Wenn nicht zwischen Wetter und Klima unterschieden wird, mach sich der Klimadiskurs unnötig angreifbar

Wenn eine Sendung über Dürre im Dauerregen stattfindet

Die Debatte über Deutschland am Trockenen bei Starkregen ist nur ein Beispiel dafür. Diese Kritik bedeutet gerade nicht, den Klimawandel zu bestreiten, aber es ist ein Plädoyer dafür, die Entwicklung ohne alarmistische Zuspitzungen zu beschrieben und vor allem auch immer wieder zu erwähnen, dass die konkreten Prozesse im weltweiten Klimageschehen viel zu kompliziert sind, um sie mit scheinbar griffigen Warnungen wie Dürresommer zu beschreiben.

„Deutschland auf dem Trockenen – Was tun, wenn das Wasser knapp wird?“ Das war der Titel einer Sendung im Deutschlandfunk am 23. Juli. Konzeptioniert wurde sie schon in den wenigen heißen Junitagen, an denen das Thermometer über 30, teilweise auch über 35 Grad stieg. In diesen Tagen war die …

… Hitze das allgegenwärtige Thema. Da gab es auch viele positive Ansätze, wenn beispielsweise daran erinnern wurde, dass wohnungs- und obdachlose Menschen nicht nur einen Kälte-, sondern auch einen Hitzeschutz brauchen. Das können klimatisierte Räume sein, in denen sie sich aufhalten können, wenn es draußen zu heiß ist. Auch die Frage, welche Folgen es auf die Gesundheit hat, wenn sie bei großer Hitze arbeiten müssen, ist sehr sinnvoll. Es sollte auch tarifrechtlich durchgesetzte Rechte geben, denn tatsächlich ist das Arbeiten bei heißen Temperaturen anstrengender und schädigt die Gesundheit. Doch problematisch ist es, wenn solche Hitzetage immer zu kurzschlüssig in die Klimawandeldebatte eingebettet werden. So wurden in vielen Zeitungen die heißen Tage garniert mit Forderungen, jetzt endlich energische Maßnahmen gegen den Klimawandel einzuleiten. Und noch gravierender: Manche Medien prognostizierten einen Dürresommer mit langen Hitzeperioden und Wassermangel.

Starkregen und Klimawandel

 In diesem Sinne ist auch der Titel der Deutschlandfunksendung konzipiert. Dann wurde sie also mit dem Titel „Deutschland auf dem Trockenen“ in einer Zeit gesendet, in der in vielen Teilen Deutschlands Starkregen dafür sorgte, dass Festivals und andere Aktivitäten im Freien abgesagt und sogar Museen vorzeitig geschlossen wurden, weil es durch das Dach regnete. In Berlin wurde seit Tagen sogar in Lautsprecherdurchsagen in U- und S-Bahnen vor Starkregen gewarnt.

Natürlich fiel  auch den Deutschlandfunk-Hörern der Widerspruch auf, dass in Tagen des Starkregens über Deutschland über Trockenheit gesprochen wurde. Ein Hörer warf dem Deutschlandfunk Panikmache vor. Das konnte niemand der Diskutantinnen und Diskutanten überzeugend widerlegen.

Die Diskussionsteilnehmer vermittelten ein viel widersprüchlicheres Bild. Da sagte ein Experte ganz klar, dass zum Klimawandel längere und intensivere Regenperioden in unseren Breiten dazu gehören. Sie seien vor allem die Winter regenreicher. Im Frühjahr gebe es längere Perioden ohne größere Niederschläge, aber im Sommer oft sehr ergiebigen Niederschlag.

Es gibt also keinen Wassermangel, aber durchaus verschiedene Gründe, die die optimale Nutzung des Wassers beeinträchtigen. Dazu gehört das Fehlen von Grünflächen in den Städten, Moore wurden trockengelegt etc. Nur lassen sich solche differenzierten Vorschläge schlecht in einer aufrüttelnden Schlagzeile verpacken. Da nimmt man lieber das Bild von Deutschland auf dem Trockenen und sorgt mit dafür, dass viele Hörerinnen und Hörer den Klimadiskurs misstrauen. Sie schauen aus dem Fenster, sehen den Dauerregen und hören dann, dass Deutschland das Wasser fehlt. Ist es da verwunderlich, dass sie nicht besonders aufnahmefähig sind, wenn dann zum Wassersparen aufgerufen wird? Das war auch der Tenor in verschiedenen Beiträgen in der Deutschlandfunk-Sendung.

Bauernregeln noch immer gültig

Nun kann man erwidern, dass die Programmplanung beim Deutschlandfunk einen längeren Vorlauf hat und es eben im Juni einige besonders heiße Tage gegeben hat, die dann eben die Warnung vor dem Dürresommer zu Folge hatten. Allerdings gab es auch im Juni nicht wenige Menschen, die schon damals diesen Warnungen skeptisch gegenüberstanden. Sie kannten die Bauernregeln, die bis heute für die Wetterbestimmung hilfreich sind. Danach prägt die Wetterlage von Ende Juni die übrigen Sommerwochen. Bekannt ist sie durch den sogenannten Siebenschläfer. Demnach hält die Wetterlage, wie sie am 27. Juni ist, sieben Wochen an.

Tatsächlich schreibt der Deutsche Wetterdienst, dass Wetterlegen in diesen Zeitraum „eine beträchtliche Erhaltungsneigung“ haben. Das heißt Hoch- oder Tiefdruckgebiete halten sich dann länger. Zumindest in diesem Jahr scheint sich das auch wieder zu bestätigen. Es gab in dem Zeitraum um den 27. Juni herum regelreiches Wetter und das hat sich bisher in großen Teilen Deutschland fortgesetzt. Es gibt also in diesem Jahr keinen Grund von einem Dürre- und Hitzesommer in Mitteleuropa zu reden. Das ist in anderen Teilen Europas anders.

Klima und Wetter unterscheiden

 Wie kommt es dann aber, dass sofort, wenn es einige sehr heiße Tage gibt, sofort die Warnungen laut werden, diese Hitze werde jetzt den Sommer bestimmen oder, wie mache Medien schrieben, sogar  die künftigen Sommer prägen? Nun gab es auch in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder sehr heiße Sommertage, manchmal auch über längere Zeiten. Damals hatte man aber noch den Unterschied zwischen Klima und Wetter in der Berichterstattung stärker hervorgehoben. Der Unterschied ist auch jetzt noch bekannt, aber wird doch oft zu wenig berücksichtigt. Da ist wohl oft die Versuchung zu groß, jeden Hitzetag gleich mit der allgemeinen Klimaerwärmung in Verbindung zu setzen.

Doch gerade damit tun sich auch Klimaschützer keinen Gefallen, weil sie sich unglaubwürdig machen. Die Debatte über Deutschland am Trockenen bei Starkregen ist nur ein Beispiel dafür. Diese Kritik bedeutet gerade nicht, den Klimawandel zu bestreiten, aber es ist ein Plädoyer dafür, die Entwicklung ohne alarmistische Zuspitzungen zu beschrieben und vor allem auch immer wieder zu erwähnen, dass die konkreten Prozesse im weltweiten Klimageschehen viel zu kompliziert sind, um sie mit scheinbar griffigen Warnungen wie Dürresommer zu beschreiben.  Genau absurd ist es natürlich, den Klimawandel und dabei die Rolle der kapitalistischen Produktionsweise, die mit dem Begriff Kapitolozän beschrieben wird, in Abrede zu stellen, nur damit die fossil-kapitalistische Produktionsweise nicht eingeschränkt wird.

Sackgasse soldarisches Preppen

Welche Folgen Alarmismus in der Klimadebatte hat, zeigt sich in der letzten Zeit bei Teilen der Klimaaktivisten der letzten Jahre. Da haben sich einige, die sich in den letzten Jahren Tag und Nacht die Aufgabe gestellt haben, das 1,5 Grad-Ziel einzuhalten, ganz aus der politischen Arbeit zurückgezogen  und propagieren jetzt das Solidarische Preppen. Damit reihen sie sich ein in die Rufe nach Vorbereitung auf die Katastrophe. Das passt gut zu einer Zeit, wo Deutschland wieder kriegsfähig gemacht werden soll.

Die solidarischen Prepper mögen noch so vehement betonen, dass sie sich von den traditionellen Preppern, die oft eher als rechts gelten, unterscheiden. Doch die Differenz liegt in dem Kreis der Menschen, die im Notfall mit in die Preppergemeinschaft einbezogen werden.  Die unterschiedlichen Prepperkreise teilen ein alarmistisches Weltbild, das vom Untergang der Gesellschaft ausgeht, die dann durch die Katastrophengemeinschaft ersetzt werden soll. Zudem muss man sich das angeblich solidarische Preppen auch leisten können, es bedient die Interessen des bürgerlichen Klientels der Klimabewegung.

Auch in der Literatur macht sich diese Abkehr von der Gesellschaft bemerkbar. So wird Luise Meiers aktueller Roman Hyphen hochgelobt, der ebenfalls einen Katastrophenfall zum Ausgangspunkt hat: „Als es 2025 zum ersten Mal weltweit zu einem wochenlangen Stromausfall kommt, bricht, wider Erwarten, keine Panik aus. Und selbst als Stromnetze und Lieferketten, Geldströme und das Internet endgültig zusammenbrechen, bedeutet es nicht den Untergang der Zivilisation. Stattdessen beginnt für die Menschen in Luise Meiers facettenreich erzähltem Roman Hyphen die aus der Not geborene Suche nach anderen, auch nichtmenschlichen Beziehungsweisen, die ein gemeinsames Überleben und Füreinander-Sorgen ermöglichen.“

Das ist das Lob der Notgemeinschaft, wie sie auch in Kriegszeiten gerne herangezogen ist. Doch tatsächlich ist diese vorgebliche Solidarität in Notzeiten immer auch mit Ausgrenzungen und autoritären Strukturen geprägt. Auch hier wird eine Ideologie propagiert, die gut zur politisch gewollten Kriegsfähigkeit passt.

Es ist schon auffällig, dass über die Menschen, die sich dagegen wehren, dass in einer Autofabrik künftig Bahnen produziert werden oder dass Zivil- in Rüstungsproduktion umgewandelt wird, kaum Romane geschrieben werden. Sie passen wohl nicht ins alarmistische Weltbild, das sich eher das Aussterben der Menschheit als das Ende des Kapitalismus vorstellen können.

Peter Nowak