Die Visite des Staatschefs eines kleinen europäischen Landes sorgt in Berlin für Aufregung
Nach Berlin kommen fast täglich Staatschefs, ohne dass es besondere Aufmerksamkeit erregt. Nur die Visite des Staatschefs des kleinen Vatikanstaates, der vom 22. bis 25. September Deutschland bereist, sorgt seit Tagen für Schlagzeilen. Denn er kommt in der Doppelfunktion als Staatschef des Vatikans und als Chef der katholischen Kirche. Dabei werden nur wenige den Papst so freundlich willkommen heißen, wie das Berliner Erzbistum (Vizegott besucht Erdlinge).
Doch auch die Papstfans werden von den enormen Sicherheitsmaßnahmen tangiert, die während seines Besuches in Berlin gelten. Selbst ein Winken aus den Fenstern der Häuser, die an der Route der Papst-Tour stehen, ist verboten. Doch eigentlich gelten die Maßnahmen den Papst-Kritikern, deren Kundgebung mit scharfen Auflagen belegt wurde, die vom Berliner Verfassungsgericht bestätigt wurden. Dazu gehört ein Kundgebungsort, der weit von Papst-Event entfernt ist.
Die Papstkritiker, die sich in verschiedenen Bündnissen zusammengeschlossen haben, sehen in den Auflagen eine Einschränkung ihrer Demonstrationsfreiheit. Ihre Kritik richtet sich einerseits gegen den Staatsbesuch einer religiösen Führungsfigur in einem säkularen Staat, anderseits gegen den Umgang der katholischen Kirche mit Forderungen von Frauen, Homosexuellen, aber auch mit einem ihrer Meinung nicht aufgearbeiteten katholischen Antisemitismus.
Papstkritik im Bundestag?
Trotz aller Sicherheitsmaßnahmen könnte der Papst doch mit seinen Kritikern konfrontiert sein. Denn auch Bundestagsabgeordnete aus den Fraktionen der Linken, der SPD und der Grünen gehörn zu ihnen. In der SPD sorgt eine Gruppe von Laizisten schon seit Wochen für Streit, obwohl ihr zentrales Anliegen, die Trennung von Staat und Kirche, zu den zentralen Forderungen der frühen Sozialdemokratie gehörte. Auch bei den Grünen gibt es Politiker, die befürchten, eine zu starke Papstkritik könnte mögliche Bündnisse mit den Christdemokraten erschweren. Manche Papstkritiker fragen sich, warum der Papst so viele Gegner mobilisiert, während der Evangelische Kirchentag kaum beachtet wird, obwohl auch dort politisch fragwürdige Positionen vertreten werden. Das hindert weder die grüne Basis noch führende Politiker der Partei daran, zu dem protestantischen Event zu pilgern.
Aus der Fraktion der Linken wollen mehr als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten der Papstrede im Bundestag fernbleiben und sich teilweise an den Protestkundgebungen beteiligen. Ob auch im Parlament, ähnlich wie vor Jahren beim Besuch des US-Präsidenten Bush, Proteste geplant sind, ist noch nicht klar. Vor allen die Christdemokraten versuchen sich als Papstverteidiger in Szene zu setzen und greifen die Kritiker scharf an. Schließlich wollen sich die schwächelnden Christdemokraten die Gelegenheit nicht entgehen lassen, sich einmal als Verteidiger christlicher Werte ihrer Stammwählerschaft zu präsentieren. .
Heidenspaß der Papstgegner
Während sich die Aufregung um die Papstkritik fast ausschließlich auf Berlin bezieht, bereiten auch Kirchenkritiker an anderen Stationen seiner Visite wie in Erfurt und Freiburg mit Heidenspaß Proteste vor.
http://www.heise.de/tp/artikel/35/35509/1.html
Peter Nowak
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