Bloßer Aktionismus

Kaum hat das neue Semester begonnen, schon wird auch wieder über die Bildungsproteste gesprochen. Bundesweite Proteste sind für den 17. November geplant. Mit dem Motto »Occupy Education« soll an die neue Bewegung angeknüpft werden, die ausgehend von Spanien, Israel und den USA nun auch vor dem Reichstag in Berlin und der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt am Main ihre Zelte aufgeschlagen hat. Allerdings ist die Occupy-Bewegung hierzulande mehr ein Medienereignis als eine starke Bewegung. Wenn sich die Bildungsproteste einfach anschließen, wäre es eher die Fortsetzung des Aktionismus. Dabei sollte bei neuen Aktionen auf die Erfahrungen in den letzten Semestern angeknüpft werden und man muss sich dabei die Frage stellen, warum die Proteste letztlich stagnierten und sich nicht wie erhofft ausweiteten.

In der nachdenklichen Parole »Wir werden doch eh nichts ändern«, mit der ebenfalls zu den neuen Bildungsprotesten aufgerufen wird, werden diese Erfahrungen reflektiert. Dass ist auf jeden Fall eine bessere Grundlage als bloßer Aktionismus. Dass viele Studierende nicht eine abstrakte Bankenkritik sondern ihre konkrete Lebensrealität zum Protest reizt, zeigte sich in Frankfurt am Main. Dort hatten am 20. Oktober Studierende und Schüler ein leerstehendes Gebäude in der Schumannstraße 60 besetzt, um auf ihre schlechte Wohnungssituation aufmerksam zu machen. Viele Erstsemester müssen in Turnhallen oder auf der Couch bei Bekannten übernachten. Die nach Augenzeugenberichten brutale Räumung des Gebäudes hat zu Protesten auf dem Campus geführt und damit mehr zu einer Revitalisierung der Bildungsproteste beigetragen als ein abstrakter Bezug auf die Occupy-Bewegung es je könnte.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/209866.blosser-aktionismus.html

Peter Nowak


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