![vom 11. Februar 2020](https://peter-nowak-journalist.de/wp-content/uploads/2019/12/nd_50px.png)
Ein Kommunalpolitiker aus Ludwigslust wird von Rechten bedroht und erstattet bei der Polizei Anzeige. Im Rahmen der Ermittlungen wird ein Grundriss seines Hauses erstellt. Dieser taucht später in rechten Netzwerken auf. Das berichtete die Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt, Heike Kleffner, kürzlich auf einer Veranstaltung in Berlin. Dort diskutierte sie mit Sebastian Wehrhahn über die Frage, ob die sich ….
…. häufenden rechten Vorfälle bei Geheimdiensten, Militär und Polizei Zufälle sind oder ob gar von einer rechten Schattenarmee gesprochen werden kann.
Es handelte sich nicht um Einzelfälle, aber es gäbe auch keinen tiefen Staat, der im Hintergrund die Fäden zieht, betonten beide Referent*innen. »Das Problem besteht in einen gesellschaftlichen Rechtsruck, der neben Hochschulen, Parlamenten, Fußballstadien und Schulen auch die Behörden umfasst«, schreibt Wehrhahn in einem gemeinsamen Beitrag mit der Linke-Bundestagsabgeordneten Martina Renner, deren wissenschaftlicher Mitarbeiter er ist, für die aktuelle Ausgabe der »Cilip«. Schwerpunktthema der Zeitschrift mit dem Untertitel Bürgerrechte & Polizei ist in der 120. Ausgabe der Zoll, der in der Regel nur als Finanzpolizei wahrgenommen wird.
Der Politologe Eric Töpfer sieht es als politisches Manko, dass sich zivilgesellschaftliche Gruppen bisher wenig mit dem Wirken der Behörde befasst haben. In mehreren Beiträgen zeigen Autor*innen, dass die Rolle des Zolls in den vergangenen Jahren aufgewertet wurde. So beschreibt der Mitarbeiter der Linksfraktion, Dirk Burczyk, an einem Beispiel, wie der Zoll heute Funktionen wahrnimmt, die über die der Polizei hinausgehen.
Am 30. März 2019 waren Mitarbeiter*innen des Zolls vor dem linken Club »Mensch Meier« in Berlin aufgetaucht und hatten Einlass begehrt. Die Mitarbeiter*innen des Clubs, die eine Solidaritätsparty für die Organisation Sea-Watch vorbereiteten, befürchteten einen Angriff von Rechten und verbarrikadierten sich. Es folgte ein Polizeieinsatz mit Verletzten und Festnahmen. Als Grund für die Intervention des Zolls diente eine ein Jahr alte anonyme Meldung, dass im »Mensch Meier« unversteuerte Alkoholika verkauft würden. »Zugriff aufgrund eines anonymen Hinweises, über ein Jahr nach dessen Eingang und das, ohne weitere Sachaufklärung betrieben zu haben – für die Polizei ein Wunschtraum«, kommentiert Burczyk die Befugnisse des Zolls.
Die Politologin Jenny Künkel beleuchtet die Rolle des Zolls beim Kampf gegen illegale Beschäftigung und angeblichen Sozialleistungsmissbrauch. Betroffen seien vor allem arme Migrant*innen aus den neuen EU-Ländern, deren soziale Rechte dadurch eingeschränkt werden, kritisiert Künkel. Sie plädiert für den Ausbau des bundesweiten Netzwerkes von Beratungsstellen für Wanderarbeiter*innen aus Osteuropa, um Lohndumping zu bekämpfen.
Für einen reformierten Zoll gibt es aber auch sinnvolle Betätigungsfelder. Der Referent für Finanzfragen bei der Linksfraktion, Stefan Herweg, verweist beispielsweise auf den Kampf gegen die Geldwäsche und Finanzkriminalität. Peter Nowak
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https://www.neues-deutschland.de/artikel/1132701.macht-des-zolls-waechst.html