Panzer und Verbote gegen Kurden

Gerade wegen des hohen Vertrauensverlusts in herkömmliche Formen der Politik sollen linke Alternativen ihre Realitätstauglichkeit erst gar nicht beweisen können

Am Samstag hat die aus ganz Deutschland herbeigerufene Polizei in Köln eine Demonstration von Kurden und linken Gruppen nach kurzer Zeit aufgelöst. Es gab dort allerdings weder gewaltbereite Demonstranten noch den gerne herbeizitierten Schwarzen Block. Stein des Anstoßes für die Polizei waren vielmehr Fahnen mit dem Konterfei des PKK-Mitbegründers Abdullah Öcalan.

Um 16 Uhr hieß es gestern im Polizeiticker (mittlerweile nicht mehr zugänglich, Einf. d. Red.):

Die Polizei Köln hat um 14.40 Uhr die Entscheidung getroffen, die Versammlung wegen fortgesetzter eklatanter Verstöße gegen Versammlungsauflagen aufzulösen. Eine größere Gruppe von Personen mit verbotenen Symbolen (insbesondere Öcalan-Fahnen) wird durch die Polizei vorläufig festgehalten, um die Personalien festzustellen. Gegen weitere Träger verbotener Symbole im Aufzug wird gleichermaßen ermittelt.

Polizei Köln

Nun kann man sich sicherlich fragen, ob es nicht eher Personenkult als emanzipatorische Politik ist, wenn ein Mann so in den Mittelpunkt einer linken Demonstration gestellt wird. Zumal neben Öcalan viele andere Männer und Frauen der kurdischen Bewegung im Gefängnis sind oder ermordet worden. Eine solche Debatte ist wichtig und wird in der linken Bewegung geführt.

Wegen des Zeigens inkriminierter Fotos die Grundrechte einschränken?

Doch nach Köln stellen sich andere Fragen an die Polizei und die verantwortlichen Behörden. Warum reicht das Zeigen von inkriminierten Fotos, mit denen niemand geschlagen und verletzt werden kann, um die Grundrechte von mehr als 20.000 Menschen massiv einzuschränken? So viele Menschen hatten sich in Köln zur Demonstration gegen den Einmarsch der Türkei in kurdische Gebiete versammelt.

Als die Demonstration aufgelöst wurde, waren noch Tausende Demonstranten auf den Weg nach Köln. Das Komitee für Grundrechte hat bereits in der Vergangenheit wiederholt betont, dass das Demonstrationsrecht ein so zentrales Grundrecht ist, dass es nicht einfach eingeschränkt oder durch Demonstrationsauflösungen verweigert werden kann, nur weil in der Demonstration nach Ansicht der Polizei Ordnungswidrigkeiten verübt wurden.

So hätte es im Fall von Köln ausgereicht, wenn die Polizei die „verbotenen Fahnen“ und ihre Träger fotografiert und dann Anzeigen gemacht hätte. Dann hätten ja Gerichte womöglich bis in die EU-Instanzen klären können, ob das Verbot überhaupt Bestand hat. Ein solches Vorgehen wäre schon deshalb möglich gewesen, weil die Polizei in ihrer Mitteilung ja selber schreibt, dass sie wiederholt in die Demonstration gehen musste, um Fahnen zu entfernen und Fahnenträger zu identifizieren.

Das scheint möglich gewesen zu sein, ohne dass es zu gravierenden Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen ist. Von der Demonstration ging also keine Gewalt aus. Warum dann das Zeigen der Fahnen eine Demonstrationsauflösung und damit eine Verweigerung des Grundrechts auf Demonstrationsfreiheit rechtfertigte, werden wohl auch noch die Gerichte klären müssen.

Warum das Verbot einer Öcalan-Fahne?

Jenseits der begründeten Kritik am Personenkult stellt sich die Frage, warum überhaupt ein Konterfei von Öcalan strafbar sein soll. Schließlich stellt es kein Organisationssymbol da. Auch die Tatsache, dass Öcalan eine in Deutschland und der Türkei verbotene Organisation, die PKK, gegründet hat, kann ein Verbot nicht rechtfertigen. Es ist schließlich nicht bekannt, dass in Deutschland Fotos von Ulrike Meinhof oder Gudrun Ensslin, den Mitbegründerinnen der RAF, verboten sind.

Es soll hier gar nicht erörtert werden, welchen Sinn eigentlich das PKK-Verbot macht. Die Argumente derer, die eine Aufhebung des Verbots fordern, sind gewichtig, zumal sich die Organisation in den letzten zwei Jahrzehnten politisch gewandelt hat von einer autoritär strukturierten poststalinistischen Organisation zu einer Gruppierung, die Rätegedanken, Feminismus und selbst libertären Elementen aufgeschlossen gegenübersteht.

Das ist der Grund, warum sich Menschen, die sich für eine Linke auf der Höhe der Zeit interessieren, mit den Schriften von Öcalan zu befassen. Es gab in den letzten Jahren zahlreiche Kongresse in Hamburg, auf denen sich Feministinnen, Sozialisten und Libertäre mit den Schriften von Öcalan befassten.

Soll mit Öcalan eine Person kriminalisiert werden, die für eine linke Alternative steht?

In den vom IS und dem Assad-Regime befreiten Gebieten Syriens versuchen die kurdischen Kräfte diese Vorstellungen ebenso in die Praxis umzusetzen, so wie sie es mehrere Jahre auch in Ostkurdistan praktizierten. Bei zwei Mesopotamischen Sozialforen konnten Menschen aus aller Welt sich davon überzeugen, dass diese rätedemokratischen Strukturen funktionierten.

Es war das türkische Militär, das diesen Modellen ein Ende machte in Ostkurdistan. Das versucht das Militär jetzt auch in den vom IS und Assad befreiten Enklaven in Syrien. Beide Male wurden und werden dafür auch Waffen aus Deutschland eingesetzt. Deutsche Panzer an der Grenze zu Syrien waren in der letzten Woche in der Presse zu sehen.

Daher haben viele kurdische Aktivisten den Eindruck, dass ihnen der deutsche Staat mit an die türkische Regierung gelieferte Panzer und mit Verboten und Grundrechtseinschränkungen entgegentritt. „Krieg in Kurdistan und Repression in Deutschland“ – so wird in kurdischen Medien dieser Zusammenhang hergestellt.

Deutschland liefert nicht nur Waffen und Waffenproduktionslizenzen an die Türkei. Seit März 2017 sehen wir uns auf deutschen Straßen mit einer verschärften Repressionspolitik konfrontiert. Praktisch alle kurdischen Flaggen und Symbole werden auf unseren Demonstrationen verboten, darunter auch die Flaggen der nordsyrischen YPG, YPJ und PYD. Völlig absurd wird es, wenn uns, wie im Fall unserer bundesweiten Demonstration gegen die Angriffe in Afrin am kommenden Samstag in Köln, auch die kostenlose Bereitstellung von Essen und Trinken für die Demonstrationsteilnehmer verboten wird.

Ayten Kaplan, Ko-Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland

Der Grund für diese Repression liegt auf der Hand. Die türkische und die deutsche Regierung, so zerstritten sie auch in Details sind, wollen alles daransetzen, um praktische Alternativen zum abgewirtschafteten bürgerlichen Parlamentarismus gar nicht erst aufkommen zu lassen.

Gerade weil sie wissen, dass viele Menschen das Vertrauen in die herkömmlichen Formen der Politik verloren haben, sollen linke Alternativen ihre Realitätstauglichkeit gar nicht beweisen können. Deswegen wird ein solcher Aufwand und eine solche Einschränkung der Grundrechte für die Jagd auf Öcalan-Bilder betrieben.
https://www.heise.de/tp/features/Panzer-und-Verbote-gegen-Kurden-3952672.html

Peter Nowak
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[1] https://koeln.polizei.nrw/artikel/informationen-zur-nav-dem-demonstration-am-samstag-koeln
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[3] http://www.grundrechtekomitee.de
[4] https://pkk-verbot-aufheben.blackblogs.org
[5] https://direkteaktion.org/211-vom-zentralismus-zum-kommunalismus/
[6] https://nadir.org/nadir/periodika/kurdistan_report/2009/146/19.htm
[7] http://navdem.com/krieg-in-kurdistan-repression-in-deutschland/
[8] http://navdem.com/krieg-in-kurdistan-repression-in-deutschland/
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Die Möglichkeit des radikal Anderen

100 Jahre nach der brutalen Niederschlagung: Autor Simon Schaupp über die Bedeutung und Erforschung der Bayerischen Räterepublik

Zur Person

Simon Schaupp ist Soziologe und in der Technischen Universität München als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig. Er hat kürzlich im Unrast-Verlag »Der kurze Frühling der Räterepublik – ein Tagebuch der bayerischen Revolution« herausgeben. Am 26.1. stellt Schaupp das Buch im Berliner FAU-Lokal in der Grüntaler Straße 24 vor.

Mit dem Wissenschaftler sprach Peter Nowak.

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»Hetze gegen die Antifa«

Nach über drei Jahren endete der Rechtsstreit zwischen der FPÖ und dem Erfurter Videokollektiv ­»Filmpiratinnen und Filmpiraten« mit einem Vergleich. Die FPÖ muss dem Thüringer Verein etwa 6 100 Euro überweisen und sich schriftlich verpflichten, dessen Videomaterial künftig nicht mehr zu verwenden. Der Filmpirat Jan Smendek im Gespräch.

Was war der Hintergrund des Rechtsstreits mit der FPÖ?

„»Hetze gegen die Antifa«“ weiterlesen

Düstere Aussichten für linke AktivistInnen

Vor dem Hintergrund des verschärften Demonstrationsrechts befürchten Linke, dass der Staat auch 2018 hart gegen sie vorgehen wird

»2017 war kein gutes Jahr für die Grundrechte, und es gibt keine Anzeichen, dass es im neuen Jahr besser wird«, erklärte die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Martina Renner bei der Podiumsdiskussion »Solidarisch gegen Überwachung und Repression«, die am vergangenen Samstag in Berlin stattfand. Ein breites Bündnis aus Antifagruppen, kurdischen AktivistInnen, bürgerrechtlichen Initiativen und der LINKEN hatte zu der Veranstaltung eingeladen.

Die ReferentInnen der Diskussionsrunde informierten die rund 250 ZuhörerInnen über die unterschiedlichen Repressionsfälle der letzten Monate. Der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der Betroffene des Verbotsverfahrens der Internetplattform Linksunten vertritt, kritisierte die begrenzte Solidarisierung mit der Plattform. Obwohl es Demonstrationen linker Gruppen in verschiedenen Städten gab, sei eine Kampagne, die das bürgerrechtliche Spektrum einbeziehe, ausgeblieben. Dabei werde die Dimension des Indymedia-Paragrafen noch gar nicht begriffen. »Hier wurde nicht nur eine linke Struktur in Freiburg angegriffen, der Angriff richtet sich gegen Versuche, Nachrichtendienste jenseits von Facebook aufzubauen«, so Adam. Zudem verwies er darauf, dass aus den Verfahren bereits Kosten von 50 000 bis 60 000 Euro angefallen seien. Dabei seien die Schäden, die den Betroffenen durch die Razzien und die Beschlagnahme von Kommunikationsgeräten entstanden sind, noch gar nicht berücksichtigt. Adam problematisierte auch die Rolle des Verfassungsschutzes in dem Verfahren. Der habe mit seinen Berichten über gefährliche Personen die Grundlage für die Razzien geliefert.

Über mangelnde Solidarität klagte auch Benjamin Derin. Der wissenschaftliche Mitarbeiter der Freien Universität Berlin im Bereich Strafrecht und Kriminologie vertrat das bürgerrechtliche Spektrum. Er monierte, dass beim gescheiterten Versuch, MitarbeiterInnen von netzpolitik.org wegen der Veröffentlichung von als geheim eingestuften Dokumenten wegen Landesverrats anzuklagen, die Unterstützung der außerparlamentarischen Linken gering gewesen sei. Die Solidaritätsarbeit sei 2015 weitgehend von bürgerrechtlichen Gruppen getragen worden. Einen Grund dafür vermutete Derin in dem weitgehenden Desinteresse der radikalen Linken an Fragen des Strafrechts, wenn sie nicht selber davon betroffen sind. Dabei zeigen die hohen Haftstrafen gegen vermeintliche Straftäter der G20-Prozesse, dass hier die Instrumentarien genutzt werden, die vorher ohne große Proteste geschaffen wurden. Dazu gehört das wenige Wochen vor dem G20-Gipfel beschlossene Gesetz zur »Stärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften«, welches das Demonstrationsrecht enorm verschärfte.

Auch die kurdische Bewegung ist in Deutschland zunehmenden Repressalien ausgesetzt, berichtete ein Mitglied des kurdischen Zentrums für Öffentlichkeit. Erst am 12. Januar hatte die Polizei die Räumlichkeiten des Kurdisch-Deutschen Zentrums in Hamburg nach Fahnen und Transparenten des in der Türkei inhaftierten PKK-Gründers Öcalan durchsucht. Die Auflagen bei kurdischen Festen und Veranstaltungen seien in der letzten Zeit rigider geworden. So dürfe kein Essen verkauft werden, und selbst das kostenlose Verteilen von Wasser sei per Auflage verboten worden.

Im Anschluss an die Veranstaltung kritisierte ein Teilnehmer, dass eine Abgeordnete der Linkspartei, die in Berlin mitregiert, zur Diskussion eingeladen worden sei. Ein Mitglied der mitveranstaltenden North East Antifa (NEA) entgegnete, dass man der massiven Welle der Repression nur gemeinsam entgegentreten könne. Aus dem Publikum kam dann der Vorschlag, das Bündnis auf Repression und Überwachung am Arbeitsplatz und die Verschärfung der Gewerkschaftsrechte auszuweiten.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1076448.duestere-aussichten-fuer-linke-aktivistinnen.html
Peter Nowak

FPÖ muss Filmpiraten Entschädigung zahlen

Nach über drei Jahren wurde der Rechtsstreit zwischen der rechtspopulistischen österreichischen FPÖ und dem Erfurter Verein Filmpiratinnen und Filmpiraten mit einem Vergleich beendet. Geklagt hatten die Filmpirat*innen, weil die Partei ohne deren Einwilligung Filmausschnitte verwendet und mit eigenem Text versahen hatte. Für diese Urheberrechtsverletzung muss die FPÖ dem Verein nun 6100 Euro zahlen und hat sich verpflichtet, das Videomaterial nicht mehr zu verwenden.

Gegenstand des Streits war ein Film über den Prozess gegen den Jenaer Studenten Josef S., der 2013 im Zuge der Proteste gegen den Wiener Akademikerball, einem Stelldichein der europäischen Rechtsaußenpolitiker auf Einladung der FPÖ, unter dem Vorwurf des schweren Landfriedensbruchs verhaftet worden war und in Österreich mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hat. Jenas Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD) verlieh dem Studenten später einen Preis für Zivilcourage.

Als Reaktion auf die Klage der Filmpirat*innen hatte die FPÖ ihrerseits Klage gegen die Filmpirat*innen vor dem Wiener Handelsgericht erhoben. Die Partei warf den Erfurter_innen darin Behinderung der Meinungsfreiheit und falsche Anschuldigungen vor. Die Prozesskosten hätten für den kleinen Verein, der nur aus Ehrenamtlichen besteht, existenzbedrohend sein können. Daher herrschte große Erleichterung, als die FPÖ ihre Klage im September 2016 in erster Instanz verloren hat. Das Urteil wurde später vom Obersten Gerichtshof in Wien bestätigt.

Die Klage der Filmpirat*innen gegen die FPÖ wegen der widerrechtlichen Nutzung des  Videomaterials wurde mit dem Abschluss des Vergleichs zurückgezogen. „Nach über 3 Jahren gerichtlicher Auseinandersetzung ist die FPÖ auf alle unseren außergerichtlichen Forderungen eingegangen. Die Auseinandersetzung hat die letzten Jahre viel Kraft, Geld und Nerven gekostet“,  erklärte Filmpirat*innensprecher Jan Smendeck gegenüber M. Nun will der Verein seinen nächsten Film fertigstellen, der den Opfern rechter Gewalt in Thüringen gewidmet ist.

aus: Menschen Machen Medien

FPÖ muss Filmpiraten Entschädigung zahlen

Peter Nowak

Zwei Bücher über die radikale Linke in Berlin Jagd auf Linke als Krimi

Zwei neue Bücher befassen sich mit radikalen Linken in Berlin. Viele Fragen bleiben jedoch offen.

»Dies ist die Geschichte von Oliver Rast. Sie handelt von einem Mann, der einmal ein Juso war.« So stellt der Journalist Frank Brunner die Hauptfigur seines kürzlich im Lübbe-Verlag erschienenen Buches »Mit aller Härte. Wie ­Polizei und Staatsschutz Linksradikale jagen« vor. Gestützt auf Polizeiakten, Prozessberichte, Interviews und persönliche Recherche schildert er darin die jahrelange Jagd von Staatsschützern und Polizei auf eine kleine Gruppe radikaler Linker. Oliver Rast ist nicht etwa ein an der Jagd beteiligter Politiker oder Ermittlungsbeamter. Der ehemalige Juso radikalisierte sich, betätigte sich im Studierendenparlament der FU Berlin und wurde schließlich in einem ­Indizienprozess wegen eines Brandanschlags und Mitgliedschaft in der »Militanten Gruppe«, einem klandestinen Zirkel der radikalen Linken, zu ­einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.

Rast äußerte sich im Prozess nie zu diesem Vorwurf. Nun ist er der Held eines Buches, das linke Geschichte als Kriminalfall auch Lesern schmackhaft zu machen versucht, die unterhalten werden wollen.

»Ich wollte ein Buch, in dem ohne Diskreditierungen klandestine Militanz thematisiert wird. Das ist absolut gelungen«, sagte Rast der Jungle World. Es sei ihm darum gegangen, militante Gruppen nach dem Ende der Revolutionären Zellen und der RAF in den Fokus zu rücken. »In der Post-RAF-Ära hat sich im militanten Sektor der radikalen Linken mehr getan, als man heute vielleicht vermutet«, so Rast.

Hier zeigen sich aber auch die Grenzen eines solchen Projekts. So hat Brunner auch Bernhard Falk besucht, der sich zunächst für RAF-Gefangene einsetzte, als Mitglied der Antiimperialistischen Zellen die Liebe zum Islam entdeckte und sich derzeit in der Gefangenenhilfe für inhaftierte Salafisten engagiert. Im Buch präsentiert sich Falk weiterhin als überzeugter Antiimpe­rialist – unter der grünen Fahne des Propheten. Da ergäben sich viele Fragen, auch zur Haltung der militanten Linken zu Islam und Islamismus lange vor den Anschlägen vom 11. September 2001. Doch solche Fragen stellt Brunner kaum. Das wird deutlich, wenn er Rast fragt, ob der Weg zur von Rast mitgegründeten Gefangenengewerkschaft Reformismus sei. Der überreicht ihm mit den Worten »Beantwortet das Ihre Fragen?« die Kopie des von Ulrike Meinhof 1974 verfassten »Provisorischen Kampfprogramms für den Kampf um die politischen Rechte der gefangenen Arbeiter«. Damit endet das Buch.

Viele Fragen hatte dagegen der in Wien lebende Journalist Samuel Stuhlpfarrer. Er hat im Mandelbaum-Verlag unter dem Titel »Kommen. Gehen. Bleiben« Gespräche mit Andrej Holm veröffentlicht. Holm war 2007 mit Rast verhaftet worden und hatte im vorigen Jahr Schlagzeilen gemacht. Der Sozialwissenschaftler mit dem Schwerpunkt Wohnungspolitik war zum Staatssekretär für Wohnen in Berlin ernannt worden, doch bald dominierte seine fünfmonatige Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit in der DDR die ­Berichterstattung. Schließlich trat er zurück. In Stuhlpfarrers Buch schildert Holm seine politische Sozialisation in einem kommunistischen Elternhaus und seine langsame Entfremdung vom SED-Regime. Erfreulich ist auch, dass er an den weitgehend vergessenen außerparlamentarischen Widerstand im Berlin der früheren neunziger Jahre erinnert, in den er involviert war.

Doch auch Holm und sein Interviewer erzählen nicht die ganze Geschichte. Kein Wort etwa über die Zeitschrift Radikal, die der offizielle Grund für Holms flächendeckende Überwachung war. Dafür folgt am Ende ein klares Bekenntnis zur Verfassung und zur Hoffnung auf Reformen. Diese können Holm zufolge aber eher von der außerparlamentarischen als der parlamentarischen Linken angestoßen werden.

Die Bücher machen auch deutlich, dass Holm und Rast – 2007 forderte eine Solidaritätskampagne ihre Freilassung – sich heutzutage nichts mehr zu sagen haben. In Brunners Buch wird Holm fast nur negativ erwähnt. Auch in der Linken gibt es Indizienprozesse mit zweifelhafter Beweisführung.

https://jungle.world/artikel/2018/01/jagd-auf-linke-als-krimi

Peter Nowak

Oury Jalloh: „Und wenn es doch Mord war?“

Nach der bundesweiten Demonstration zum 13.Jahrestag des ungeklärten Todes des Asylbewerbers aus Sierra Leone geht es um die Frage, ob es gelingt, den Druck zu verstärken

Manche Autofahrer werden am Wochenende über die neuen Verkehrsschilder gestaunt haben. Dort wo sonst für das Bauhaus oder das Unesco-Weltkulturerbe Dessau-Wörlitzer Gartenreich geworben wird, prangte die Aufschrift Oury Jalloh-Stadt Dessau. Das dürfte wohl Marketingexperten der Stadt und rechte Politiker aller Parteien mehr ärgern als die Großdemonstration am vergangenen Sonntag .

Knapp 4.000 Menschen aus der ganzen Republik hatten sich am 7. Januar in Dessau versammelt. Dort verbrannte vor 13 Jahren Oury Jalloh an Armen und Beinen in einer Polizeizelle. Die zentrale Parole lautete „Oury Jalloh, das war Mord.“ Seit 13 Jahren waren Freunde und Unterstützer von Oury Jalloh alljährlich nach Dessau gekommen, um an den Toten zu gedenken und die Aufklärung der Todesumstände zu fordern.

Sie sind von Anfang an davon ausgegangen, dass Oury Jalloh gewaltsam in der Dessauer Polizeiwache zu Tode kam. Doch sie wurden kriminalisert, wenn die die Parole „Oury Jalloh, das war Mord“ skandierten und auf Schildern und Transparenten zeigten.

Todeszone Dessauer Polizeizelle

Mittlerweile geht sogar der Staatsanwalt Frank Bittmann davon aus, dass Oury Jalloh ermordet wurde. Das Motiv könnte darin bestanden haben, dass man ihn beseitigen wollte, weil er zuvor auf der Polizeiwache misshandelt wurde. Er hätte später Aussagen machen können, dann wären die ungeklärten Todesumstände von Klaus-Jürgen R. und Mario B. womöglich noch bekannt geworden.

Klaus-Jürgen R. ist 1997, Mario B. 5 Jahre später in der Dessauer Polizeiwache zu Tode gekommen. Sie stammten aus armen Verhältnissen, niemand fragte nach den Todesumständen, es gab keine Ermittlungen und kein Medieninteresse. Ihre Namen waren vergessen. Das wäre auch mit Oury Jalloh geschehen, der auf der Suche nach einem besseren Leben von Sierra Leone nach Deutschland kam und in Dessau den Tod fand.

Es ist der Beharrlichkeit seiner Freunde und Unterstützer zu verdanken, dass Oury Jalloh und die Dessauer Verhältnisse nun weit über Deutschland hinaus ein Begriff geworden sind. Dadurch wurden auch die beiden anderen Opfer der Dessauer Verhältnisse der Anonymität entrissen. Es ist aber nun keineswegs davon auszugehen, dass Dessau da so eine Ausnahme in Deutschland ist. Was in den anderen Städten fehlt, sind eben Initiativen wie die der Unterstützer für Oury Jalloh.

Komplettversagen von Justiz und Zivilgesellschaft

Nun könnte man denken, wenn jetzt fast 4.000 Menschen auf die Straße gehen und die Parole „Oury Jallo, das war Mord“ nicht mehr kriminalisiert wird, ist doch noch alles gut geworden. Doch das wäre ein Selbstbetrug. Denn dem erwähnten Staatsanwalt Bittmann wurde der Fall entzogen, nachdem er von einem Mord ausgegangen ist.

Ein Polizeibeamter, der mehrmals Aussagen machen wollte, die der offiziellen Version widersprachen, wurde abgewiesen und mit Sanktionen bedroht. Es müsste eigentlich republikweite Proteste gegen diese Versuche geben, die Aufklärung des Todes von Oury Jalloh zu behindern. Auf ganzer Linie versagt hat auch die Justiz, die sich schon früh auf die Version festgelegt hat, wonach sich der Tote nur selber umgebracht haben kann.

Das Undenkbare

Was nicht in diese Version passte, wie das nicht vorhandene Feuerzeug und die schnelle Ausbreitung des Feuers, das nur durch Brandbeschleuniger erklärt werden kann, wurde ausgeblendet. Es waren die Initiativen, die Gerechtigkeit für Oury Jalloh forderten, die auf eigene Veranlassung und mit eigenem Geld Gutachten orderten, die nachwiesen, dass die offizielle Version nicht stimmen kann. Sie haben einen Staatsanwalt zum Umdenken gebracht.

Auch die liberalen Medien haben immer noch an der Verson festgehalten, dass es einen Mord in einer Polizeizelle in Deutschland nicht geben kann. Doch mittlerweile, nach dem Umdenken des Staatsanwalts, beginnen einige Medien das für sie bisher Undenkbare zu formulieren: Und wenn es doch Mord war?

Darauf könnte man mit dem Hinweis auf eine „Tradition“ in Deutschland antworten. Vor 100 Jahren im Jahr Herbst 1918 und im Frühjahr 1919 wurden Tausende von protestierenden Arbeitern überall in Deutschland erschossen. Die rechten Freikorps handelten im Auftrag der Regierung. Für den Historiker Sebastian Haffner begann hier eine Entwicklung, die in den NS-Massenmorden gipfelten. Nach 1945 machte das alte Personal weitgehend weiter.

Parallelen zum NSU

Auch nachdem diese Generation in Rente gegangen war, blieb vieles von der Tradition erhalten. Deshalb konnte der NSU-Komplex unter Aufsicht von Geheimdiensten so lange morden. Während die Opfer unter der Parole „Kein 10. Opfer“ auf die Straße gingen, verdächtigten Justiz, Politik und die meisten Medien die Opfer und ihre Angehörigen.

Das Erschrecken, nachdem sich der NSU in Teilen selbstaufgedeckt hat, war nur kurz. Wenn kürzlich ein verurteilter Neonazi in Hamburg eine Bombe legte, kommt sofort die Entwarnung, es sei nur ein unpolitischer Trinker gewesen.

Derweil formieren sich auch im Fall von Oury Jalloh die Rechtsaußengruppen wie die AfD, die die Polizei und die Stadt Dessau am Pranger sehen und die Schließung der Akten fordern. Selbst am Todestag von Oury Jalloh waren sie mit knapp 150 Personen mit einer Kundgebung vertreten.

Am Fortgang des Falls wird sich zeigen, ob es in Deutschland noch möglich ist, erfolgreichen Widerstand gegen die Dessauer Verhältnisse zu organisieren. Wenn es möglich ist, dass ein Verfahren eingestellt wird, obwohl ein Staatsanwalt von einen Mord ausgeht, dann muss man wohl nur dem Begriff Rechtsstaat eine neue Bedeutung geben.

https://www.heise.de/tp/features/Oury-Jalloh-Und-wenn-es-doch-Mord-war-3936789.html

Peter Nowak

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[1] http://www.bento.de/today/oury-jalloh-stadt-dessau-autobahn-schild-erinnert-an-verbrannten-asylbewerber-1996716/
[2] https://www.heise.de/tp/features/Oury-Jalloh-das-war-Mord-3893511.html
[3] http://www.sozonline.de/2012/02/oury-jalloh-das-war-mord/
[4] http://thevoiceforum.org/node/3030
[5] https://www.berliner-zeitung.de/politik/drei-tote-in-dessau-ein-eigentlich-unvorstellbares-szenario–29256548
[6] http://www.taz.de/!5472022/
[7] http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/id_83008906/demonstration-fuer-oury-jalloh-und-wenn-es-doch-mord-war-.html
[8] http://www.nsu-tribunal.de/
[9] https://www.nsu-watch.info/2014/01/kein-10-opfer-kurzfilm-ueber-die-schweigemaersche-in-kassel-und-dortmund-im-maijuni-2006/
[10] https://www.focus.de/regional/hamburg/hamburg-explosion-am-s-bahnhof-veddel-bomber-ein-nazi-und-totschlaeger_id_8028435.html
[11] https://www.facebook.com/afdfraktion.lsa/videos/1578397642182871/

Der US-Geheimdienst und die Kunst

„Parapolitik“: Die CIA, kulturelle Freiheit und der Kalte Krieg

Verschwörungstheoretiker sind ja schon lange der Meinung, dass Geheimdienste aller Art die Welt in ihrem Innersten lenken. Sie sehen hinter allen politischen und gesellschaftlichen Phänomen die Handschrift eines Geheimdienstes. Antikommunisten nicht nur in den USA haben im Kalten Krieg die rote Gefahr so permanent heraufbeschworen, dass sogar einige Minister in der Mc-Carthy-Ära daran glaubten.

Doch auch die autoritären Kommunisten, vor allem die Stalinisten, sahen sich oft von Verschwörungen umgeben. Wenn der von oben verordnete Plan nicht funktionierte, wenn es Missernten gab, und die Bevölkerung unzufrieden wurde, dann war meistens eine internationale Verschwörung daran schuld. Die CIA stand da an erster Stelle.

Nun widmet sich die noch bis 8. Januar im Berliner Haus der Kulturen der Welt gastierende Ausstellung Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg der im Kalten Krieg von der CIA gesponserten Kultur. Doch Verschwörungstheoretiker kommen nicht auf ihre Kosten. Denn es handelte sich durchaus nicht um Auftragskunst.

In der etwas verschrobenen Sprache der Ausstellungskataloge heißt es:

Das Verhältnis von ideologischer Inanspruchnahme und künstlerischem „Autonomieverhalten“ ist zentrales Thema der Ausstellung. Die gezeigten Arbeiten und Archivmaterialien setzen sich mit den ideologischen Widersprüchen und dem Widerhall der US-„Freiheitsoffensive“ der Nachkriegsjahre auseinander. Zeitgenössische Beiträge thematisieren das Erbe des Kalten Krieges und erkunden die Beziehung zwischen politischem Engagement und kritischer Distanz.

Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg

Wenn man diese Wortklingelei weglässt, findet man eine Ausstellung mit zahlreichen künstlerischen Objekten in Ost und West, die sich längst nicht nur um die CIA-gesponserte Kultur drehen. Natürlich wurde auch die Kunstdebatte im nominalsozialistischen Lager mit einbezogen.

Streit um ein Stalin-Porträt von Picasso

So wird in einen Video von Lena Berg der Disput nachgezeichnet, den Picasso mit seinem Stalin-Porträt in einer französischen kommunistischen Kulturzeitung auslöste. Picasso, der damals schon lange Mitglied der Kommunistischen Partei war, wollte damit eigentlich den sowjetischen Regenten würdigen.

Doch es empörten sich nicht nur Rechte, sondern auch parteitreue Kommunisten in Frankreich und der Sowjetunion. Für sie hatte Picasso Stalin nicht heroisch genug gestaltet. Er war nicht hart genug, hatte sogar etwas Feminines, ein Sakrileg für autoritäre Sozialisten. Immerhin scheint man auch dort lernfähig.

Die Kleinstpartei MLPD, die sich zumindest in Teilen noch immer auf Stalin bezieht, hat Picassos Porträt ausdrücklich gegen die „Biedermänner“ von rechts und links verteidigt. Nun würde eine Ausstellung dann nicht besonders auffallen, wenn sie noch einmal die zweifellos vorhandene Feindseligkeit gegen moderne Kunst im Stalinismus die oft noch mit antijüdischen Ressentiments verknüpft war, aufspießt.

Der Fall Rosenberg: Politische Verfolgung im Westen

Doch Parapolitik zeigt, dass es auch im sogenannten Westen antisemitisch grundierte Kampagnen gegen Linke gab. So sind in der Ausstellung Arbeiten der US-Künstlerin Martha Rössler zum Fall Rosenberg zu sehen. Das der Atomspionage verdächtigte Ehepaar wurde schließlich hingerichtet.

Vorher gab es in den USA eine heftige Kampagne gegen die jüdischen Kommunisten. Der Fall Rosenberg geschah mitten im Kalten Krieg und wurde in der linken und liberalen Kunstszene als absoluter Tabubruch wahrgenommen.

Es war ein Stück Faschismus in der bürgerlichen Demokratie und bis auf eine absolute Minderheit gab es kaum jemand, der die Rosenbergs verteidigte. Leider gibt es in Deutschland im Jahr 2017 noch immer Kommentatoren, die im Geist des Kalten Kriegs eifern. Dazu gehört Marko Martin, der nichts auf seinen so idealisierten „Freien Westen“ kommen lassen.

In der Jüdischen Allgemeinen Zeitung beschuldigte er die Ausstellung, „antiwestliche Mythen“ zu verbreiten. Dabei greift Martin selber in die Propagandakiste des Kalten Krieges:

Nichts erfährt man also von den jüdischen Biografien der damaligen Intellektuellen, deren Antitotalitarismus im Ausstellungstext lediglich in Anführungszeichen vorkommt, während Laskys öffentlicher Protest gegen Schriftstellerverfolgungen in der UdSSR als „infam“ denunziert wird und die uralte stalinistische Geschichtslüge wiederauflebt, nach der antitotalitäres Denken auf einer „Gleichsetzung“ von Nazismus und Kommunismus beruhe.

Marko Martin

Natürlich beruhte der Antitotalitarismus auf der Gleichsetzung von NS und Stalinismus. Manche sahen allerdings sogar die Sowjetunion als die größere Gefahr. Vor allem natürlich die vielen ehemaligen willigen Vollstrecker der NS-Politik in Deutschland und Europa.

Martin hat Recht, wenn er feststellt, dass es unterschiedliche Gründe gab, warum Menschen antitotalitäre Ideologien vertreten haben. Es gab nicht nur die NS-Mitläufer, die nun hofften, unter dem Banner des freien Westens ihrem alten Ziel, der Zerschlagung der Sowjetunion, näherzukommen.

Es gab auch gewandelte Ex-Stalinisten, die nun als Renegaten den gleichen Eifer, mit der sie vorher alle linken Abweichungen bekämpft haben, gegen ihre ehemaligen Gesinnungsgenossen wandten. Linke Dissidenten, die schon immer in Widerspruch zum autoritären Sozialisten standen, waren wieder die Verfolgten. Sie wurden von den nun rechten Antitotalitären erneut bekämpft, die ihnen bereits als Stalinisten das Leben schwer gemacht hatten.

Es ist natürlich nicht verwunderlich, dass Martin in seinem Artikel nicht die auf die Rosenbergs eingeht. Jüdische Opfer des Kalten Krieges darf es nur im Ostblock, nicht aber im Westen gegeben haben

Kunst vor der Zerstörung der Vernunft

Die Ausstellung kann ein wirksames Antidot gegen ein solches Schwarz-Weiß-Denken sein, wenn man sich wirklich auf sie einlässt und sich Zeit nimmt. Da entdeckt man wahre künstlerische Raritäten, so die Installation Come out von Steve Reich, eine Homepage an die schwarze Bürgerrechtsbewegung der 1960er.

Das waren noch Zeiten, als sich engagierte Künstler mit weißer Hautfarbe mit einer solchen Arbeit nicht den Vorwurf einfingen, sie würden über ein Thema arbeiten, dass sie nichts angeht. Solche Vorwürfe müssen sich heute engagierte Künstlerinnen und Künstler, seien es Filmregisseure, Maler oder Fotografen anhören, wenn sie die falsche Hautfarbe haben. Das ist auch ein Ausdruck von Regression und Zerstörung der Vernunft.

So hält die Ausstellung auch die Idee fest von einer Gesellschaft, die als ganzes von Ungerechtigkeit, von Unterdrückung und Ausbeutung betroffen ist. Heute hingegen leben wir in einer Welt, wo es nur noch Opfer, aber keine Gesellschaft mehr zu geben hat. Wenn aber die Idee von einer Gesellschaft, in der niemand mehr Opfer sein soll, nicht mehr denkbar ist, bleibt nur noch, den eigenen Opferstatus auch mit Zähnen und Klauen gegen Kontrahenten zu verteidigen.

Das kann auch eine Künstlerin oder ein Künstler sein, die das Unrecht zeigen, um die Gesellschaft damit zu konfrontieren. Noch in den oft künstlerisch sehr anspruchslosen Bildern, die im Ostberliner Palast der Republik hingen, ist die Idee einer anderen Welt als utopischer Überschuss zu erkennen.

Das macht die Bilder, die zurzeit in dem Potsdamer Privatmuseum Barbarini wieder gezeigt werden, trotz allem sehenswert. Anders sieht es der Rezensent Claus Löser, der in einem Taz-Kommentator die Bilder mit ihren durchaus kritikwürdigen, aber auch anrührenden Utopien als Gut-Böse-Schautafeln abqualifiziert. Das zeigt auch wieder, dass der Kalte Krieg bis heute nicht beendet ist.

https://www.heise.de/tp/features/Der-US-Geheimdienst-und-die-Kunst-3930830.html

Peter Nowak

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[2] https://www.hkw.de/de/programm/projekte/2017/parapolitics/parapolitics_start.php
[3] https://www.hkw.de/de/programm/projekte/veranstaltung/p_136721.php
[4] https://www.mlpd.de/2012/kw21/parteilicher-kuenstler-erzuernt-biedermaenner-aller-couleur-picassos-stalinportraet
[5] http://voicemalemagazine.org/my-grandmother-was-vilified-for-being-a-woman
[6] http://www.rfc.org/blog/article/1938
[7] https://prezi.com/xcfnr–whutk/sylvia-plath-the-rosenbergs-and-the-historical-context-of-the-bell-jar/
[8] http://www.literaturport.de/Marko.Martin/
[9] http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/30283
[10] https://pitchfork.com/features/article/9886-blood-and-echoes-the-story-of-come-out-steve-reichs-civil-rights-era-masterpiece/
[11] http://www.filmstarts.de/kritiken/244774.html
[12] https://www.museum-barberini.com/hinter-der-maske/
[13] http://ex-oriente-lux.net/claus_loeser.htm

Freispruch für Antifaschisten Bernd Langer

Langjähriger Aktivist stand drei Jahre wegen nd-Interview vor Gericht – nun arbeitet er weiter als linker Chronist

Bernd Langer ist nicht religiös. Doch über dieses unerwartete Weihnachtsgeschenk hat er sich trotzdem gefreut. Am 20. Dezember erreichte den langjährigen Antifaaktivisten die Mitteilung, dass das Berliner Kammergericht ein Urteil der Vorinstanzen aufgehoben hat. Ein Freispruch auf ganzer Linie und sämtliche Kosten des Verfahrens werden von der Landeskasse übernommen. »Diese Entscheidung freut mich besonders, weil selbst mein Rechtsanwalt nicht mehr mit einem Freispruch gerechnet hat«, erklärte Langer gegenüber »nd«.

Der Aktivist war in zwei Instanzen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er eine Straftat gebilligt und damit den öffentlichen Frieden gestört haben soll. Corpus Delicti war ein Interview, dass Langer mit »nd« über die Geschichte der autonomen Antifabewegung geführt hatte. Dabei ging es um unterschiedliche Aktionsformen im antifaschistischen Kampf.

Langer, der mehr als drei Jahrzehnte in der Autonomen Antifabewegung aktiv ist, hatte sich bereits in den 1980er Jahren für eine Bündnispolitik mit Gewerkschaften, Grünen und Teilen der SPD eingesetzt – und erntete in der autonomen Szene dafür viel Kritik. Die Antifa (M) in Göttingen, deren Kürzel nicht an Marx oder Mao sondern an den Tag ihres wöchentlichen Mittwochstreffens erinnerte, wurde von Langer 1990 mitgegründet.

Die Gruppe beschritt nicht nur in der Bündnispolitik für das autonome Spektrum ungewohnte Wege. In Göttingen beteiligten sich auf von der Antifa (M) organisierten Demonstrationen hinter einem großen Schwarzen Block auch Mitglieder von SPD, Grünen und Gewerkschaften. Auch verbindliche Strukturen und eine bundesweite Organisierung von autonomen AntifaschistInnen gehörte zum Konzept der Antifa (M). Für einen Teil der autonomen Szene war das neue Konzept ein Ausverkauf linksradikaler Politik. Militante Angriffe auf rechte Strukturen seien zugunsten von Bündnispolitik aufgegeben worden, lautete die autonome Kritik.
In dem »nd«-Interview wollte Langer diesem Vorwurf entgegentreten. In diesem Zusammenhang fiel auch der inkriminierte Satz, der ihm ein fast dreijähriges Gerichtsverfahren einbrachte: »Es gab auch später noch militante Aktionen, zum Beispiel ein koordinierter Anschlag gegen die Junge Freiheit 1994. Wenn man liest, wie das bei denen rein gehauen hat – die konnten ihre Zeitung fast zumachen – war das eine Superaktion gewesen«. Zwei Instanzen der Berliner Justiz sahen diese Äußerung nicht mit der Meinungsfreiheit gedeckt und verurteilten Langer zu Geldstrafen. Sein damaliger Anwalt sah keine Chancen mehr für einen Freispruch. Doch Langer suchte sich einen neuen Rechtsbeistand und klagte weiter, am Ende mit Erfolg.

Jetzt will sich der Aktivist weiter seiner Arbeit als Chronist der linken Bewegung widmen. Bis Ende Januar muss Langer ein umfangreiches Manuskript über die Geschichte der revolutionären Bewegung in den Jahren 1918 bis 1923 beim Unrast-Verlag abgeben. Sympathien mit den heute oft noch wenig bekannten RevolutionärInnen sind in dem Text nicht ausgeschlossen.

Sein Terminkalender für das neue Jahr ist auch danach gut gefüllt. Der Regisseur Matthias Coers plant einen Film über sein Leben als radikaler Linker. Zudem wird Langer vor allem von jungen AntifaschistInnen häufig zu Veranstaltungen eingeladen. Schließlich hat das von ihm vertretene Konzept eines bündnisfähigen Antifaschismus heute in der linken Szene weitgehend durchgesetzt. Bei aller Genugtuung über seinen jüngsten juristischen Sieg, dieser Erfolg freut Langer mehr.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1074934.freispruch-fuer-antifaschisten-bernd-langer.html

Peter Nowak

Hinweis auf den Artikel im Newsletter des Unrast-Verlag:

Freispruch für Bernd Langer!

Der langjährige Aktivist und Antifaschist stand drei Jahre wegen eines nd-Interviews vor Gericht – nun arbeitet er weiter als linker Chronist

https://www.unrast-verlag.de/news/2904-freispruch-fuer-bernd-langer

Stimmung für die AfD

Wie ein Interview mit dem Präsidenten eines Fußballclubs die rechte Empörungsspirale antrieb, die auch ein Polizeigewerkschafter gut bedienen kann

Zum Jahresende, wenn der Politikbetrieb Winterpause macht, ist die Zeit für lange besinnliche Interviews in den Zeitungen. Auch das Gespräch[1], das zwei FAZ-Redakteure mit dem Präsidenten des Fußballvereins Eintracht Frankfurt Peter Fischer führten, gehört in diese Kategorie. Da geht es um Fischers Lebenswerk, seine Zukunft, seine Erdung in Frankfurt und ein klein wenig auch um Politik. Doch die wenigen Sätze machen nun Schlagzeilen. Schließlich wurden sie in der Überschrift für das Interview kurz und knapp zusammengefasst. „Wer die AfD wählt, kann bei uns kein Mitglied sein.“ Prompt echauffierte sich die rechte Internetgemeinde, schalt Fischer einen Antidemokraten, der schlimmer als die Stasi sei. Fischer propagiere das Ende der geheimen Wahl, wurde ebenfalls unterstellt.

Hätte jemand mal nachgelesen, was der Eintracht-Präsident eigentlich gemeint hat, wäre die ganze Aufregung überflüssig gewesen. Das soviel diskutierte Zitat steht unter einer Frage, die unter dem Stichwort Internationalität und Weltoffenheit steht

„Die Internationalität des Eintracht-Kaders hat für viele Diskussionen gesorgt. Bei Ihnen war von Anfang an klar zu erkennen, dass Sie es auch als Indiz für die Weltoffenheit der Eintracht werten. Fühlen Sie sich bestätigt?“

Ich traue niemandem mehr in diesem Land, wenn Nationalpopulisten 13 Prozent der Stimmen bekommen können. Ich werde auf der Mitgliederversammlung eine deutliche Position beziehen, dass es sich mit unserer Satzung nicht verträgt, AfD zu wählen. Es kann niemand bei uns Mitglied sein, der diese Partei wählt, in der es rassistische und menschenverachtende Tendenzen gibt. Wir als Eintracht Frankfurt sind als Gegner der Antisemiten bekannt und von unserer Geschichte geprägt, die jedem bekannt sein sollte, der sich mit uns identifizieren möchte: Wir wurden in der NS-Zeit als „Juddebube“ verunglimpft. Heute verlegen wir zusammen mit Matthias Thomas vom Eintracht Frankfurt Museum Stolpersteine in der Stadt. Ich habe aus Anlass der Erinnerung an die Befreiung der Häftlinge aus dem KZ Auschwitz vor der jüdischen Gemeinde Frankfurt gesprochen. Wir haben gegenwärtig Mitglieder aus mehr als 70 Nationen, bei uns gibt es in der Boxabteilung junge Israelis, die gegen Palästinenser im sportlichen Wettstreit antreten. Wir sind klar aufgestellt: Wir sind absolut weltoffen, Rassismus hat bei uns keinen Platz. Dafür stehe ich als Präsident ein.

Peter Fischer, FAZ

Hier ist also keineswegs die Rede davon, dass Fischer nun ermitteln will, wer AfD wählt, um diejenigen dann auszuschließen. Es geht ihm vielmehr um eine Haltungsfrage. Fischer hält eine Position für die AfD nicht mit dem von ihm geschilderten Engagement des Vereins vereinbar. Das wird in der Anschlussfrage der Journalisten und der Antwort des Vereinsvorsitzenden noch einmalig deutlicher: „Gehen Sie davon aus, dass es keine AfD-Wähler unter den Eintracht-Mitgliedern gibt?“

Ich bin nicht naiv und bin mir sicher, dass es auch bei uns AfD-Wähler gibt. Aber ich werde sehr deutlich klarmachen, was wir davon halten und dass der Verein für andere Werte und Ziele steht. Sport muss politisch sein, und zwar nicht nur sportpolitisch. Der Sport muss vielmehr auch ganz klar politisch sein und seine Stimme erheben gegen gesellschaftliche Fehlentwicklungen, wenn es angebracht und notwendig ist. Wir müssen immer wieder aufs Neue aufpassen. Ich will später nicht einmal hören, dass ich gesagt habe: Das wusste ich nicht oder habe ich falsch eingeschätzt. Ich komme aus einer Generation, die informiert ist, die lesen kann und die mitbekommt, was alles passiert. Das möchte ich umsetzen. Und da muss ich auch bereit sein, als Eintracht Frankfurt, als einer der größten und bedeutendsten Vereine in Deutschland, klare Kante zu zeigen und Position zu beziehen, um zu sagen: Es gibt Wichtigeres als zum Beispiel die Nachspielzeit oder ob der Ball jetzt vor oder hinter der Linie war. Ich bin mir selbst gegenüber verpflichtet zu sagen: Wehre dich, wenn du dich wehren musst. Wenn du gegen etwas sein musst, dann sei auch dagegen. Und sei dafür, wenn du sagst: Du musst dafür sein. Diese Einstellung gehört von jeher zu meinem Leben dazu, und das sind alles Dinge, die mich spannend auf eine nächste Amtszeit blicken lassen.

Peter Fischer, FAZ

Nun kann man kritisieren, dass Fischer recht naiv ist, dass er sich viel zu stark auf die AfD bezieht. Hat nicht die CDU unter Roland Koch 1999 einen Wahlkampf gegen die Reform des deutschen Staatsbürgerschaftsrechts geführt? Wurde da nicht eine Unterschriftensammlung angeleiert, wo Menschen anstanden, weil sie „gegen die Ausländer“ unterschreiben wollten? Müsste nicht auch dazu ein Verein wie Eintracht Frankfurt Stellung beziehen?

Doch der Sturm der Entrüstung, der aufbrandete, ist scheinheilig und passt zu dem Versuch der AfD, sich als Opfer von angeblich rot-grün dominierten Institutionen zu inszenieren. Es ist klar, dass niemand für eine Wählerstimme reglementiert werden kann, weil ja gar niemand wissen kann, was jemand wählt.

Es ist auch bezeichnend, dass niemand von Fischers Kritikern auf den Kern seiner Ausführungen eingegangen ist, also dass die Haltung des Vereis den zentralen Forderungen der AfD widersprechen. Fischer hat auch explizit darauf verwiesen, wie der Verein als antisemitisch beschimpft wurde. Dazu schwiegen die rechten Wutbürger, die sich in letzter Zeit gerne als Freunde Israels gerieren, ohne ihren Antisemitismus wirklich abgelegt zu haben.

Der Shitstorm gegen Fischer erinnert an die Empörung, nachdem der Intendant des Berliner Friedrichsstadtpalastes nach der Bundestagswahl AfD-Wähler für unerwünscht erklärte[2]. Auch er meinte eine Haltungsfrage und hatte nie administrative Maßnahmen gefordert. Trotzdem bekam er zahlreiche Hassmalis und Drohungen. Schließlich distanzierte er sich von seinen Aussagen. Letztlich hat davon eher die AfD profitiert, die sich wieder einmal als Opfer von Verfolgungen gerieren konnte.

Es wäre vielleicht besser, wenn solche Institutionen wie Fußballvereine und Vergnügungshäuser durch praktische Maßnahmen dafür sorgen sollten, dass sich dort potentielle AfD-Wähler nicht wohlfühlen. Man könnte beispielsweise besonders Migranten ansprechen und einladen,

Ein Polizeigewerkschafter mit rechten Parolen

Nun war die Aufregung um das Fischer-Interview nicht die einzige Gelegenheit für die AfD, auf sich aufmerksam zu machen. Wie schon häufig erweist sich hier wieder einmal der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft[3] Rainer Wendt als Stichwortgeber. So kritisierte[4] er die Einrichtung einer Schutzzone für Frauen bei der Silvesterparty[5] als verheerendes Signal. Für ihn sind die Schutzzonen „ein Ende von Gleichberechtigung, Freizügigkeit und Selbstbestimmtheit“.

Es ist schon erstaunlich, wie klar sich Wendt hier gegen langjährige Forderungen von Frauenverbänden positioniert und damit auch im Gleichklang mit Parteien wie der AfD steht. Forderungen nach sicheren Räumen für Frauen sind nicht erst im Kampf gegen den Islamismus entstanden. Sie wurden bereits seit Jahren von der Frauenbewegung gefordert und durchgesetzt. Damit sollten Frauen Schutz vor gewalttätigen Männern erhalten. Die Forderungen nach speziellen Frauenschutzräumen wurden von verschiedenen rechten Gruppen bekämpft. In dieser Tradition steht Wendt, der viel Applaus von rechts bekommen hat.

Peter Nowak
https://www.heise.de/tp/features/Stimmung-fuer-die-AfD-3928795.html
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http://www.heise.de/-3928795

Links in diesem Artikel:
[1] http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/eintracht-praesident-fischer-wer-afd-waehlt-kann-bei-uns-kein-mitglied-sein-15360829.html
[2] http://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-der-bundestagswahl-friedrichstadt-palast-chef-will-keine-afd-waehler-im-haus/20419840.html
[3] http://www.dpolg.de/
[4] http://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/12/Frauen-Schutzzone-Polizeigewerkschaft-Berlin-Silvesterparty-Polizei-Womens-Safety-Area.html
[5] http://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/12/festmeile-silvester-brandenburger-tor-frauen-sicherheitszone.html

Ein Recht auf Meinung

Äußerung zu Militanz gegen rechts endet für Antifaschisten mit Freispruch

Für den Antifaschisten Bernd Langer war es ein gänzlich unerwartetes Weihnachtsgeschenk. Wenige Tage vor dem Fest erreichte ihn ein Schreiben der Berliner Justiz, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass der Senat des Berliner Kammergerichts ein Urteil des Landgerichts vom April 2017 aufgehoben und Langer freigesprochen hat. Sämtliche Kosten des Verfahrens werden von der Landeskasse übernommen. „Diese Entscheidung freut mich besonders, weil selbst mein Rechtsanwalt nicht mehr mit einem Freispruch gerechnet hat“, so Langer gegenüber der taz. Der langjährige Chronist der linken Szene war in zwei Instanzen zu einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er eine Straftat gebilligt und damit den öffentlichen Frieden gestört haben soll.

Angriff auf rechte Zeitung

Das Corpus Delicti war ein Interview, dass Langer der Tageszeitung Neues Deutschland über die Geschichte der autonomen Antifabewegung gegeben hatte. Dabei ging es um unterschiedliche Aktionsformen im antifaschistischen Kampf. Militanz gegen rechte Strukturen wurde dort ebenso erwähnt wie die Beteiligung an Bündnisdemonstrationen. In diesem Zusammenhang fiel auch der inkriminierte Satz, der Lange ein fast dreijähriges Gerichtsverfahren einbrachte. „Es gab auch später noch militante Aktionen, zum Beispiel ein koordinierter Anschlag gegen die Junge Freiheit 1994. Wenn man liest, wie das bei denen reingehauen hat – die konnten ihre Zeitung fast zumachen –, war das eine Superaktion gewesen.“

Zwei Instanzen sahen diese Äußerung nicht durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt und verurteilten Langer zu Geldstrafen. Sein damaliger Anwalt sah keine Chancen mehr für einen Freispruch. Doch Langer suchte sich einen neuen juristischen Beistand und klagte weiter. Eine Schlappe ist sein Freispruch für den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl. Der hatte die Anklage gegen Langer ins Rollen gebracht.

aus Taz vom 28.12.2017

Peter Nowak

Baskischer Aktivist nach Spanien ausgeliefert


Trotz Berichten über Folter für angebliche ETA-Mitglieder wurde Iñigo Gulina an die spanischen Behörden überstellt

Nun also doch: Iñigo Gulina ist von Berlin nach Spanien ausgeliefert worden. Am 21. Dezember hat das Berliner Kammergericht grünes Licht für die Überstellung des 37-Jährigen gegeben. Einige Tage zuvor war bereits der 29-jährige Mikel Barrios nach Frankreich ausgeliefert worden. Die beiden baskischen Aktivisten waren Ende Oktober in Berlin verhaftet worden. An dem Zugriff waren neben der Berliner Polizei und dem BKA auch eine Sondereinheit der spanischen Polizei Guardia Civil beteiligt. Sie wirft Gulina und Barrio vor, in der baskischen Untergrundbewegung ETA aktiv gewesen zu sein. Sie führte über längere Zeit einen bewaffneten Kampf gegen den spanischen Staat, den sie im Jahr 2011 allerdings eingestellt hat.

Die Auslieferung von Gulina nach Spanien stößt auf starke Kritik von Rechtshilfeorganisationen und JuristInnen. So verweist der Berliner Rechtsanwalt Volker Gerloff auf zahlreiche Berichte der UN-Antifolterkommission. Dort wurde festgestellt, dass in Spanien besonders baskische Häftlinge gefoltert würden. Aufgrund dieser Daten wurde in mehreren EU-Ländern, beispielsweise in Belgien, die Auslieferung von Personen, die von der spanischen Justiz der ETA-Mitgliedschaft beschuldigt werden, abgelehnt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die angeblichen Beweise unter Folter zustande gekommene Aussagen Dritter sind, lautet die Begründung.

Das Berliner Kammergericht hingegen hat darauf verwiesen, dass Spanien EU-Mitglied ist und die Foltervorwürfe nicht belegt seien. Auf die in den Berichten der UN-Kommission genannten Beispiele von Folterungen, die die belgische Justiz veranlassten, Abschiebungen baskischer AktivistInnen nach Spanien abzulehnen, ist die Berliner Justiz hingegen nicht eingegangen.

Gerloff weist auch im Fall von Iñigo Gulina auf Ungereimtheiten hin. Als die spanischen Behörden um Mithilfe bei seiner Auffindung und Festnahme baten, sei er noch beschuldigt gewesen, an drei Anschlägen der ETA beteiligt gewesen zu sein. Im Europäischen Haftbefehl, der zu seiner Inhaftierung führte, sei von Sprengstoffanschlägen keine Rede mehr. Dort werden ihm sechs Anschläge auf Banken und Bahnanlagen vorgeworfen. Auch über die Beweise gebe es laut Gerloff Unklarheiten. Die spanischen Behörden hätten lediglich mitgeteilt, dass bei einer Hausdurchsuchung Propagandamaterial der baskischen Jugendorganisation Segi gefunden wurde. Segi wurde im Jahr 2007 vom spanischen Staat verboten. Die spanische Justiz behauptet, dass einige ihrer AktivistInnen später zur ETA gegangen seien. Auch Mikel Barrios war bei Segi aktiv.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1074475.baskenland-baskischer-aktivist-nach-spanien-ausgeliefert.html

Peter Nowak

Zu Weihnachten im spanischen Gefängnis

Vor Heiligabend ist ein mutmaßlicher ETA­Aktivist aus Berlin nach Spanien ausgeliefert worden. Sein Anwalt sieht Ungereimtheiten

Am 22. Dezember 2017 ist der Baske Iñigo Gulina von Berlin nach Spanien ausgeliefert worden. Einen Tag zuvor hat das Berliner Kammergericht grünes Licht für die Überstellung des 37-Jährigen an Spanien gegeben. Einige Tage früher war bereits der 29-jährige Mikel Barrios nach Frankreich ausgeliefert worden.
Beide Männer waren Ende Oktober in Berlin verhaftet worden. An dem Zugriff war neben der Berliner Polizei und dem BKA auch eine Sondereinheit der spanischen Polizei Guardia Civil beteiligt. Die spanische Justiz wirft den beiden vor, in der baskischen Untergrundbewegung ETA aktiv gewesen zu sein. Sie hat über einen längeren Zeitraum einen bewaffneten Kampf gegen den spanischen Staat für die Unabhängigkeit des Baskenlands geführt, den sie im Jahr 2011 einstellte.

UNO vermutet Folter
Die Auslieferung von Gulina nach Spanien stößt auf starke Kritik von Rechtshilfeorganisationen und JuristInnen. So verweist der Berliner Rechtsanwalt Volker Gerloff, der Gulina vertritt, auf zahlreiche Berichte der UN-Antifolterkommission. Die hatte festgestellt, dass in Spanien besonders baskische Häftlinge gefoltert würden. Aufgrund dieser Berichte wurden in mehreren EU-Ländern, unter
anderem in Belgien, die Auslieferungen von Menschen, die die spanische Justiz der ETA-Mitgliedschaft beschuldigt, abgelehnt. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass angebliche Beweise unter Folter zustande gekommene Aussagen Dritter seien, so die Begründung. Das Berliner Kammergericht hingegen verwies darauf, dass die Foltervorwürfe nicht belegt seien und Spanien EU-Mitglied ist. Gerloff weist im Fall von Iñigo Gulina auch auf zahlreiche Ungereimtheiten hin. Als die spanischen Behörden um Mithilfe bei seiner Auffindung und Festnahme baten, sei er noch beschuldigt gewesen, an drei Anschlägen der ETA beteiligt gewesen zu sein. Im europäischen Haftbefehl, der zu seiner Inhaftierung führte, sei von Sprengstoffanschlägen jedoch keine Rede mehr. Dort werden ihm sechs Anschläge auf Bänken und Bahnanlagen vorgeworfen. Auch über die Beweise gibt es laut Gerloff Unklarheiten. Die spanischen Behörden hätten lediglich mitgeteilt, dass bei einer Hausdurchsuchung Propagandamaterial der baskischen Jugendorganisation Segi gefunden wurde, das ihn belaste. Die Jugendorganisation wurde 2007 vom spanischen Staat verboten. Die spanische Justiz behauptet, dass einige ihrer AktivistInnen später zur ETA gegangen seien.

aus Taz-Berlin, 27.12.2017

Peter Nowak

»Das Regime greift alle an, die sich wehren«

Kanha Chhun kämpft aus Deutschland gegen das Verbot der größten kambodschanischen Oppositionspartei

Kanha Chhun ist in Shihanoukville, Kambodscha geboren. Die heute 36-Jährige musste im Mai 2014 vor ihrer drohenden Verhaftung fliehen. Sie lebt in Erfurt und engagiert sich bei »The Voice Refugee Forum«. Anfang Dezember protestierte sie mit weiteren kambodschanischen Oppositionellen in Berlin gegen das Verbot der größten Oppositionspartei CNRP. Mit ihr sprach für »nd« Peter Nowak.

„»Das Regime greift alle an, die sich wehren«“ weiterlesen

Linke fotografieren die Polizei

Die Aktion könnte eigentlich eine wichtige Debatte über den Umgang zwischen Polizei und Bürger anregen. Doch durch teils krude politische Analysen und eine militaristische Sprache wird das teilweise konterkariert


Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Das zeigte sich dieser Tage mal wieder, als sich Linke und Polizei einen Wettbewerb darüber lieferten, wer die originellsten Fotos seiner Kontrahenten veröffentlicht. Zunächst veröffentlichte die Hamburger Polizei öffentlichkeitswirksam zahlreiche Fotos von Personen, die angeblich Straftaten im Zusammenhang mit den G20-Protesten verübt haben sollen (siehe Hamburg: Terroristenjagd wie in den 1970ern).

Bei zahlreichen Bildern sind allerdings diese Straftaten nicht zu sehen. Zudem sind sie noch nicht dafür verurteilt wurden, also gilt die Unschuldsvermutung. Das hinderte allerdings die Bild-Zeitung und andere Boulevardmedien nicht am markigen Aufruf „104 Gesichter! Jagt diese G20-Verbrecher“. Die linke Solidaritätsorganisation Rote Hilfe spricht in einer Pressemitteilung von einem Denunziationsaufruf.

„Fahndung ist ungesetzlich“

Kritik an den Fahndungsmethoden kommt auch vom liberalen Kommentator der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl: „G20 ist keine Lizenz zum Rechtsbruch“, warnt er in einem Kommentar:

Es gehört zu den Aufgaben von Polizei und Staatsanwaltschaft, Täter zu suchen. Es gehört nicht zu den Aufgaben von Polizei und Staatsanwaltschaft, bei dieser Suche Mittel einzusetzen, die unverhältnismäßig, untauglich und gefährlich sind. Die Ermittler haben zur Fahndung nach sogenannten G-20-Chaoten 100 Fotos und Videosequenzen ins Netz gestellt. Das ist eine gigantische Öffentlichkeitsfahndung, ein Massenscreening, eine Aufforderung zur öffentlichen Rasterfahndung.

Diese Präsentation von echten oder angeblichen Beschuldigten hat mit Steckbriefen nichts mehr zu tun. Es handelt sich um die umfassende Aufforderung an die Bevölkerung, Hilfssheriff zur spielen. Es handelt sich um die Aufforderung, eine Vielzahl von Menschen zu jagen, deren Tat oder Tatbeitrag völlig ungeklärt ist.

Heribert Prantl
Prantl wirft der Polizei vor, den Paragraphen 131b, auf den sich die Polizei bezieht, bis zur Unkenntlich auszudehnen. Er regelt die Veröffentlichung von Fotos von Zeugen und Beschuldigten. Prantl wirft der Polizei vor, nicht zwischen Zeugen und Beschuldigen zu unterscheiden. Die Boulevardpresse geht dann nur einen Schritt weiter und erklärt alle Abgebildeten zu G20-Verbrechern.

Ein solch rechtsstaatlicher Disput ist nicht die Sache des linken Wohn- und Kulturzentrums R94 in Berlin-Friedrichshain. Es ist in der Vergangenheit von Politik und Polizei immer wieder zum Hort von militanten Linken erklärt worden. Der ehemalige Berliner Innensenator Henkel handelte sich im letzten Jahr eine große politische und juristische Niederlage ein, als er das Haus wochenlang belagern und Teile des Hinterhauses räumen ließ.

Die Maßnahme wurde später vom Gericht für rechtswidrig erklärt, weil die rechtliche Grundlage dafür fehlte. Doch auch nach Henkels Abwahl geht die massive Polizeipräsenz und Kontrolle in dem Stadtteil weiter, nur tritt die Polizei in der Regel nicht mehr so massiv auf wie im letzten Jahr.

Doch weiterhin klagen nicht nur Bewohner und Besucher der R94, sondern auch aktive Nachbarn über Repression und Schikane. Während der Zeit der Belagerung, als die Polizei Tag und Nacht im und um die R94 sich aufhielt, entstanden auch zahlreiche Fotos.

Polizisten gesucht

Die wurden jetzt als Retourkutsche auf den Fahndungsaufruf ebenfalls auf der Webseite von rigaer94 veröffentlicht. Die Polizeigewerkschaft und ein Großteil der Presse sprechen von einer Hetzjagd radikaler Linker auf Polizisten. Mittlerweile ermittelt auch der Staatsschutz.

Dabei könnte die Aktion aufzeigen, dass Polizisten, wenn sie Straftaten begehen, eben nicht mit öffentlichen Fahndungsfotos gesucht werden. Dass es rund um den Polizeigipfel in Hamburg rechtswidriges Verhalten der Polizei gab, kann heute kaum jemand mehr bestreiten, obwohl es der Regierende Bürgermeister Hamburgs zunächst strikt zurück gewiesen hat.

Zudem weigert sich ein Großteil der Polizeiorganisationen noch immer strikt, eine Nummer als Mittel der Identifizierung zu tragen. Befürworter dieser Erkennungsmaßnahme werden beschuldigt, die Polizei zu verdächtigen. Eine solche Debatte könnte durch die Veröffentlichung der Fotos angeregt werden.

Doch die Aktion aus dem Umfeld der Rigaer Straße kann das kaum leisten. Auf den ins Netz gestellten Fotos ist kein Polizist bei konkreten Straftaten zu sehen. Nach Ansicht der Linksautonomen war die Belagerung und Teilräumung des Hauses rechtswidrig und damit haben sich die Abgebildeten auch dafür zu verantworten.

Die Aktion hätte sicher noch mehr politische Wirkung gezeigt, wenn auf eine übertrieben kraftmeierische Sprache verzichtet worden wäre und eine Differenzierung zwischen bürgerlicher Herrschaft und Faschismus geleistet worden wäre.

Problematik von Positionen, die noch hinter den bürgerlichen Rechtsstaat zurückfallen

Wenn in einem Text von Polizeirepression hier und heute in einen Halbsatz die Deportation von Anne Frank erwähnt wird, dann verschwimmt dieser entscheidende Unterschied verschiedener Herrschaftsformen.

Da wird dann mal in einem Halbsatz die Tötung von Schleyer begrüßt und wenige Zeilen weiter kritisiert, dass im Deutschen Herbst von Politikern die Einführung der Todesstrafe gegen die RAF gefordert und von Teilen der Bevölkerung unterstützt wurde.

Wenn dann über die Ereignisse rund um den G20-Gipfel geschrieben wird, dass „für jeden vernünftigen Menschen“ klar sei, dass die „Geschehnisse eine Notwendigkeit waren“, blenden die Verfasser nicht nur alle kritischen Diskussionen auch in der außerparlamentarischen Linken aus, sie verzichten auch auf jegliches Argument und machen politische Positionen an der Achse „vernünftig und unvernünftig“ fest.

Dabei sind sie näher an einer Position, die diese Unvernünftigen dann sanktioniert, als ihnen wahrscheinlich bewusst ist. Auch der Aufruf, die Polizisten zu Hause zu besuchen, klingt nach Selbstjustiz und wäre kein Fortschritt gegenüber einem bürgerlichen Rechtsstaat, der zumindest dem Anspruch nach die Gleichheit vor dem Gesetz beinhaltet.

Der Text zeigt so auch exemplarisch, die Problematik von Positionen aus Teilen des anarchistischen Insurrektionismus, die ihren Fokus auf den Kampf gegen Repression und Polizei legen und andere Unterdrückungsverhältnisse oft völlig ausblenden. Aus den Augen verloren wird auch die Notwendigkeit, dass Alternativen zur repressiven Polizeistrategie nicht hinter die postulierten Ansprüche des bürgerlichen Rechtsstaats zurückfallen, sondern über diesen hinausgehen müssen.

Schon nach der Oktoberrevolution 1917 hat es sich als fatal erwiesen, dass vor allem Teile der Bolschewiki Fragen der Rechtsstaatlichkeit für bürgerlichen Zierrat hielt, der nach der Revolution überflüssig wird. Hingegen versuchte der erste Justizminister der Sowjetunion Isaac Steinberg, der der Partei der Linken Sozialrevolutionäre angehörte, eine Politik umzusetzen, die Sozialismus und Freiheitsrechte vereinigte.

Er wurde kürzlich von Historikern wie Hendrik Wallat wiederentdeckt. Eine Linke, die heute Alternativen zum Bestehenden entwickelt, sollte an den damals gemachten Erfahrungen nicht vorbeigehen.

Fehlen einer bürgerlichen Zivilgesellschaft

Doch diese Kritik an einer insurrektionistischen Strömung, die eben keine Alternative zum bürgerlichen System hat, muss auch das Fehlen einer starken zivilgesellschaftlichen Strömung in Deutschland konstatieren. Die hätte als Antwort auf die Fahndungsaufrufe die Fotos von Polizisten ins Netz gestellt, die sie beim Einsatz von Pfefferspray, beim Knüppeln und anderen Körperverletzungen zeigen.

Statt Hausbesuche anzudrohen, hätten sachdienstliche Hinweise an einen Untersuchungsausschuss gehen sollen, der sich aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Juristen zusammensetzt. Die hätten dann Betroffene von Polizeigewalt sowie Augenzeugen einladen können und dann wäre öffentlich und transparent über die Vorwürfe verhandelt worden.

Die Ergebnisse wären dann der Öffentlichkeit übergeben worden. So hätte Druck ausgeübt werden können, Polizeigewalt nicht straflos zu lassen. Solche Untersuchungsausschüsse gab es schon 1968 nach der Polizeigewalt gegen die damalige Außerparlamentarische Opposition sowie nach der massiven Polizeigewalt anlässlich des G8-Gipfels in Genua 2001 und auch nach der Einkesselung der Blockupy-Proteste 2013 in Frankfurt/Main.

Peter Nowak

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[1] https://www.heise.de/tp/features/Hamburg-Terroristen-Jagd-wie-in-den-1970ern-3921119.html
[2] https://www.rote-hilfe.de
[3] https://www.rote-hilfe.de/78-news/presse/853-internetfahndung-nach-g20-aktivist-innen-rote-hilfe-e-v-protestiert-gegen-oeffentlichen-denunziationsaufruf
[4] http://www.sueddeutsche.de/politik/ermittlungen-g-ist-keine-lizenz-zum-rechtsbruch-1.3796934
[5] https://dejure.org/gesetze/StPO/131b.html
[6] http://rigaer94.squat.net/
[7] https://nordkiezlebt.noblogs.org/
[8] https://anarchistischebibliothek.org/category/topic/insurrektionalismus
[9] https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/isaak_steinberg.pdf
[10] https://www.edition-assemblage.de/oktoberrevolution-oder-bolschewismus/
[11] https://www.rosalux.de/news/id/7369/
[12] https://www.heise.de/tp/features/Es-geschah-in-Genua-3426881.html
[13] https://blockupy.org/2870/erfolg-des-blockupy-tribunal-rechtsbruch-erneut-skandalisiert-2/