Uni-Kodex noch zeitgemäß?

Die plagierte Doktorarbeit Karl Theodor zu Guttenbergs hatte eine Protestwelle aus dem Wissenschaftsbetrieb zur Folge, ohne die wohl der schnelle Rücktritt des Ministers nicht erfolgt wäre. Die Wissenschaftler haben sich mit Recht dagegen verwahrt, dass man einen Minister durchgehen lässt, was bei jeden Studenten zu Sanktionen führen würde. Nachdem die Personalie Guttenberg zumindest vorerst abgehackt ist, bestünde eine gute Gelegenheit über eine Frage öffentlich zu debattieren, die in der Plagiats-Debatte notwendigerweise bislang ausgeblendet wurde: Ist die vielbeschworene Regel der wissenschaftlichen Community, die für wissenschaftliche Arbeiten nur eine individuell zuweisbare Autorenschaft kennt, im Internet-Zeitalter noch zeitgemäß?

Bisher wird die Debatte nur in Insiderkreisen geführt. So berichtete die Online-Ausgabe der Wirtschaftszeitschrift »brand eins« über ein von dem US-Computerunternehmen Mozilla im letzten Jahr in Barcelona organisierten Treffen zum Thema »Bildung im Internetzeitalter«. Wie sich die Rolle von Schulen und Universitäten, von Lehrern und Professoren ändert, wenn sich jeder sein Wissen selbst im Internet zusammensucht und wie sich das auf die Regeln der Wissenschaftsgemeinde auswirkt, war bei dem Meeting eine zentrale Frage. Vor allem die Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Lernens machen das Netz attraktiv. Schließlich kann sich dort schnell eine Gruppe von Lernenden mit kollektiven Lernergebnissen bilden. Kollektives Arbeiten steht auch bei der Onlineplattform Wikipedia im Mittelpunkt. Das Erstellen von Texten wird so zum gemeinschaftlichen Prozess, die Grenze zum Plagiat ist fließend. Der geltende Wissenschaftskodex stammt aber noch aus der Vor-Internet-Zeit. Daher müssen Studierende an vielen Hochschulen schon bei Seminararbeiten in einer Erklärung per Unterschrift versichern, alleiniger Verfasser zu sein.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/193416.uni-kodex-noch-zeitgemaess.html

Peter Nowak


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