Wer nicht schnell studiert, fliegt

Die Kölner Universität will Studierende aus Diplom- und Magisterstudiengängen exmatrikulieren, weil sie ihre Studienzeit überzogen haben. Studentenvertreter fürchten, dass das Beispiel Schule macht

Die Universität Köln will 32 Studierende aus Diplom- und Magisterstudiengängen exmatrikulieren, weil sie ihre Studienzeit überzogen haben. Damit hat die Universitätsverwaltung vor, eine Drohung umzusetzen, die schon seit Monaten im Raum stand. Im Frühjahr war noch von bis zu 1.600 Studierenden die Rede, denen die Exmatrikulation droht, wenn sie sich nicht mit dem Studium beeilen.

Hintergrund ist die Umstellung auf das Bachelor- und Mastersystem, das im Zuge des Bologna-Prozesses die bisherigen Studiengänge ersetzen soll. Dort sind klare Termine für den Studienablauf festgelegt. Daran sei nicht zu rütteln, sagt ein Sprecher der Uni gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

„Die meisten Studenten könnten ja in einen Bachelor-Studiengang wechseln.“

Studierendenverbände schlagen Alarm und sehen sich in ihrer grundsätzlichen Kritik an der Bachelor- und Masterregelung bestätigt. Der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs) sieht in der Maßnahme der Kölner Universität eine neue Eskalationsstufe.

„Dass die Umstellung auf das Bachelor-/Mastersystem zu Lasten der Studierenden abläuft, ist nichts Neues. Mit den Zwangsexmatrikulationen ist nun jedoch eine Stufe erreicht, die Studierendenvertretungen nicht hinnehmen werden.“

Die Aktivsten weisen darauf hin, dass von der drohende Exmatrikulation Gruppen besonders betroffen sind, die schon bisher geringere Chancen hatten. „Studierende mit chronischen Krankheiten, mit Kindern, Studierende, die Angehörige pflegen oder auch gesellschaftlich engagierte Studierende müssen von den Hochschulen gefördert und nicht herausgeworfen werden“, heißt es in der Erklärung des fzs. Mehrere politisch aktive Studierende befinden sich in der von der Exmatrikulation bedrohten Gruppe.

Damit werde gesellschaftliches Engagement mit Füßen getreten, moniert die Berliner Landesastenkonferenz. Tatsächlich dürfte mit den Exmatrikulationsdrohungen die schon bisher nicht besonders stark ausgeprägte Bereitschaft zum politischen Engagement an der Hochschulen, nicht gefördert werden.

Daher ist auch der Protest von aktiven Studierenden bundesweit groß. Selbst mitten in den Semesterferien haben sich sofort die AstAs einiger Hochschulen mit Kritik an der Kölner Maßnahme zu Wort gemeldet. „Hier geht es nicht um die Frage, in welcher Ordnung welche Regeln wie angewendet werden können, sondern um etwas Grundlegendes. Die Lehrenden haben nicht zu entscheiden, ob Studierende weiterstudieren dürfen oder nicht. Die Studierenden maßen sich auch nicht an, den Lehrenden das Lehren zu verbieten“, so Hannah Eberle, Referentin für Bildungspolitik im AStA der TU Berlin.

Pilotprojekt Köln?

Manche Studierende fürchten, dass die Kölner Entscheidung, wenn sie Bestand haben sollte, ein Pilotprojekt sein könnte, das auch an anderen Hochschulstandorten Nachahmer finden könnte. So hatte bereits im Mai 2011 der Brandenburger Landesausschusses der Studierenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vor Zwangsexmatrikulationen an der Potsdamer Universität gewarnt.

4.300 Studierende und damit ein Fünftel aller derzeitigen Studierenden der Uni sei vom Auslaufen der traditionellen Abschlüsse Magister und Diplom ab dem Jahr 2012 betroffen. Die Potsdamer Hochschuöleitung hatte diese Befürchtungen sofort zurückgewiesen.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/150380

Peter Nowak


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