Deutscher Satan in Warschau

Die versuchte Beteiligung deutscher Antifaschisten an einer Demo gegen Rechte in Warschau sorgt für innenpolitische Turbulenzen

In der polnischen Innenpolitik sorgt noch immer eine Antifa-Demonstration für Schlagzeilen, die von einen breiten linken Bündnis veranstaltet worden war. Es wollte damit einen Aufmarsch von Rechtsnationalisten sowie offenen Neonazis und Antisemiten verhindern, die zum Nationalfeiertag am 11. November in Warschau Flagge zeigen wollte. Nach dem Vorbild des antifaschistischen Bündnisses in Dresden sollte auch in Warschau den Rechten mit Blockaden der Weg versperrt werden.

Deshalb wurde auch in Deutschland wie in anderen europäischen Ländern zur Teilnahme an den Protesten mobilisiert. Linke Aktivisten aus Polen hatten in den vergangenen Wochen über das rechte Milieu in Polen berichtet. Schon seit Tagen empörten sich klerikale und rechtsnationalistische Gruppierungen über die deutsche Unterstützung und sparten nicht mit historischen Reminiszenzen.

Nachdem am Samstag unter den knapp 2.000 Gegendemonstranten, die den 7.000 Rechten entgegen traten, auch Menschen aus verschiedenen europäischen Nachbarländern zu finden waren, verschärfte sich der Ton in Polen. So erklärte der rechtsnationale Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski: „Am polnischen Unabhängigkeitstag prügelten Deutsche Polen allein dafür, dass sie nationale Symbole trugen.“ Dann legte er noch nach: „Ich denke, dass ein ähnlicher Menschentyp einst den Apparat schuf, der es Hitler erlaubte, seine entsetzlichen Verbrechen zu begehen.“ Ein polnischer Kardinal sah am Samstag auf Seiten der Antifaschisten sogar den deutschen Satan am Werk.

Kaczynski und seine Anhänger beschuldigen sie, für die Sachschäden in der polnischen Innenstadt am Samstag verantwortlich zu sein. In Augenzeugenberichten von den Ereignissen werden allerdings rechte Hooligans für die Ausschreitungen in der Warschauer Innenstadt verantwortlich gemacht.

Vor der Demo festgenommen

Die meisten aus Deutschland angereisten Antifaschisten haben jedenfalls ein gutes Alibi. Als die Auseinandersetzungen in Warschau tobten, saßen sie schon längst im Knast. Gegenüber Telepolis schildert ein Beteiligter den Ablauf. Unmittelbar nach ihrer Ankunft sei es auf dem Weg zu den geplanten Blockaden erst zu verbalen und dann zu körperlichen Auseinandersetzungen mit einer Gruppe polnischer Neonazis gekommen.

„Nach dem Eintreffen der Polizei wurde die Nazigruppe festgenommen. Unmittelbar danach wurden wir jedoch durch ein Großaufgebot der Warschauer Polizei auf der Höhe des Cafe Nowy wspanialy Swiat zuerst eingekesselt und später festgenommen“, berichtet der Augenzeuge. Diese Version wurde mittlerweile auch von zahlreichen Pressevertretern, die die Festnahmen beobachteten, bestätigt. Die polnische Justiz hat mittlerweile alle festgenommenen Antifaschisten wieder freigelassen. Die letzten sind am Montagmorgen in Deutschland angekommen. Noch am Samstag erklärte ein Sprecher der Polizei, die Festgenommen würden nach dem Hooligan-Paragraphen angeklagt. Eine längere Untersuchungshaft wurde befürchtet. Die Betroffenen wollen eine Sammelklage gegen ihre Festnahme einreichen und überlegen weitere juristische Schritte. Schließlich sind die Ereignisse vom Wochenende in Warschau für manche Linke ein Déjà-vu-Erlebnis. Schon 2006 wurden bei einer Demonstration gegen eine rechte Demonstration in Warschau, die sich gegen die dortige Schwulen- und Lesbenparade richtete (Und die Rache folgt sogleich), mehrere Linke aus Deutschland festgenommen. Einige saßen mehrere Wochen in Untersuchungshaft.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/150838

   Peter Nowak


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