Beim Streit um die Euro-Einführung des Euro verbreiten nicht nur die Gegner, sondern auch die Befürworter Desinformation.

Lieber kein Referendum über die Einführung des Euro in Bulgarien

atsächlich geht es bei der Euro-Einführung darum, ein weiteres europäisches Land die Bestimmung über die eigene Währungs-, Finanz- und Sozialpolitik zu nehmen. Das ist im Fall Bulgarien besonders wichtig, weil es dort auch historisch eine starke prorussische Strömung in der Bevölkerung gibt, die bei den Vorgaben aus Brüssel nicht bedingungslos mitzieht. Doch wenn Bulgarien erst den Euro eingeführt hat, schrumpfen die Möglichkeiten für eine eigenständige Wirtschaftspolitik auf Null. Dann kann Brüssel direkt mitregieren.


„Bulgarien darf den Euro einführen“
 titelte der Spiegel. Und natürlich durfte der Hinweis nicht fehlen, dass „prorussische und nationalistische Kräfte“ darüber empört sind. Damit gab das Nachrichtenmagazin den Ton …

… der Berichterstattung eines Großteils der Medien in Deutschland vor.  In der linksliberalen Jungle World wiederholte Sophie Tiedemann die Lesart des Spiegel fast wortgleich. Dort protestieren „kremlnahe und nationalistische Gruppen vehement gegen die Euro-Einführung“, die auch bei Tiedeman wie ein Geschenk aus Brüssel dargestellt wird. Sie schreibt: „Bulgarien hat die Zustimmung der Europäischen Kommission und des EU-Parlaments erhalten, nächstes Jahr als 21. Mitglied der EU-Zone beizutreten.“

Da wird mit keinem kritischen Gedanken auf das Machtgefälle in der EU geblickt, in der es Instanzen gibt, die die Euro-Einführung erlauben. Die bulgarische Regierung soll dann artig Vollzug melden, und von der Bevölkerung wird erwartet, dass sie  mit Partys im ganzen Land die Einführung der neuen Währung feiert. Doch wenn ein Teil der Bevölkerung dabei nicht mitspielt und Bedenken, gar fundamentale Kritik gegen die Euro-Einführung anmeldet, dann sind das nicht etwa Argumente, die auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden. Nein, dann ist es schlicht Desinformation und Fakenews, natürlich vorzugsweise aus Moskau, auf die nicht mit Argumenten, sondern mit Häme und Diffamierung reagiert wird.

Referendum über die Euro-Einführung nicht erlaubt

Besonders bedenklich ist es für die so lautstarken Verteidiger des Brüsseler Wertekanon, wenn dann relevante Gruppen und sogar der bulgarische Staatspräsident eine Volksabstimmung über den Euro fordern. Das ist für die Pro-EU-Parteien im bulgarischen Parlament absolutes Teufelszeug, weil ganz und gar nicht gesichert ist, dass die Mehrheit der bulgarischen Bevölkerung im Sinne der Brüsseler Vorgaben stimmt. Schließlich weiß auch Tiedemann in der Jungle World: „Während die Zustimmung zur Gemeinschaftswährung innerhalb der Euro-Zone so hoch ist wie noch nie, sinkt sie in Bulgarien allerdings. Dort spricht sich rund die Hälfte der Bevölkerung gegen eine Abkehr von der Landeswährung Lew aus.“

Müsste diese sinkende Zustimmung nicht gerade ein Argument für eine Abstimmung über den Euro sein? Denn so könnte man verhindern, dass die Währung gegen den Willen der Mehrheit der Bevölkerung eingeführt wird. Doch wer so argumentiert, verkennt das Wesen der EU. Denn dort gilt das Prinzip, möglichst keine Abstimmungen der Bevölkerung der EU-Länder zuzulassen, wenn die Gefahr besteht, dass das Ergebnis nicht im Interesse der EU-Bürokratie  ausfällt.

Noch heute empören sich manche der ach-so demokratischen EU-Befürworter öffentlich, dass 2016 in Großbritannien die Bevölkerung tatsächlich über den Austritt aus der EU abstimmen konnte und dass das Ergebnis dann auch noch umgesetzt wurde. Schließlich gibt es ja viele Beispiele, wo über EU-Verfassungen abgestimmt wurden, die dann in Frankreich und den Niederlanden abgelehnt wurden, ohne dass es politische Konsequenzen hatte.  Notfalls lässt man so lange abstimmen, bis dann doch die gewünschte Mehrheit zustande kommt.

Warum die Euro-Einführung in Bulgarien?

Nun könnte man sich auch fragen, warum die EU-Bürokratie und ihre Anhänger in Bulgarien so sehr auf die Euro-Einführung in dem Land bestehen.  Schließlich gibt es ja einige Länder in der EU, die ihre Landeswährung beibehalten haben und so nicht Teil der Eurozone sind. Warum also der Druck im Fall Bulgariens?

Tatsächlich geht es bei der Euro-Einführung darum, ein weiteres europäisches Land die Bestimmung über die eigene Währungs-, Finanz- und Sozialpolitik zu nehmen.  Das ist im Fall Bulgarien besonders wichtig, weil es dort auch historisch eine starke prorussische Strömung in der Bevölkerung gibt, die bei den Vorgaben aus Brüssel nicht  bedingungslos mitzieht. Doch wenn Bulgarien erst den Euro eingeführt hat, schrumpfen die  Möglichkeiten für eine  eigenständige Wirtschaftspolitik  auf Null. Dann kann Brüssel direkt mitregieren.

Als die griechische Bevölkerung Nein zur Austerität sagte

Dafür gibt es ein sehr prägnantes, heute leider schon fast vergessene Beispiel. Es ist gerade mal 10 Jahre her, dass eine große Mehrheit der griechischen Bevölkerung nein sagte zur EU-Austeritätspolitik. Sie wählten mit Syriza nicht nur eine   linkssozialdemokratische Partei, die klar gegen die Austeritätspolitik der EU agierte, sie stimmten auch in einer Volksabstimmung, in der nach der Zustimmung zu dieser Austeritätspolitik gefragt wurden, mit Oxi, also mit nein.

Doch die Tsipras-Regierung gab dem Druck der EU-Troika, wesentlich getragen von deutschen Sparkommissaren wie Wolfgang Schäuble, nach. Ihr Druckmittel war die Drohung mit dem Rausschmiss Griechenlands aus der Euro-Zone. Die griechischen Linksrefomisten befürchteten eine massive Krise im Land und kapitulierten. Damals war vielen sozialen Bewegungen in den Ländern der europäischen Peripherie, die über viele Jahre gegen die EU-Austeritätspolitik protestiert hatten, eines sehr klar: Der Drohung mit dem Rausschmiss aus der Euro-Zone begegnet man am besten, in dem man gar nicht erst in die Euro-Zone reingeht, also den Euro nicht einführt oder selbstbestimmt und geordnet die  Eurozone verlässt.

Solche Diskussionen gab es vor mehr als 10 Jahren bei linken Parteien in Griechenland Spanien, Portugal und Frankreich.  Dort war ganz klar, dass die Länder als Teil der Euro-Zone keinerlei Spielräume für eine Sozial- und Wirtschaftspolitik im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung haben. Die Spielräume fehlen selbst dann, wenn es wie in Griechenland eine große Mehrheit in der Bevölkerung dafür gibt.

Angesichts dieser gerade Mal ein Jahrzehnt Jahre alten Erfahrungen ist es besonders unverständlich, wenn   in der Jungle World nur Stimmen von Politikern zitiert werden, die in bulgarischen Pro-EU-Parteien aktiv sind und deren Meinung dann unkritisch bejubelt wird. Da wird es doch tatsächlich als Beispiel für russische Desinformation hingestellt, wenn die Kritiker der bulgarischen Euro-Einführung behaupten, dass dann das bulgarische Parlament nicht mehr über den eigenen Haushalt entscheiden könne, ohne die EU zu fragen. Dabei ist dieser Einwand völlig korrekt. Jedes Land ist mit der Euro-Einführung  auch den entsprechenden Kriterien  unterworfen. Nicht nur die griechische Regierung unter Tsipras hat vor mehr als 10 Jahren zu spüren bekommen, was passiert, wenn ein Land es wagt, dagegen aufzumucken.  Immer wieder bekommen Regierungen von EU-Staaten die Daumenschrauben gezeigt, wenn sie gegen Kriterien in der Wirtschafts- und Finanzpolitik verstoßen, indem sie beispielsweise höhere Schulden machen, als die EU-Kommissare erlauben.

Es ist also völlig sinnvoll, wenn in Bulgarien im Vorfeld der geplanten Euro-Einführung über diese Folgen der Euro-Einführung diskutiert wird. Es wäre ein Ausdruck von Demokratie, wenn die bulgarische Bevölkerung den Druck erhöht, um darüber in einer Volksabstimmung zu entscheiden. Wenn die EU-Sprachrohre schon eine solche Abstimmung verhindern wollen, dann sind schon mal die Grenzen für eine Demokratie á la Brüssel gesteckt. Peter Nowak

Erstveröffentlichungsort:
Stadtwerkstatt zum Integrieren Entwicklungskonzept „Rudolfband“: Hochhäuser und Hotels statt Kiezgewerbe? Pressemitteilung Nr. 214 vom 08.07.2025 Wann? Dienstag, 22. Juli 2025, 17.30 bis 20.30 Uhr Wo? Zwingli-Kirche, Rudolfstraße 14, 10245 Berlin Anmeldung: Um Anmeldung unter diesem Link wird gebeten. Mit dem Integrierten Entwicklungskonzept (IEK) „Rudolfband“ hat das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine umfassende Strategie zur nachhaltigen Entwicklung des Stralauer Kiezes beschlossen und vorgelegt, die an das bezirkliche Gewerberaumkonzept anknüpft. Ziel ist es, die Flächen entlang der S-Bahntrassen südlich und westlich des Rudolfplatzes als ein lebendiges Quartier mit produzierendem Gewerbe, sozialen Nutzungen, Kultur und Clubs zu sichern und weiterzuentwickeln. Der kürzlich von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen vorgenommene Entzug der bezirklichen Planungshoheit im Rudolfband West mit dem Ziel, ein 140-Meter-Hochhaus mit Hotel, Büro und hochpreisigem Wohnen zu errichten, droht diesem Ziel entgegenzuwirken und bodenrechtliche Spannungen auszulösen. Im Ostteil hingegen bedroht die Planung der Bundesregierung des 17. Bauabschnitts der A100 die gewachsenen Nutzungsstrukturen und sozial-gewerbliche Entwicklungspotenziale. Das „Rudolfband“-Konzept, erarbeitet von den Büros bläser jansen partner GbR und Form Follows You GmbH, berücksichtigt neben wirtschaftlichen Aspekten auch Themen wie Klimaanpassung, Denkmalschutz, Freiraumgestaltung und Bürger*innenbeteiligung. Mit einem Planungshorizont von 20 Jahren sieht das Konzept Nachverdichtungen und aktivierende Maßnahmen für rund 58.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche vor. Langfristig soll das Rudolfband zu einem Modell für integrierte Stadtentwicklung werden, das wirtschaftliche Stabilität mit hoher Lebensqualität vereint. Dieses IEK soll nun der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt werden. Die Stadtwerkstatt bietet die Möglichkeit, über aktuelle Entwicklungen zu diskutieren und sich zu vernetzen. Bezirksstadtrat Florian Schmidt und Bezirksstadträtin Annika Gerold werden die Veranstaltung mit politischen Inputs eröffnen. Danach folgt die Vorstellung des IEKs. In Workshops werden anschließend folgenden Themen vertieft: a) Bezirkliche Haltung A100 und zivilgesellschaftliche Möglichkeiten b) Senatspläne zu Rudolfband West: Wie umgehen mit dem geplanten Hochhaus? c) Bauleitplanung zur Sicherung und Entwicklung der Gewerbeflächen! d) Klima, Freiraum und Verkehr Florian Schmidt, Bezirksstadtrat für Bauen, Planen und Kooperative Stadtentwicklung: „Zur Aufstellung des IEKs haben wir intensiv mit Anwohner*innen und Gewerbetreibenden zusammengearbeitet. Doch die aktuelle Planung eines Luxushotels durch den Senat, aber auch die Deklaration des Senats eines Teilraums zum Gewerbegebiet statt Arbeitsgebiet, in dem Hotels zulässig wären, gefährdet dieses Ziel erheblich, denn eine Verdrängung von Gewerbe durch heranrückende Wohnnutzung und Hotels kann nicht ausgeschlossen werden. Dadurch werden beispielsweise Clubs in ihrer Existenz gefährdet. Ich lade insbesondere Anwohnende und vor Ort ansässige Gewerbetreibende, aber auch alle stadtpolitisch Interessierte herzlich ein, sich bei der dritten Stadtwerkstatt zum Rudolfband aktiv einzubringen. Die aktive Bürgerbeteiligung am Rudolfband-Projekt ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft dieses Stückes Stadt und darüber hinaus.“ Weitere Informationen und eine Übersichtskarte zum Projekt: https://www.baustelle-gemeinwohl.de/baustellen/rudolfband/ und als Vorhaben auf der Beteiligungsplattform mein.Berlin.de: https://mein.berlin.de/vorhaben/2024-00975/ Medienkontakt E-Mail: presse@ba-fk.berlin.de Telefon: (030) 90298-2843 Pressestelle Tel.: (030) 90298 2843 E-Mail