
Das Semester hat begonnen, und vor allem für Studierende aus anderen Städten stellt sich die bange Frage: Wie finde ich in Berlin eine Wohnung? Denn die wenigsten können auf Elternhäuser bauen, die das Problem mit dem Kauf einer Eigentumswohnung lösen können oder problemlos hohe Mieten übernehmen. Für diese Klientel ist gesorgt: In der letzten Zeit wurden in vielen Stadtteilen…
… in Berlin hochpreisige Wohnungen für Studierende gebaut. Oft handelt es sich um Mikroappartements, mit denen besonders viel Profit zu machen ist. Doch die Mehrheit der Studierenden muss sehen, wie sie irgendwie unterkommen.
Junge Menschen verschulden sich dann manchmal, um für kurze Zeit eine extrem teure Unterkunft zu bezahlen, nur um das Studium in Berlin rechtzeitig beginnen zu können. Da werden mitunter über 700 Euro für ein 7 qm großes Zimmer und eine Nasszelle als Dusche bezahlt. „Wir werden jedes Semester von zahlreichen Studierenden angeschrieben und angesprochen, die noch kein Zimmer in Berlin gefunden haben“, sagt Eske Woldmer vom Öffentlichkeitsreferat des AStA der Humboldt-Universität. „Teilweise haben uns Studierende berichtet, dass sie übergangsweise in einem Hostel wohnen, auf dem Sofa bei Freund/innen unterkommen oder aber täglich mehrere Stunden nach Berlin pendeln müssen“, beschreibt Woldmer diese Notsituation von vielen Studierenden in Berlin.
Sie macht im Gespräch mit dem MieterEcho klar, dass die Hilfsmöglichkeiten der Studierendenvertretungen sehr begrenzt sind: „Wir haben als Studierendenschaft zwar eine allgemeine Sozialberatung, die aber selbst keine Wohnungen und Unterkünfte vermitteln kann. Die Beratung ist auch nicht primär auf das Thema Wohnen fokussiert.“ So gibt es in keinem AStA der Berliner Hochschulen ein spezielles Referat, das nur für das studentische Wohnen zuständig ist. Man habe aber eine BAföG- und Studienfinanzierungsberatung, an die sich Studierende wenden können. „Beide Beratungen sind sehr ausgelastet“, betont Woldmer.
Politischer Druck notwendig
Sie benennt einige der Möglichkeiten, um vielleicht doch noch an eine Unterkunft zu kommen. Studierende sollten sich auf sämtliche Wohnheim-Wartelisten setzen lassen, und auch mal außerhalb von Semesterstart und -ende anfragen, ob gerade zufällig noch Zimmer frei sind. Zudem sollten sie Wohnungsgesuche teilen und teilen lassen. Denn je mehr Leute die Augen offenhalten, desto besser die Chancen. Manchmal findet man an Aushängen in der Uni oder an anderen Orten sowie in Zeitungen Wohnungsannoncen, die nicht im Internet geteilt werden und somit weniger Menschen erreichen. Dann könnte mit viel Glück die beworbene Unterkunft noch frei sein.
Doch Woldmer warnt vor zu viel Optimismus: „So viele Tipps haben wir auch nicht, und die Lage ist katastrophal.“ Letztendlich müsse es darum gehen, dem Berliner Senat „möglichst viel Druck zu machen“. Damit spricht sie an, dass auch die Wohnungsnot von Studierenden – wie die von allen betroffenen Menschen – nur gesellschaftlich behoben werden kann. „Bezahlbarer Wohnraum für Studierende muss von der Politik gefördert werden. Wenn das Thema nicht auf politischer Ebene angegangen wird, wird sich die Lage in den kommenden Semestern noch mehr verschlechtern“, betont Woldmer.
Ähnlich sieht man das auch beim fzs, dem freien Zusammenschluss der Studierendenschaften. „Die Wahl des Studienorts wird zum Armutsgrund – oder der Studienort wird vom Mietpreis erzwungen“, sagt Emmi Kraft vom Vorstand des fzs. Die Organisation kooperiert mit der Initiative Studis gegen Wohnungsnot. Sie fordert die Umwidmung von leerstehenden Gebäuden zu Wohnungen.
Weitgehend in Vergessenheit geraten ist dagegen eine spezielle Form der Wohnungsbeschaffung, an der sich in den 1980er und 90er Jahren auch viele Studierende in Berlin beteiligten: die Besetzung leerstehender Häuser und Wohnungen. Seinerzeit gab es auch noch Chancen, dass derartige Aktionen geduldet wurden und manchmal sogar in befristete oder reguläre Mietverhältnisse mündeten. Doch diese Zeiten sind vorbei, und eine neue, breite Hausbesetzerbewegung ist derzeit leider nicht in Sicht. Peter Nowak
https://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2025/me-single/article/jeder-sucht-fuer-sich-allein/