Während zwei große Umweltverbände nur moderate Kritik an der Umweltpolitik der grün-roten Landesregierung üben, meldet sich europaweit eine radikale Umweltbewegung zu Wort
Der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland Harald Kretschmann gilt nach den Bundestagswahlen als Hoffnungsträger für manche Grüne. Schließlich hat er nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Steuererhöhungen für Vermögende für falsch hält. Die Wirtschaft müsse ein Kooperationspartner für die Grünen sein, nur so könne die Energiewende in Deutschland umgesetzt werden.
Solche Töne hat man in den letzten Tagen in den grünennahen Medien wie der Taz häufig gehört. So könnten Kretschmanns Freunde eines Bündnisses mit der Union parteiintern die Realos ablösen, die für eine Koalition mit der SPD eingetreten waren. Die Parteilinke, die auf Distanz zu beiden Parteien stand, gibt es bei den Grünen schon längst nicht mehr. Aber wie sieht eigentlich die Bilanz von der von Kretschmann geführten grün-roten Landesregierung auf dem Feld der Umweltpolitik aus?
Diese Frage stellten sich die beiden großen Umweltverbände Nabu und BUND. Ihre Bewertung ist durchwachsen und kann mit dem beliebten NGO-Sprech, das Glas ist halb voll, zusammengefasst werden.
Die beiden großen Umweltverbände haben die Arbeit der grün-roten Landesregierung zur Zwischenbilanz mit einer „2 bis 3“ bewertet. „In der ersten Halbzeit hat die Landesregierung das Spiel gut aufgebaut. Jetzt müssen die Tore fallen“, fasste Andre Baumann, Landeschef des Naturschutzbundes Nabu, am Montag in Stuttgart zusammen. Als positiv bewerten die beiden Umweltverbände, dass Baden-Württemberg unter Grün-Rot zum „Gestalter der Energiewende“ in Deutschland geworden sei. Auch der Einsatz für den Nationalpark Nordschwarzwald wird gelobt.
Kritik an demonstrativer Nähe zur Automobilindustrie
Deutliche Kritik dagegen wurde an der Verkehrspolitik in dem Bundesland geübt. In diesem Bereich trete man auf der Stelle. „Vom Versprechen, Baden-Württemberg zu einer Pionierregion für eine nachhaltige Mobilität zu entwickeln, sind wir meilenweit entfernt“, moniert die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender.
Sie kritisierte auch, dass der grüne Ministerpräsident auf der Automobilmesse IAA die Nähe zur Automobilindustrie suchte. Die moderate Kritik an der Umweltbilanz verwundert nicht. Schließlich handelt es sich sowohl bei Nabu wie beim BUND um Umweltverbände, die sich mit Kretschmann darin einig sind, dass man mit der Wirtschaft kooperieren eng muss.
Wie sauer kleinere ökologische Basisinitiativen auf Kretschmann sind, kann man wöchentlich in der in der Wochenzeitung kontext lesen. Besonders die noch aktiven Gegner des Bahnhofprojekts S21, die ihren Protest auch ökologisch begürnden, haben kaum noch ein gutes Wort für den grünen Ministerpräsidenten übrig.
Europäische Klimabewegung gegen Kompromisse
Während Kretschmann die Grünen auf eine enge Kooperation mit der Wirtschaft festlegen will, halten Umweltinitiativen aus ganz Europa diesen Kurs für gescheitert. Sie fordern als ersten Schritt ein Ende des europäischen Emissionshandels, um Raum für wirkungsvolle Maßnahmen zum Klimaschutz zu schaffen.
Von der Theoretikerin der globalisierungskritischen Bewegung, Naomi Klein, hat diese neue Klimabewegung bereits Unterstützung erfahren. Der Kurs von Kretschmann und Co. könnte so die Reste der Umweltbewegung aus der grünen Partei vertreiben.
http://www.heise.de/tp/blogs/2/155098
Peter Nowak
Links
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http://www.taz.de/!124566
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http://baden-wuerttemberg.nabu.de/
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http://www.bund.net/
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http://www.iaa.de/
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http://m.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.autoland-baden-wuerttemberg-weitere-millionen-fuer-elektromobilitaet.3d0c84da-130c-419c-8105-59b1be1318fc.html
[6]
http://www.kontextwochenzeitung.de/
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http://www.bei-abriss-aufstand.de/
[8]
http://www.kontextwochenzeitung.de/denkbuehne/131/langer-atem-1761.html
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http://scrap-the-euets.makenoise.org/
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http://www2.warwick.ac.uk/fac/cross_fac/prizeforwriting/news/winner
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http://green.wiwo.de/naomi-klein-umweltschuetzer-sind-schlimmer-als-klimaskeptiker
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