn, solange es keine reale Gelegenheit für eine Zusammenarbeit gab, weil sich die SPD sperrte, konnte die Linkspartei immer betonen, an ihr werde eine Kooperation nicht scheitern.
Der Parteivorsitzenden Riexinger und Kipping konnte immer Kooperationsangebote an die SPD machen, mit dem Wissen, sie würden sowieso abgelehnt oder einfach ignoriert. So konnten die unterschiedlichen Parteiflügel gut kooperieren und brauchten sich nicht über die Frage streiten, wie sie es mit der SPD halten.
Sollte die SPD ihre Abgrenzungspolitik zur Linken ändern, werden auch dort die Auseinandersetzungen zunehmen .Denn sowohl die SPD als ihre medialen Berater haben schon erklärt, dass die Linkspartei in der Außenpolitik die Nato und ihre Kriege akzeptieren muss, um als regierungsfähig zu gelten. Ein Teil der Linken hätte mit einer solchen Position wohl wenige Probleme, andere sehr wohl.
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich hat bereits vor einigen Wochen ein außenpolitisches Grundsatzpapier mit verfasst, das sicherlich eine Grundlage für eine Kooperation mit der SPD bilden könnte.
Allerdings steht da bisher noch das Parteiprogramm der Linkspartei im Weg. Es wird sich zeigen, wie lange es Bestand hat, wenn davon die Frage der Regierungsfähigkeit abhängt.
Keine schnelle Koalition zwischen SPD und Linkspartei
Dass es jetzt aber in den nächsten Wochen schon zu einer rosa-roten Koalition in der Bundesrepublik kommen wird, ist nicht zu erwarten. Die SPD wird der Union nicht den Gefallen tun und gegen alle Erklärungen vor der Wahl und alle Umfragetrends ein solches Bündnis eingehen.
Zudem gibt es ja dem Vernehmen nach auch kaum einen Grund. Schließlich haben sich Union und SPD erst vor wenigen Stunden darauf geeinigt, dass es keine Eurobonds geben wird und so der in vielen europäischen Ländern verhasste Austeritätskurs der Bundesregierung nun auch mit SPD-Beteiligung fortgesetzt wird.
Allerdings könnte es nach den nächsten Wahlen, und die müssen nicht erst in vier Jahren stattfinden, anders aussehen. Wenn die SPD dann eine Kooperation mit der Linkspartei nicht mehr kategorisch ausschließt und die ihre Hausaufgaben gemacht, das heißt, sich mit Marktwirtschaft und Nato versöhnt hat, stünde einer Kooperation beider Parteien nichts mehr im Weg. Ob die Linkspartei eine solche Wende überlebt, ist aber eine andere Frage.
https://peter-nowak-journalist.de/
Peter Nowak
Links
[1]
http://www.spd.de/
[2]
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[3]
http://planwirtschaft.wordpress.com/
[4]
http://www.stefan-liebich.de/
[5]
http://www.swp-berlin.org/de/projekte/neue-macht-neue-verantwortung/das-papier.html