Am 3. Oktober soll gegen Deutschlands Kriegsfähigkeit demonstriert werden. Aber gelingt die Verbindung mit jüngeren Gruppen, die sich gegen die Militarisierung wenden?

Zurück zur alten Friedensbewegung?

Auf der Pressekonferenz gehörte Vincent von Verdi zu den jüngeren Menschen, die sich gegen Deutschlands Kriegsfähigkeit wenden, der zudem für die Beschäftigten sprach, die nicht für den Krieg produzieren wollen. Diese Bewegung wächst, aber auch die Repression dagegen. Das zeigt die Entlassung eines Beschäftigten von DHL auf dem Leipziger Flughafen, der sich dagegen aussprach, Rüstungsgüter zu transportieren, und deswegen entlassen wurde. Ein langfristiger Erfolg des Kampfes gegen die Kriegsfähigkeit Deutschlands wird auch davon abhängen, ob es gelingt, mehr Arbeiter und Arbeiterinnen zu gewinnen, die sich dagegen wenden und vielleicht auch mal dagegen streiken.

Zwei große Demonstrationen unter dem Motto „Nie wieder kriegstüchtig!“ sind für den kommenden Freitag in Stuttgart und Berlin geplant. Über 300 Initiativen und viele Einzelpersonen  rufen dazu auf. Auf einer Online-Pressekonferenz am vergangenen Montag konnte man den Eindruck haben, dass die Friedensbewegung der …

… frühen 1980er Jahre in ihrer alten Bündnisbreite wieder auferstanden wäre. Da stand die evangelische Christin Margot Käßmann, der SPD-Linke Ralf Stegner repräsentierte den Teil der SPD, der die Entspannungspolitik der  BRD wiederbeleben will. Politikerinnen und Politiker des BSW unterstützen die Proteste am 3.10. ebenso wie die Linke.  Die Liste der geplanten Rednerinnen und Redner in Stuttgart und Berlin soll die Bündnisbreite ausdrücken. In Berlin werden neben Ralf Stegner, die Linke-Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel, der BSW-Generalsekretär Christian Leye und Jürgen Grässlin von der DFG-VK sprechen. Mit Artem Klyga und Andrej Konowalow sollen auch zwei Kriegsdienstverweigerer aus Russland und der Ukraine auftreten.

In Stuttgart stehen Margot Käßmann, Sevim Dağdelen vom BSW, Ulrike Eifler vom Linke-Bundesvorstand, Vertreter der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost und der Organisation „Palästina spricht«“auf der Rednerliste. Dazu soll noch eine Aktivistin vom Bündnis Nein zur Wehrpflicht und Maike Schollenberger von der Verdi-Bezirksleitung Baden-Württemberg sprechen.

Den Streit der letzten Jahre überwunden?

Natürlich kam auch auf der Onlinepressekonferenz sofort die Frage auf, ob die Friedensbewegung den Streit der letzten Jahre überwunden hat. Da ging es unter anderem um die Frage, wie weit nach rechts die Demonstrationen offen sein sollen. Zudem hat ein Journalist daran erinnert, dass bei der Großdemonstration der Friedensbewegung am 3. Oktober 2024 Ralf Stegner in Berlin ausgepfiffen wurde, als er den russischen Angriff auf die Ukraine klar benannte. Stegner betonte, das würde er auch in diesem Jahr in seiner Rede wiederholen.

Allerdings dürfte der Unmut über Stegners Rede auch der Politik seiner Partei geschuldet gewesen sein. Schließlich sind es führende SPD-Politiker wie Boris Pistorius, die die jene Kriegsfähigkeit Deutschland propagieren, gegen die sich die Demonstrationen am 3. Oktober wenden. Stegners Ego dürfte gelitten haben, als er auf der Pressekonferenz gefragt wurde, warum denn keine prominenten SPD-Leute die Demonstration unterstützen.

Alte Friedensbewegung – heute noch aktuell?

Auch in den 1980er Jahren musste die SPD erst in der Opposition sein, bis ihr damaliger Vorsitzender Willi Brandt in Bonn als Redner auftrat. Seine Rede war durchaus auch in Teilen der Friedensbewegung umstritten. War es doch der SPD-Kanzler Helmut Schmidt, der vor über 40 Jahren mit dem Nato-Doppelbeschluss mit zur Aufrüstung beigetragen hat.

Doch es bleibt überhaupt die Frage, wie sinnvoll im Jahr 2025 ein Remake jener deutschen Friedensbewegung ist, die vor 40 Jahren im Kalten Krieg ihre Hochzeit hatte. Damals ging es um Entspannung zwischen zwei hochgerüsteten Militärblöcken. Heute leben wir in einer Welt, in der unterschiedliche kapitalistische Staaten und Staatenblöcke gegeneinander rüsten. Der von Deutschland dominierte EU-Block ist ein führender Akteur dabei. Was kann in einer solchen Situation der Appell „Wir müssen alle miteinander reden“ und  „Wir brauchen alle Frieden“ noch bewirken?

Friedensbewegung oder Antimilitarismus?

Was sowohl bei der Zusammensetzung der Sprecherinnen und Sprecher auf der Online-Pressekonferenz als in der Rednerliste zum 3.10. auffällt, ist das weitgehende Fehlen der jungen Antimilitarismusbewegung, die in den letzten Jahren in Deutschland vor allen bei jüngeren Menschen Zulauf bekommen hat. Hier sei nur auf das Bündnis Rheinmetall Entwaffnen verwiesen, das Ende August Tausende Menschen auf die Straße brachte. Deren Abschlussdemonstration am 30. August in Köln war harter Polizeirepression ausgesetzt. Es wird sich zeigen, ob ein Teil, der vor allem jüngeren Antimilitaristen auch an den Demonstrationen am 3. Oktober teilnimmt.

 Auf der Online-Pressekonferenz haben mehrere Rednerinnen und Redner auf die großen Proteste der letzten Monate auch in Deutschland verwiesen. Es ist fraglich, ob sie damit auch die antimilitaristische Demonstration in Köln gemeint haben. Eher haben sie sich wohl auf die Großdemonstration zum Gaza-Krieg am 27. September in Berlin und eine Friedenskundgebung, die federführend von Sahra Wagenknecht organisiert wurde, bezogen. Vor allem die Kundgebung am 27. September war von jungen Menschen getragen, die sich in Abgrenzung zur traditionellen Friedensbewegung organisiert haben.

Arbeiter gegen Militarismus

Auf der Pressekonferenz gehörte Vincent von Verdi zu den jüngeren Menschen, die sich gegen Deutschlands Kriegsfähigkeit wenden, der zudem für die Beschäftigten sprach, die nicht für den Krieg produzieren wollen. Diese Bewegung wächst, aber auch die Repression dagegen. Das zeigt die Entlassung eines Beschäftigten von DHL auf dem Leipziger Flughafen, der sich dagegen aussprach, Rüstungsgüter zu transportieren, und deswegen entlassen wurde.

Ein langfristiger Erfolg des Kampfes  gegen die Kriegsfähigkeit Deutschlands wird auch davon abhängen, ob es gelingt, mehr Arbeiter und Arbeiterinnen zu gewinnen, die sich dagegen wenden und vielleicht auch mal dagegen streiken. Aktuell haben wir es in Deutschland mit einer umgekehrten Konversion zu tun. Ehemalige Zivilproduktion wird in Rüstungsproduktion umgewandelt.

Auf der Homepage Orte der Militarisierung sind solche Orte aufgeführt. Dort sind aber auch die Städte markiert, in denen es Widerstand gegen diese Militarisierung in den Fabriken gibt. Da ist beispielsweise die Initiative ÖPNV statt Panzerbau in Görlitz und die Initiative „Kein  Rheinmetall im Wedding“ zu nennen. Es sind oft kleine Gruppen, die sich an den jeweiligen Standorten dagegen wenden, dass ihr Arbeitsplatz zu einen Rüstungsstandort ausgebaut wird. Peter Nowak