
Kaum hat die taz ihre Seitenwende hinter sich gebracht und ihre Ausgaben von Montag bis Freitag ins Internet verlegt, geht ein linkes publizistisches Urgestein aus Hamburg den gleichen Weg. Im Dezember 2025 wird die letzte Printausgabe des Monatsmagazins …
… Konkret erscheinen. Ab Januar 2026 wird es nur noch als E-Paper zu lesen sein. Doch im Gegensatz zur taz, die die Leser*innen über Monate auf die Umstellung vorbereitete, trifft nicht nur die Konkret-Leser*innen das Verschwinden der gedruckten Ausgabe unvorbereitet. Auch die freien Mitarbeiter*innen sind erst vor wenigen Tagen darüber informiert worden. „Eine Katastrophe“, kommentierte Ewgeniy Kasakow das Ende der Printausgabe. Er hat in den letzten Jahren regelmäßig Texte in der Konkret veröffentlicht, vor allem zur Entwicklung in Russland unter Putin. Wie viele der Leser*innen den Schritt ins Digitale mitmachen, ist ungewiss.
Karl-Heinz Schreiner will künftig auf die Lektüre verzichten. „Für mich ist das ein plötzlicher, schmerzlicher Abschied von Konkret“, sagte der pensionierte Berufsschullehrer, seit Mitte der 1970er Jahre Leser des Blattes. Schreiner erinnert sich: „Ich habe mir das Magazin immer am Monatsanfang am Bahnhofskiosk gekauft und sofort die Kolumne von Hermann L. Gremliza gelesen.“
Ohne den ehemaligen Spiegel-Redakteur und Anhänger des österreichischen Polemikers Karl Kraus hätte es die Konkret schon lange nicht mehr gegeben. Denn das 1957 in Hamburg von Klaus Rainer Röhl gegründete Magazin war bereits in den 1970er Jahren in die tiefe Krise geraten.
Niedergang nach Meinhofs Abschied
Dazu hat auch das Ausscheiden Publizistin Ulrike Meinhof aus der Konkret-Redaktion beigetragen. Sie war von 1960 bis 1964 Chefredakteurin und bis Ende der 1960er Jahre die bekannteste Kolumnistin der Zeitschrift. Bereits ein Jahr bevor sie im Mai 1970 mit ihrer Beteiligung an der Befreiung von Andreas Baader aus seiner Gefängnishaft zum bekanntesten Mitglied der Rote Armee Fraktion (RAF) wurde, hatte Meinhof in einer Erklärung bekanntgegeben, dass sie ihre Mitarbeit bei Konkret beende.
In dieser Zeit versuchte Herausgeber Röhl das Magazin als eine Art linkes Pornoblatt mit Nacktfotos auf dem Titelbild auf dem bundesdeutschen Zeitungsmarkt zu etablieren. Doch er scheiterte – und im November 1973 wurde Konkret zunächst eingestellt, um im Oktober des Folgejahres unter der Leitung von Hermann L. Gremliza wieder zu erscheinen. Er sollte bis zu seinem Tod im Dezember 2019 den Kurs des Magazins nachhaltig prägen.
Bis Ende der 1980er Jahre stand das Magazin politisch im linken Flügel der Sozialdemokratie. Doch ab Herbst 1989 wurde Konkret zum zentralen Medium einer antideutschen Linken, die den Fall der Berliner Mauer nicht bejubelte, sondern vor einem größer werdenden Deutschland warnte.
Auch nach Gremlizas Tod hielt die Konkret-Redaktion bei allen sonstigen politischen Differenzen an zwei Grundsätzen fest: Sie wandte sich gegen jede Form der Deutschtümelei und gegen jeden Antisemitismus. Noch in der Ausgabe vom Oktober 2025 polemisierte ein Kommentator gegen eine „globale Öko-Intifada“, womit er eine Palästina-Solidarität meinte, der die Opfer des Hamas-Überfalls vom 7. Oktober 2023 keine Worte der Trauer wert sei.
Abokündigungen aus politischen Gründen
Wegen dieser politischen Grundsätze kam es auch immer wieder zu Abokündigungen. Die hatten in der letzten Zeit noch zugenommen, während die Kosten für Vertrieb, Druck und Versand rasant gestiegen waren, sagte eine Mitarbeiterin des Konkret-Verlags der taz. Sie habe auch wenig Zeit, weil in den letzten Tagen ständig das Telefon klingele.
Es hätten sich viele langjährige Konkret-Abonnent*innen gemeldet, die die Nachricht von der baldigen Einstellung der Printausgaben oft kaum glauben könnten. Sie alle müsse die Verlags-Mitarbeiter*innen davon überzeugen, dem digitalen Modell eine Chance zu geben und ihr Abo nicht zu kündigen. Denn nur dann sei garantiert, dass die Gehälter für die Redakteur*innen und andere laufende Kosten weiter beglichen werden können. Peter Nowak
https://taz.de/Linkes-Monatsmagazin-Konkret-stellt-Druckausgabe-ein/!6126192/